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Sonntag, 11. November 2007

Friedli Fuchs




Friedli Fuchs


Er hatte nicht viel zu lachen in seinem Leben, denn er ist nicht auf der Sonnenseite geboren.
Friedli Fuchs kam im so genannten "Schattloch", als eines von neun Kindern, in einer der ärmsten Familien der Gegend zur Welt. Auch in der Schule wollte es nicht so recht klappen, sei es nun wegen der Intelligenz, dem ständigen Hunger oder weil man ihm nichts zutraute. So stand er nie zuvorderst und zweimal blieb er sitzen. Dafür stand er oft im "Gschämi-Eggli", weil er wegen des langen Schulweges manchmal zu spät kam. Oder weil er die Aufgaben nicht richtig gemacht hatte, denn zu Hause gab es auch für die Kinder, viel zu tun. Auch war er in der Schule nicht der Schnellste, aber dafür schlief er während der Schulstunde manchmal schnell ein, weil am Abend zuvor, Mutters Heimarbeit noch bis spät in der Nacht zu Ende gemacht werden musste.

Nach der Schulzeit, mit fünfzehn, kam er als Knecht zu einem Bauern. Denn „wärche“ das konnte er, das hatte er gelernt. Nur lesen und rechnen ging nicht gut und darum gab es für ihn weder Arbeitsverträge noch Lohnabrechnungen. Doch reden konnte er noch viel schlechter und so sagte er meistens lieber nichts.

Auch mit einer Frau sollte es nicht klappen. Weil, sie hätte ihn schon fragen müssen. Aber darauf konnte Friedli lange warten. Vielleicht stand er darum manchmal stundenlang, am Sonntag nach der Kirche, mit verschlossener Miene bei der Hofeinfahrt zur Molkerei.
"Ein komischer Kauz, der Friedli" sagten dann die Leute. "Der steht immer herum, als ob er auf etwas warten würde".
Er kannte sie alle, die hoffärtige Frau des Gemeindepräsidenten, den geschwätzigen Herr Lehrer, der sich wichtig machte oder den stolzen Grossbauer, der den Mund nie voll genug bekam. Sie standen beisammen, scherzten und lachten, manchmal auch über ihn. Doch Friedli gehörte dort nicht dazu, so stand er halt besser abseits.
Manchmal sass er auch auf einer Bank entlang der Friedhofmauer und schaute den Auto zu, die vorbeifuhren.
"En Gueni halt" wie die Leute das nannten. Aber so ein Auto hatte er nie, nicht mal ein Velo. Vielleicht hat er davon geträumt, man weiss es nicht.

Unter der Woche oder gar abends ging er nie ins Dorf und schon gar nicht in ein Wirtshaus. Was hätte er dort machen sollen. Nur in die Kirche ging er am Sonntag immer. Nicht weil er verstanden hätte, was der Pfarrer da predigte, aber er spürte, dass er dort - in der "Knechtenbank" auf der „Männerseite“ ganz hinten - akzeptiert war.
Doch Willkommen war Friedli an keinem Ort - geduldet vielleicht, aber darauf wollte er es meistens nicht ankommen lassen. So blieb er lieber für sich und bei seinen Tieren. Die mochten ihn, denn sie machten keinen Unterschied zwischen arm und reich und es schien sogar, als ob der Einfachste ihnen am Liebsten war.

Auf dem Hof konnte er bleiben, auch als er nicht mehr alle Arbeiten verrichten konnte. Denn er war länger auf dem Gut, als der junge Bauer. Das verpflichtete und man behielt ihn, wie auch das alte Pferd, dem man das Gnadenbrot gab.
Aber mit der Zeit wurde es doch immer schwieriger und so musste er mit der Zeit gehen. Er geht ins Altersheim.
Ein eigenes Zimmer, tägliche Dusche, gute Küche und freundliche, weibliche Wesen, die zu ihm "Herr Fuchs" sagen - und das Zimmer wird gereinigt. Friedli strahlt, denn hier gefällt es ihm. Hier ist es schön. Schöner denn je und er freut sich über sein neues wunderbares Leben. Jetzt ist er so richtig glücklich.
Nun isst er mit Leuten am Tisch die er schon lange kennt, denen er aber bisher immer fremd war. Etwa mit der Frau des Gemeindepräsidenten, die halt unzufrieden ist und dauernd nörgelt, dem Schullehrer der schweigt, weil sein Gehirn die Worte nicht mehr findet oder dem übergewichtigen Grossbauer auf Diät, den man nun füttern muss.
Sie alle haben nichts mehr zu lachen, denn hier sind sie am Tiefpunkt angelangt. Sie sind an der Endstation des Lebens angekommen und warten nur noch auf den Tod. Ausser dem Friedli Fuchs, der ist hier aufgeblüht.
Denn nun gehört er auch dazu, jetzt ist er mitten drin und alle sind sie nun gleich.
Darauf hat er schon lange gewartet. Zufrieden lächelt er vor sich hin.





:-)

3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Und was lernt man aus dieser schönen Geschichte?
Irgendwann wird jeder glücklich, der einte früher, der andere später. Manchmal muss man auch eine 2. Change akzeptieren und vorallem annehmen um wirklich glücklich zu werden.

Anonym hat gesagt…

Wie ich es diesem Friedli gönne....eine wunderschöne Geschichte.

"Einer der deinen" hat recht:

IRGENDWANN WIRD JEDER GLÜCKLICH !

Herr Oter hat gesagt…

An Beide:
Ganz herzlichen Dank, für eure Kommentare.

Es ist schön, dass ihr Zwei meinen Blog so regelmässig besucht und auch eure Meinung hinterlässt.
Ich wünsche euch einen ganz tollen Wochenstart.

Liebe Grüsse