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Sonntag, 20. Dezember 2009

Es jagt der Türst!



Es jagt der Türst!


Entschuldigung, darf ich Sie etwas fragen?“ frage ich.
Ich stehe mit Hund rätselnd vor einem soliden, doppelbalkigen Patriarchenkreuz aus Holz, das sich dominant auf einer frischverschneiten Kuppe gegen den tiefblauen Himmel lehnt.
„Ja, bitte“, erwidert der Mann, der inzwischen zu mir aufgeschlossen hat und stehen bleibt.
„Können Sie mir erklären, was diese Inschrift: "
HIER JAGTE DER TÜRST" an diesem Kreuz zu bedeuten hat? – Oder, heisst es doch – der Fürst?“
Der Wanderer lächelt freundlich und meint: „Nein, es ist schon der Türst, gegen den hier ein Kreuz gesetzt wurde. Die Sagenfigur Türst stammt aus heidnischen Zeiten und wurde von Wotan abgeleitet. Sagen über den Türst kommen in verschiedenen Gegenden vor, vor allem dort wo starke Winde wehen und sie werden überall etwas unterschiedlich erzählt
Gemäss der Sage hier, richtet der Türst vor allem in den kalten Stürmen im Christmonat, im Jänner und im Horner oft grossen Schaden an Haus und Ställen an, wenn man ihn nicht hinein lässt. Denn seit ewigen Zeiten reitet er in einem wilden Tross, zu dem sich lechzende dreibeinige und einäugige Hunde, schnaubende Pferde und schreiende Raubvögel mit Menschenköpfen gesellt haben, durch die Lüfte und versetzt die Menschen hier in Angst und Furcht. Man erzählt, Türst suche dabei in allen Gaden und Tennen nach seiner Geliebten, die durch schändliches Tun zu Tode gekommen war. Wehe, sollte er einen Schober verschlossen antreffen! In wilder Wut werden die Tore gerammt und der ganze feurige Tross donnert hindurch. Stehen die Tore aber weit offen, so werden Haus und Hof verschont.
Darum steht
hier seit jener Zeit ein hölzernes, doppelbalkiges Wetterkreuz zur Abwehr der Mächte des Sturmes und, um Türst und seine wilde Horde zu besänftigen.“
„Ach, da habe ich ja grosses Glück gehabt, es scheint, dass ich zufälligerweise auf einen Sagen-Kenner gestossen bin.
„Nein, nein, Kenner bin ich keiner, mich interessieren sie nur“, erwidert der Mann bescheiden. „Ich bin vor wenigen Jahren in diese Gegend gezogen und auf meinen vielen Wanderungen hat mich natürlich dieses Kreuz mit seiner ungewöhnlichen Inschrift ebenfalls interessiert. Da habe ich mich bei den Einheimischen danach erkundigt.“
„Es scheint sich ja um eine ganz "gfürchige" Sage zu handeln. Dabei kann man sich gerade heute, bei diesem strahlenden Sonnenschein, kaum vorstellen, dass hier, in dieser wunderschönen Gegend, die stürmischen Winde die Menschen so in Schrecken versetzen können.“
"Ja, die Türst-Sage ist wirklich interessant und wie jede Sage, hat sie sicher ihre Bedeutung - für den, der sie zu deuten vermag.

Zusammen reden und wandern wir noch ein ganzes Stück, bis sich unsere Wege nach einer herzlichen Verabschiedung wieder trennen.

Zuhause angekommen will ich mehr über die Gegend, den Türst und die Sage erfahren und mache mich darum im Internet kundig. Da habe ich sie gefunden, die Sage: Die Rache des Türst. Vielleicht interessiert Sie diese gruselige Geschichte ja auch.

Während ich nun am selben Abend in der warmen Stube diesen „Schwatziergang mit Hund“ aufschreibe, tobt
inzwischen vor dem Fenster ein heftiger Schneesturm. Zufall - oder will der Türst mir zeigen, dass es ihn doch gibt und zu was er fähig ist?

©® Copyright by Herr Oter


:-O

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