tag:blogger.com,1999:blog-290473952024-02-22T02:33:34.432+01:00Gedanken(k)reise **..*..* des Herrn Oter *..*..**<br> (Halt einfach nur ein Mann ....)Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.comBlogger612125tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-80365961781733031872016-09-25T13:12:00.002+02:002016-09-25T13:15:21.701+02:00Unsere Wahrnehmung<br />
<span style="font-size: large;"><b>Unsere Wahrnehmung</b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Marina arbeitet bei der Spitex, dem ambulanten Pflegedienst der Gemeinde. Sie macht diese abwechslungsreiche Arbeit mit viel Freude. Seit kurzer Zeit betreut sie auch Frau Müller, die ihr neu zugeteilt wurde. Sie wohnt in einer hübschen kleinen Wohnung und ist nach dem Besuch beim mürrischen Herr Bianchi an der Reihe.</span><br />
<span style="font-size: small;">Doch immer, wenn Marina Frau Müllers Wohnung betritt, fühlt sie sich etwas unwohl. Marina kann sich das gar nicht erklären, denn Frau Müller ist eigentlich netter als Herr Bianchi. Nach einiger Zeit stellt Marina sogar fest, dass sie inzwischen sehr ungern zu Frau Müller geht und beim Besuch der alten Dame zunehmend ein mulmiges Gefühl hat. Zuerst macht sie sich Vorwürfe deswegen, dann versucht sie herauszufinden, was sie an Frau Müller so stört. Achtsam beobachtet sie darum ihre Gefühle und Emotionen, sobald sie sich vom einsamen Herr Bianchi mit einem nachsehenden Lächeln verabschiedet hat. Nach kurzer Zeit nimmt Marina wahr, dass der Geruch in der Wohnung der Auslöser für ihr unangenehmes Gefühl im Kontakt mit Frau Müller ist. Es riecht bei ihr sehr oft nach Kohl und diesen Geruch kann sie seit ihrer Kindheit kaum ertragen. Denn genau so hat es aus der Wohnung der alten Weber gerochen, die Marina als Kind sehr gefürchtet hat, weil sie ständig etwas zu reklamieren hatte.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Sobald Marina diese Wahrnehmung gemacht hat, kann sie ihre Gefühle einordnen.</span><br />
<span style="font-size: small;">Sie wird sich bewusst, dass sie lieber zum mürrischen Herrn Pestalozzi geht, weil es bei ihm an der Wohnungstür immer nach frisch gekochtem Kaffee riecht.</span><br />
<span style="font-size: small;">Sie weiss nun aber auch, dass ihre negativen Gefühle beim Betreten des Hauses von Frau Müller nichts mit dieser Kundin zu tun haben und, dass sie selber ganz alleine dafür verantwortlich ist.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;"><b>Wahrnehmung:</b></span><br />
<span style="font-size: small;">Wahrnehmung ist die Aufnahme von Informationen und findet laufend über alle unsere fünf Sinne statt.</span><br />
<span style="font-size: small;">Wir sehen, hören, riechen, schmecken und ertasten ständig, darum ist die Zahl dieser Informationen immens.</span><br />
<span style="font-size: small;">Aber nur einen winzigen Bruchteil der vorhandenen Informationen nehmen wir tatsächlich auch wahr. Denn wir filtern die unzähligen Reize und Eindrücke, denen wir ständig ausgesetzt sind.</span><br />
<span style="font-size: small;">Wir wählen diejenigen aus, die für uns wichtig sind oder uns gerade interessieren. Aber auch das Neue, Ungewohnte oder Andersartige nehmen wir meist bewusster wahr, als das Gewohnte und das Übliche.</span><br />
<span style="font-size: small;">Meistens geschieht diese Auswahl unbewusst, unreflektiert und wird auch unbewusst verarbeitet.</span><br />
<span style="font-size: small;">Daraus ergibt sich oft ein bestimmtes oder unbestimmte Gefühl.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Was wir wahrnehmen, basiert auf unseren Erfahrungen, Einstellungen und Motiven. Aber auch unsere aktuellen Gedanken und Umstände sind massgebend. Dabei spielt die momentane Aufmerksamkeit, Konzentration und besonders die emotionale Verfassung eine wichtige Rolle. Freude, Trauer, Aufregung, Ärger, Wut, Gleichgültigkeit oder Überforderung, alle eigenen Gefühle und Befindlichkeiten können dazu beitragen, dass Reize sofort wahrgenommen werden oder kaum ins Bewusstsein vordringen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Wahrnehmung erfordert darum Achtsamkeit.</span><br />
<span style="font-size: small;">Achtsamkeit bedeutet, sich innerlich auf seine aktuelle Umgebung und Situation einzustellen und zu konzentrieren, auch wenn starke Emotionen oder Einflüsse von aussen die bewusste Wahrnehmung beeinträchtigen.</span><br />
<span style="font-size: small;">Eine bewusste Wahrnehmung kann man trainieren. Anfangs können Achtsamkeitsübungen hilfreich sein, später genügt es, sich einfach mehrmals täglich die bewusste Wahrnehmung wieder ins Gedächtnis zu rufen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Unsere Welt besteht also aus dem, was wir selektionieren und dann wahrnehmen. Und so individuell diese Wahrnehmungsbilder jedes einzelnen sind, so individuell entwickelt sich jeder Mensch, denn jeder lebt sozusagen in seiner eigenen Welt. Diesen Weltbildern vertrauen wir – Bildern von liebevollen und schmerzhaften Erfahrungen, von Sprungbrettern und Stolpersteinen, von Höhenflügen und Peinlichkeiten, von Erfolgen und Misserfolgen oder dem Glück und den Ängsten aus längst Vergangenem. </span><br />
<span style="font-size: small;">Für jeden von uns ist sein Weltbild – das heisst: seine Sicht der Dinge – das wirklich Wahre.</span><br />
<span style="font-size: small;">Das gilt es bei Konflikten zu berücksichtigen. Denn tatsächlich existiert nicht ein einziges richtiges Bild oder eine einzige Wahrheit, wie Probleme gelöst werden können.</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgNHFZFKj0PUhn3rkASv53ibItDQGrXh1jzjOcdUCuSzGqV1n4xkHJfmgC_PhHVrvB4EoGOKWLE3lwQIzPMYu6CnzQ_i9-6iztSzFJMtbE3jrJGRNXCrtXi2ZBt-FQCzh76OUbD/s1600/1-20160719_074711+Muschel+Strand.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgNHFZFKj0PUhn3rkASv53ibItDQGrXh1jzjOcdUCuSzGqV1n4xkHJfmgC_PhHVrvB4EoGOKWLE3lwQIzPMYu6CnzQ_i9-6iztSzFJMtbE3jrJGRNXCrtXi2ZBt-FQCzh76OUbD/s320/1-20160719_074711+Muschel+Strand.jpg" width="180" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;">:)</span><br />
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<br />Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-44602112447258255082016-09-04T18:29:00.000+02:002016-09-04T18:29:37.939+02:00Der Nachrichten-Tsunami<br />
<span style="font-size: large;"><b>Der Nachrichten-Tsunami</b></span><br />
<span style="font-size: large;"><b><br /></b></span>
<br /><span style="font-size: small;">Den täglichen Nachrichten über Terror, Krieg und Gräueltaten kann sich im Moment wohl kaum jemand entziehen. Sie kommen nicht mehr in Wellen, sie überfluten uns wie ein Tsunami. Während andernorts Bomben fallen, werden wir augenblicklich mit den entsprechenden Bildern und Nachrichten bombardiert. Unaufhörlich! Und sie werden immer grausamer, unerträglicher und belastender – die Bombardemente, die Bilder und die Nachrichten dazu. So empfinde ich es jedenfalls. Ich kann das Ganze kaum mehr verarbeiten, ich bin mit der Nachrichtenflut überfordert! Aber wie kann ich mich dem Tsunami entziehen?<br />Einfach keine Info-Sendungen mehr ansehen, keine Nachrichten mehr anhören, keine Zeitungen mehr lesen, Twitter einfach löschen?<br />Als politisch interessierter Mensch geht das nicht so einfach. Ich möchte ja wissen, was sich hierzulande tut, wie sich die Schweiz entwickelt, welche Probleme hier gelöst werden sollten und wie wir unseren innerstaatlichen Frieden möglichst erhalten können. Denn die nächsten Abstimmungen kommen bald und da will ich nicht anhand von Parolen, sondern mit fundiertem Wissen daran teilnehmen.<br />„Lass alles nicht so an dich heran”, rät man mir.<br />Sicher gut gemeint, jedoch für mich nicht praktikabel. Ich habe keinen Panzer, sondern bloss eine Haut und die ist in der letzten Zeit dünner und verletzlicher geworden, das gebe ich zu.<br /><br />Es steht schlimm um die Welt! Überall Krieg, Terror, Unterdrückung, Attentate und unvorstellbares Leid. War es früher anders oder haben wir vieles davon einfach nicht mitbekommen?<br />Man hat auch das Gefühl, dass es nicht nur immer schlimmer und mehr wird, man denkt, dass es auch immer näher kommt. Aber stimmt das wirklich?<br />In den 70er- bis 90er-Jahren töteten meist europäische Terrorzellen jährlich 100 bis 400 Menschen in Europa. Haben wir das schon vergessen? An einen Terroranschlag in der Schweiz kann sich vermutlich kaum noch jemand erinnern. Auch die Morde gehen seit 30 Jahren ständig zurück – von 110 im Jahr 1990 auf 46 im Jahr 2014. Die Schweiz steht somit weltweit an der 208. Stelle von den 218 erfassten Länder (<a href="https://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%B6tungsrate_nach_L%C3%A4ndern">Wikipedia</a>) <br /><br />Mir geht es also gut hier. Ich lebe in einem sicheren und friedlichen Land, mit einer Regierung die ich selbst mitwählen konnte. Ich wohne in einer schönen Wohnung, mit Nachbarn die mich respektieren. Ich habe jeden Tag genug zu Essen, das ich mir gut leisten kann und ich habe sauberes Trinkwasser, das sogar direkt aus dem Wasserhahnen kommt. Dafür bin ich dankbar.<br />Doch manchmal habe ich fast ein schlechtes Gewissen. Denn obschon ich bewusst eher bescheiden leben, lebe ich im Verhältnis zum grössten Teil der Weltbevölkerung im Luxus - und bin mir das meistens gar nicht bewusst. Habe ich das verdient oder anders gefragt, was ist mein Verdienst an diesem privilegierten Leben? „Nichts”, müsste ich antworten, ich wurde einfach in dieses Land geboren. Glück gehabt!<br />Also müssten mich die schrecklichen Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten glücklich und zufrieden machen. Doch das tun sie nicht.<br /><br />Das Flüchtlingselend, das sich inzwischen zu einer richtigen Völkerwanderung entwickelt hat, geht mir immer mehr zu Herzen. Sechzig Millionen Menschen, vertrieben, entwurzelt, entzweit. Sie verlieren ihre Heimat, ihre Familie und leider oft auch ihre Hoffnung. Aber was geht das mich an? Die haben doch einfach Pech gehabt, dass sie nicht hier geboren wurden – oder?<br />Und was sollen wir denn tun – Geld spenden, Flüchtlinge im Haus aufnehmen oder gar hinfliegen und für Frieden sorgen?<br />Ich verstehe, dass nicht alle, denen es schlechter geht, zu uns kommen können. Ich weiss auch, dass wir heute die vielen schweren Fehler, die der Westen als Kolonialmächte und Kriegstreiber in der Vergangenheit gemacht haben nicht so schnell ausbügeln können. Ich bin mir auch bewusst, dass viel von unserem Reichtum aufgrund von Ausbeutung, gerade in diesen Flüchtlings-Ländern, zustande kam.<br />Vielleicht machen mir gerade darum diese Nachrichten immer mehr Angst. Ich frage mich, wo führt das alles hin? Gibt es einen neuen Weltkrieg oder holen die, die nichts haben, einfach das zurück, was wir ihnen genommen und jetzt zu viel haben? Ausgleichende Gerechtigkeit?<br /><br />Das Dilemma ist doch, dass ich an der ganzen Situation nichts ändern kann. Darum sehe ich nicht ein, warum ich über jeden Toten auf dieser Welt informiert sein muss. Warum muss ich mir jedes Attentat mehrmals in den verschiedenen Nachrichten und Meldungen ansehen, anhören und lesen. Das ist doch nur Benzin ins Feuer geschüttet und Antrieb für diese Gruppierungen. Nachahmer werden ermutigt, Sympathisanten bestätigt, Fanatiker gezüchtet.<br />Ich will diesen Meldungen gar nicht mehr diesen Raum geben. Ich will nicht mehr wissen, was auf der ganzen Welt gerade an Schrecklichem passiert. Ich will nicht mehr über Dinge informiert werden, die mich nicht beeinflussen, sondern nur berühren. Ich will nichts mehr über die Sachen vernehmen, die ich sowieso nicht beeinflussen kann. Ich will auch nichts mehr über Politiker oder Machthaber hören, die ich nicht gewählt habe, die ich nie wählen würde und die ich trotzdem nicht abwählen kann.<br />Ich will nicht mehr - ich will weniger!<br />Denn ich glaube, solange jeder immer mehr will – solange Geld und Besitz diese Macht besitzt und Macht und Ruhm so verführerisch ist, solange wird es Neid und Missgunst geben. Solange jeder denkt, dass der andere mehr habe, dass andere es besser hätten und, dass er besser sei als der andere, solange gibt es kein friedliches Miteinander auf dieser Erde und solange werden die News-Spalten mit Horror gefüllt werden.</span><br />
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">:\</span> </span><br />
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<span style="font-size: small;"><br /></span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-45707567084508594752016-06-05T12:32:00.000+02:002016-06-05T12:32:50.674+02:00Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten</b></span><br />
<br /><span style="font-size: small;">Immer wieder werden neue digitale Angebote heftig diskutiert.<br />Im Moment ist es unter anderem der Vermittlungsdienst <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Uber_%28Unternehmen%29">Uber</a>, der die Taxi-Branche revolutionieren will oder auch die Internet-Plattform <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Airbnb">Airbnb</a>, die die Hotelbranche durch Angebote privater Vermieter vor allem in den Städten stark herausfordert.<br />Bei beiden Online-Angeboten erwägt der Bund ein gesetzliche Regulierung oder gar ein Verbot. Aus meiner Sicht ist das falsch, denn der Fortschritt lässt sich nicht aufzuhalten! Das war schon immer so.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Wissenschaft und Technik haben uns in den letzten Jahrhunderten eine epochale Entwicklung gebracht. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Geschichte von der Gotthard-Kutsche hin zum in dieser Woche eingeweihten Gotthard-Basistunnel – eine wahre Meisterleistung staatlicher Weitsicht, unternehmerischen Denkens und intelligenten Handelns.<br />Von der Pferdestärke über die Dampfmaschine bis hin zur Elektrizität, der technische Fortschritt setzte auch eine 'Industrielle Revolution' in Gang, von der die Menschheit in überwiegendem Masse profitierte.<br />Als Beispiel nenne ich hier den Quantensprung von den handbetriebenen Webeinrichtungen des 18. Jahrhunderts über die ersten funktionsfähigen mechanischen Webstühle des Engländers Edmund Cartwright bis hin zur heute weltweit schnellsten Webmaschine der Welt, der Mehrphasenwebmaschine M8300 von Sulzer-Textil.<br />Dieser Erfindergeist brachte der Schweiz durch Innovation und Mut einen grossen Wohlstand und weltweiten Erfolg. Sie zeigt aber auch explizit die dunklen Seiten der technischen Entwicklung. Die Textilfabriken brachten zwar Arbeit und Wohlstand in die Ostschweiz, aber durch die Produktionsverlagerungen in Ausland auch wieder Arbeitslosigkeit und materielles Leid. Anderseits profitieren wir wieder, wegen der menschenverachtenden Ausbeutung von Arbeitskräften in Asien, durch die billige Kleidung. Welches ist nun der Fortschritt?<br /><br />Auch die 'Digitale Revolution' wird die Welt auf den Kopfstellen, genau so wie es die Industrielle tat. Und, auch sie wird sich durch nichts aufhalten lassen. Elektronische Prozesse und Automatisierungen, aber auch künstliche Intelligenzen und Robotik werden unsere Arbeit und den Alltag entscheidend verändern. In wenigen Jahrzehnten werden selbstfahrende Fahrzeuge, helfende Roboter und menschenlose Arbeitsplätze weitgehend Alltag sein. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Hälfte der heutigen Jobs verschwinden werden. Daran können auch Verhinderungsgesetze oder Verbote nichts ändern.<br /><br />Doch seit der Erfindung der Dampfmaschine ist das ständig so und die Menschen haben trotz der Automatisierung immer wieder Jobs gefunden. Wir sollten einfach aus den Fehlern der Industrialisierung lernen und sie nicht wiederholen. </span><br />
<span style="font-size: small;">So muss bereits jetzt unsere gesamte Ausbildung angepasst werden. In Zukunft werden Kreativität und soziale Kompetenzen gefragt sein. Das Auswendiglernen von allgemeinem Wissen, von Formeln, Daten und Zahlen wird nicht mehr benötigt. Dafür werden in Zukunft Visionen, Ideen, Überzeugungsarbeit, Teamarbeit, Führung, Motivation, aber auch Enthusiasmus, Empathie, Pflege und Rücksicht gefragt sein. Auch die gesamte Lebensgrundlage muss revolutioniert werden – ein ausgeklügeltes bedingungsloses Grundeinkommen wäre ein guter Ansatz dazu. Aber dafür müsste wiederum das Steuerwesen grundlegend umgekrempelt werden. Statt menschlicher Arbeit müssten Prozessoren und Gewinne besteuert werden und statt dem Einkommen müsste der Verbrauch abgabepflichtig sein (Mehrwertsteuer). Dazu müssten in der Übergangsphase durch Verordnungen die Spiesse für alle Beteiligten gleich lang gemacht werden. Auch müsste <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Wucher">Wucher</a>, also überrissene Gebühren und Kommissionen der online-Anbieter, genau so wie bei den Banken, beschränkt werden.<br /><br />Der Entwicklung lässt sich nicht aufhalten, denn keiner will heute mehr zurück zum Lastenträger am Gotthard, zum Meldeläufer des Mittelalters oder nur schon zurück zur Telefonkabine als einzige Telekommunikationsmöglichkeit. Auch die Fortschritte in der Chemie und der Medizin will keiner mehr missen.</span><br />
<span style="font-size: small;">Aber man muss diese Veränderungen mit Weitsicht und Fingerspitzengefühl zum Wohle der <b>gesamten</b> Menschheit und erträglich für die Umwelt gestalten.</span><br />
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<span style="font-size: xx-small;">:|</span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-85987851920473104862016-05-07T11:13:00.000+02:002016-05-07T12:30:37.855+02:00Fingerspitzengefühl <br />
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<span style="font-size: x-large;"><b>Fingerspitzengefühl </b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Etwas gelangweilt schlendere ich hinter der älteren Person her, die ich zum Einkaufen in den Supermarkt gefahren habe.</span><br />
<span style="font-size: small;">Da treffe ich unerwartet auf eine Frau aus Eritrea.</span><br />
<span style="font-size: small;">Wir kennen uns recht gut und die Begrüssung ist herzlich. Sie spricht ganz ordentlich Deutsch und so wechseln wir kurz ein paar Worte. Meine Begleitung ist währenddessen verschwunden.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Abra ist Mitte Fünfzig und vor vier Jahren in der Schweiz geflüchtet. Die nette Familie hat sich inzwischen hier gut eingelebt. Vor kurzem konnten sie auch vom zügigen Wohncontainer in eine helle, kleine Wohnung umziehen und Meng, ihr Mann, hat endlich eine Arbeit gefunden. Der gelernte Autospengler kann nun wenigstens an drei Tagen pro Woche bei einer Recyclingfirma arbeiten. Damit hat sich auch seine Psyche wieder stark verbessert.</span><br />
<span style="font-size: small;">Die älterste Tochter ist seit einigen Monaten mit einem Schweizer verheiratet, der ältere Sohn hat glücklicherweise eine Lehrstelle gefunden und die beiden Jüngsten gehen hier zur Schule. Die Kinder sprechen Schweizerdeutsch, sind in verschiedenen Vereinen und gut integriert.</span><br />
<span style="font-size: small;">Abra und ihr Mann haben mit dem Kontakt zu Einheimischen etwas mehr Mühe. In ihrem Alter ist das nicht mehr so einfach. Doch sie besuchen wöchentlich unser Integrationskaffee um mehr Einheimische kennen zu lernen. Denn auch sie freut es besonders, wenn sie auf der Strasse oder im Laden erkannt und wahrgenommen werden – dann fühlen sie sich hier ein bisschen mehr Zuhause.</span><br />
<span style="font-size: small;">Meng kommt auch jeden Donnerstag zu mir, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Daraus ist inzwischen ein freundschaftlicher Kontakt entstanden und wir wurden von ihnen auch schon zum eritreischen Mittagessen oder zur traditionellen Kaffeezeremonie nach Hause eingeladen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Einige Minuten später verabschiede ich mich wieder von Abra und sehe mich nach meiner Begleitung um. Ich treffe die bald Achtzigjährige hinter dem nächsten Gestell, wo sie ungeduldig wartet.</span><br />
<span style="font-size: small;">„Ich warte schon lange!”, zischt sie und funkelt mich ein bisschen böse an. Währenddessen schiebt sie ihren Einkaufswagen bereits eilig zur Kasse.</span><br />
<span style="font-size: small;">„Ach, da bist du … Warum bist du vorhin so plötzlich verschwunden? Wolltest du mit der dunkelhäutigen Frau nicht gesehen werden?”, frage ich scherzhaft, denn ich kenne ihre Einstellung zu 'den Asylanten'.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Nach einer Pause und einem unverständlichen Gemurmel fragt meine Begleitung unwirsch: „Was war denn die für eine?”</span><br />
<span style="font-size: small;">Ich muss lächeln: „Das ist die Frau des Eritreers, dem ich seit über einem Jahr jede Woche Deutsch gebe. Ich habe dir doch schon oft von ihm erzählt.”</span><br />
<span style="font-size: small;">Inzwischen sind die wenigen Einkäufe auf dem Kassenband gelandet und meine Begleiterin hat schon ungeduldig ihren Geldbeutel in der Hand.</span><br />
<span style="font-size: small;">Ohne sich umzublicken sagt sie: </span><br />
<span style="font-size: small;">„Ach, die war das – hätte ich das gewusst, hätte ich ihr zwanzig Franken gespendet …</span><br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhFb4sPeLBqZ-FymVTrEXcZoEDY3S4TLWK19wd8upwG34-jQaKu2m4sbExeG24q8cXvJALO7OA2qUzlhm6PtxBL98ameWs8qm_URtORlyqZLJx4CwNGVuNHm1XCdxxxXrf1pK6V/s1600/1-Fingerspitzengefu%25CC%2588hl+20er+Note+2016-05-07+.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhFb4sPeLBqZ-FymVTrEXcZoEDY3S4TLWK19wd8upwG34-jQaKu2m4sbExeG24q8cXvJALO7OA2qUzlhm6PtxBL98ameWs8qm_URtORlyqZLJx4CwNGVuNHm1XCdxxxXrf1pK6V/s320/1-Fingerspitzengefu%25CC%2588hl+20er+Note+2016-05-07+.jpg" width="297" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;">:( </span><br />
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<br />Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-83406474387624891142016-04-29T21:56:00.000+02:002016-04-29T21:56:26.984+02:00Ben Sadok und die Palme…..<br />
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<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Ben Sadok und die Palme…..</b></span><br /><br />
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<span style="font-size: small;">Ben Sadok, ein finsterer Mann, ging durch eine Oase. Er war so bösartig in seinem Charakter, dass er nichts Gutes und Schönes sehen konnte, ohne es zu verderben. </span><br />
<span style="font-size: small;">Am Rande der Oase stand eine junge Palme. Sie war schön gewachsen. Das ärgerte Ben Sadok. Darum nahm er einen schweren Stein und legte ihn der jungen Palme mitten in die Krone. Mit einem gemeinen Lachen ging er fort. </span><br />
<span style="font-size: small;">Die Palme schüttelte und bog sich und versuchte, die Last abzuwerfen.<br />Doch vergebens. Zu fest sass der Stein in ihrer Krone. Da krallte sich die Palme fest in den Boden, schickte ihre Wurzeln so tief in die Erde, dass sie die verborgenen Wasseradern in der Oase erreichten, wuchs empor und stemmte dabei mit aller Kraft den schweren Stein hoch und höher,<br />bis die Krone mit den grossen Palmenfächern über jeden Schatten hinausreichte. </span><br />
<span style="font-size: small;">Wasser aus der Tiefe und Sonnenglut aus der Höhe halfen dem jungen Baum, trotz seiner schweren Last eine königliche Palme zu werden. </span><br />
<br />
<span style="font-size: small;">Nach vielen Jahren kam Ben Sadok wieder. Schadenfroh wollte er<br />den verkrüppelten Baum sehen, den er, wie er meinte, verdorben hatte. Er suchte ihn, aber er fand ihn nicht. Da senkte die stolzeste und höchste aller Palmen ihre Krone, zeigte ihm den Stein und sagte: </span><br />
<b><span style="font-size: small;">Ich danke dir, Ben Sadok. Deine Last hat mich stark gemacht.</span><span style="font-size: xx-small;"> </span></b><br />
<span style="font-size: xx-small;">Ein afrikanisches Märchen - Autor unbekannt</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEip28YWfNnj1VP5vaLD3DbuVImeGcTFkMFfd1ofeQNZxVEQsw3g3H5q-kTQX23Q7JrOM92Hy57UEVZb-GG16xlnagtOb7PEE8LV4eWuaQB8ARl1TikDuApR0juhmkdNc9Keu5nY/s1600/2016+04+29+Palme.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEip28YWfNnj1VP5vaLD3DbuVImeGcTFkMFfd1ofeQNZxVEQsw3g3H5q-kTQX23Q7JrOM92Hy57UEVZb-GG16xlnagtOb7PEE8LV4eWuaQB8ARl1TikDuApR0juhmkdNc9Keu5nY/s320/2016+04+29+Palme.jpg" width="212" /></a></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: xx-small;">© Bild von: <a href="https://pixabay.com/de/palmen-exotische-sonnenuntergang-323350/">huba22 </a>/ Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0</a> / by: <a href="http://pixabay.com/">pixabay</a></span></div>
<span style="font-size: xx-small;"> </span><div style="text-align: center;">
<span style="font-size: xx-small;"><br /></span></div>
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<span style="font-size: xx-small;">;)</span></div>
Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-10646484104264972012016-04-24T13:15:00.000+02:002016-04-24T15:06:29.016+02:00Theo<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Theo</b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Alle haben sie gelacht!<br />Und wiederum hat er den Stammtisch fast im Alleingang unterhalten. Eine Anekdote nach der anderen – ihr schallendes Gelächter hat ihn zusätzlich angespornt. Heute Abend war er einmal mehr in Bestform.<br />Seine Sprüche kamen präzise und sein Intellekt arbeitete blitzschnell. Schlagfertig konterte er alle Bemerkungen und setzte so jeweils noch einen drauf – bis sie vor Lachen Tränen in den Augen hatten.<br />Trotzdem, niemanden am Tisch hat er gekränkt, denn Theo macht keine abwertenden Sprüche über andere. Wenn schon nimmt er sich selber auf den Arm, stilisierte sich hoch zu einer Witzfigur.<br />Gerade dann bekommt er am meisten Anerkennung. Dann ist er jemand! Man nimmt ihn wahr – doch keiner nimmt ihn ernst. Manch einer hat ihm zum Abschied anerkennend auf die Schultern geklopft. „Theo, du bisch eifach en glatte Siech,” und alle haben anerkennend genickt.<br /><br />Aber was wissen die schon? Was wissen die von Theo! Keiner kennt ihn wirklich. Keiner sieht sein Inneres, keiner weiss von seinen Schmerz.<br /><br />Nun ist er auf dem Heimweg – alleine.<br />Noch ein paar Gedanken an die vergangenen zwei Stunden. Er möchte sie für immer festhalten, denn sie haben ihm kurzfristige Linderung gebracht. Aber die quälende Einsamkeit und die Angst sind schnell wieder da. </span><br />
<span style="font-size: small;">Noch ein kurzes Lächeln der Erinnerung und dann ist nur noch Leere.</span><br />
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Mehr über Einsamkeit <a href="https://www.blogger.com/blogger.g?blogID=29047395#editor/target=post;postID=8266024653451674257;onPublishedMenu=allposts;onClosedMenu=allposts;postNum=19;src=postname">hier</a><br />
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<span style="font-family: "courier new" , "courier" , monospace;"><span style="font-size: xx-small;">:( </span></span><br />
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<br />Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-82171401537338898142016-04-19T13:28:00.000+02:002016-04-25T17:12:30.426+02:00Ich wollte nie Lokomotivführer werden<br />
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<b><span style="font-size: large;">Ich wollte nie Lokomotivführer werden</span></b><br />
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<span style="font-size: small;">Als Kind wollte ich nie, wie die anderen, ein Pilot, Lokomotivführer, Fussball-Profi oder Polizist werden. Ich wollte ein Senn sein! Der Stallgeruch hatte es mir angetan.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Natürlich lag ich auch damit wieder 'verkehrt'. Denn in unserer Familie gab es weder einen Stall, noch war jemand in der Verwandtschaft ein Bauer. Vermutlich gibt es sogar in unserem ganzen Stammbaum, seit unseren Walser-Vorfahren, kaum noch Alphirten oder Sennen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Aber auf meinem Schulweg lagen drei Bauernbetriebe und besonders den von Bauer Hartmann besuchte ich täglich mehrmals. Ich kannte jede Kuh im Stall – es gab zwar nicht viele, aber ich war über jedes Geschehen im Stall immer bestens informiert. So dauerte mein Schulweg halt meistens auch einiges länger, als bei meinen Brüdern. War eine krank oder kam bald ein Kalb zur Welt, konnte es auch einmal noch etwas später werden. Das gab dann einigen Ärger, besonders in der Schule und manchmal halt auch Zuhause, wenn ich es übertrieb. Aber das Leben im Stall war für mich einfach spannender, als die blöde Schule und die lästigen Hausaufgaben.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Dafür hatte ich dann Zuhause, als Entschuldigung sozusagen, immer etwas Spannendes zu erzählen.</span><br />
<span style="font-size: small;">Besonders meine Mutter war, nachdem der erste Ärger abgeflaut war, an meinen Erzählungen aus dem Stall durchaus interessiert, denn sie war in der Stadt aufgewachsen. So hätte sie, erzählte sie später manchmal, auch interessiert meinem atemlos vorgetragenen Bericht über die Geburt eines Kalbes zugehört. Blöd sei nur gewesen, dass just in dem Moment, als es richtig spannend wurde und „da hinten bei der Kuh etwas herausgekommen“ sei, Bauer Hartmann zu mir gesagt hätte, es wäre nun wohl besser, wenn ich nach Hause gehen würde. </span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Doch in so einem Stall erfuhr man natürlich nicht nur Stallgeschichten, da war durchaus das halbe Dorfgeschehen ein Thema und ich, als aufmerksamer Zuhörer, brachte diese Neuigkeiten dann nach Hause. Damit konnte ich glänzen, im Gegensatz zu meinen schulischen Leistungen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Schon bald hatte mein Vater für mich einen scherzhaften Übernamen gefunden: <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Intelsat_I">'Early Bird'</a> – den Namen des ersten kommerziellen geostationären Fernsehsatelliten weltweit, der damals ins All befördert wurde. Dieser 'Early Bird' konnte sagenhafte 240 Telefongespräche oder eine Fernsehsendung von weither übertragen und war damit der Beginn der internationalen Telekommunikation.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Damals, im Gegensatz zu heute, war es nicht üblich, volkstümliche Musik im Stall abzuspielen, damit die Kühe sich wohler fühlten und mehr Milch gaben. Trotzdem war ich ganz begeistert von 'Ländlermusik' und Jodel-Gesang. Natürlich wieder als einziger in der Familie. So war dann auch meine erste eigene Schallplatte aus dieser volkstümlichen Musiksparte. Diese kleine schwarze Vinil-Scheibe, ich hatte sie geschenkt bekommen, enthielt vier Jodellieder, komponiert vom „Holzgüetler“ Siegfried Zihlmann-Steffen und gesungen von der Älplerjodlergruppe Zihlmann aus Schüpfheim. </span><br />
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgXTmbXcKrijmeWTtkgroM5FYp-YHoc4ZRYY9wFFPbeQnLSaY3hv9Ahp3mVZX8MufxdIIsb6lnWku_uQcPU0gUja2MjB5u7nZ8GL1utsvcdcb1AHjGpWbT8nsjXNUhUnatIu7zC/s1600/z+Flu%25CC%2588ehli-Do%25CC%2588rfli.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="319" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgXTmbXcKrijmeWTtkgroM5FYp-YHoc4ZRYY9wFFPbeQnLSaY3hv9Ahp3mVZX8MufxdIIsb6lnWku_uQcPU0gUja2MjB5u7nZ8GL1utsvcdcb1AHjGpWbT8nsjXNUhUnatIu7zC/s320/z+Flu%25CC%2588ehli-Do%25CC%2588rfli.jpg" width="320" /></a></div>
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<span style="font-size: small;">Ein Lied darauf hiess 'Du Allerwelts Schätzeli', ein anderes 'z’Flüeli Dörfli'. Es beschreibt ein kleines Örtchen im von mir damals weit entfernten Entlebuch. Ich habe diese beiden Lied bestimmt einige hundertmal abgespielt und noch heute, nachdem ich sie Jahrzehnte nicht mehr gehört habe, erzeugten sie bei mir noch immer die gleichen Empfindungen wie damals. (<a href="https://www.youtube.com/watch?v=fCTHyoorjjI">Hier eine Coverversion</a>) </span><br />
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<span style="font-size: small;">Einige Jahre später habe ich dann, weit ab von Zuhause, in einer grossen Stadt, ein nettes 'Mädchen' aus genau diesem 'Flüeli Dörfli’ getroffen. Sie blieb während dreissig Jahren meine Partnerin …</span><br />
<span style="font-size: small;">Zufall oder Vorhersehung?</span><br />
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<span style="font-size: x-small;"><br /></span>
<span style="font-size: x-small;">Um eine 45er Vinylschallplatte und eine Kindererinnerung geht es auch in einer <a href="http://herroter.blogspot.ch/2012/04/ein-schiff-wird-kommen.html">früheren Anekdote</a></span><br />
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<span style="font-size: xx-small;">:) </span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-52083251795907196792016-04-17T12:16:00.000+02:002016-04-17T13:20:47.221+02:00 Ich küsse nicht gerne<br />
<span style="font-size: x-large;"><b><br />Ich küsse nicht gerne</b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Ich mag sie einfach nicht – diese imaginären Luftküsse, links und rechts, knapp an den Ohren vorbei, zur Begrüssung oder zum Abschied. Wange an Wange mit Frauen, die ich kaum kenne, das ist mir einfach zu nahe, zu eng und zu intim. Ich finde es ehrlicher, sich anständig die Hand zu geben und in die Augen zu sehen. Denn in den Augen des Gegenüber, erkenne ich mehr, als an seinen Ohrläppchen.<br /><br />Aber vielleicht ist die Abneigung gegen diese Begrüssungs-Küsserei auch einfach ein Trauma aus Kindertagen … (hier: <a href="http://herroter.blogspot.ch/2009/12/loni-ein-alptraum.html">Loni - ein Albtraum</a>) <br /><br />Nicht, dass ihr jetzt denkt, ich sei ein genereller Kussmuffel!<br />Nein – aber ich bevorzuge für solche 'Lippenbekenntnisse' einfach die richtige Person und die passende Situation. Ich küsse nicht jede zur Begrüssung und umarme schon gar nicht jeden, auch wenn sich das unter Männern immer mehr verbreitet. Ich habe nichts gegen eine Umarmung zwischen Vater und Sohn als Zeichen von Verbundenheit und Respekt; obschon, bei meinem Vater hätte ich das nie gemacht. Das war damals bei uns einfach nicht üblich.<br /><br />Mir ist es unangenehm, wenn ich von Personen geküsst und umarmt werde, die ich noch nicht lange kenne oder die mir eigentlich gar nicht sonderlich sympathisch sind.<br />Doch wie mache ich das in einer Gruppe? Da müsste ich ja eine Auswahl treffen. Das geht natürlich nicht – entweder alle oder keine. Ich habe mich für keine entschieden.<br /><br />Doch das kommt nicht immer gut an und so trete ich bei weiblichen Kuss-Fans manchmal ins Fettnäpfchen. Sie will, ich nicht! <br />So einmal geschehen bei einer Arbeitskollegin, die in einer ganzen Gruppe von mir fremden Frauen stand. Meine Kollegin und ich hatten uns bei der Arbeit noch nie zur Begrüssung geküsst, nicht einmal die Hand gegeben. Aber an dem Tag … ich hielt natürlich bei allen eine Armlänge Distanz, auch bei Ihr, wie immer.<br />Die Reaktion kam am nächsten Arbeitstag: „Du hast mich vor den Anderen schön blamiert!” funkelte sie mich böse an. „Aber wir hatten doch bisher noch nie …” meinte ich etwas verlegen. „Ja schon, aber heute ist das eben üblich – ich stand vor meinen Kolleginnen da wie ein Depp!”, giftelte sie mich an.<br /><br />Seit diesem Vorfall bin ich mit dem Begrüssungskuss etwas 'grosszügiger’ geworden – wenn es sich gar nicht vermeiden lässt – denn ich will ja niemanden kränken.<br />Doch noch immer gehe ich erstmal mit ausgestrecktem Arm auf die Leute zu, um den Abstand zum Gegenüber zu steuern. Doch nicht selten treffe ich dann auf Frauen, die das Küsschen-Ritual regelrecht einfordern. So stehe ich dann steif da und lasse mich zum Ritual hin und her zerren.<br />Scheinbar muss ich diese Menschen ans Herz drücken, auch wenn mir das unangenehm ist. Oder habe ich als Mann eine faire Chance diese Begrüssungsform zu vermeiden, ohne die Frauen zu verletzen?<br /><br />Diese 'gesellschaftliche Küsserei' auf die Wangen ist, zumindest bei uns, ja nicht althergebracht oder kulturell begründet.<br />Zwar kennt man den gehauchten Wangenkuss bereits seit frühchristlicher Zeit – als 'Friedenskuss', dem Zeichen einer vollständigen Versöhnung und Freundschaft.<br /><br />Auch der Wangenkuss mit darauffolgendem festem Schmatzer auf den Mund, von Mann zu Mann, der sogenannte 'Bruderkuss', hat Tradition und war vor allem in der sozialistisch Zeit der Sowjetunion bei uns bekannt, denn es war die höchste Ehrerbietung unter befreundeten Staatsmännern. Sicher erinnert man sich noch an den Berühmtesten unter ihnen, Honecker und Breschnew, zwei alte, graue und faltige Männer, die die Lippen aufeinander drücken. Für mich schwer zu ertragen, sogar als Bild auf der Berliner Mauer.<br />Daraufhin wurden Umarmungen und Küsschen unter scheinbar befreundeten Politikern als politische Machtdemonstration auch andernorts immer häufiger. Doch waren das immer wirkliche Freunde?</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><a href="https://2.bp.blogspot.com/-37uGxi46oKM/VxNhxa6ucII/AAAAAAAABY4/MpbXAM-8EqUp4tUUXxr3ngBUU0zyOWngQCLcB/s1600/1-20140817_133247%2BBerlin%2BMauer%2BHonegger%2BBreschnew%2B.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="240" src="https://2.bp.blogspot.com/-37uGxi46oKM/VxNhxa6ucII/AAAAAAAABY4/MpbXAM-8EqUp4tUUXxr3ngBUU0zyOWngQCLcB/s320/1-20140817_133247%2BBerlin%2BMauer%2BHonegger%2BBreschnew%2B.jpg" width="320" /></a></span></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><br /></span></div>
<span style="font-size: small;"><br />Umarmungen zur Begrüssung zwischen Männern oder zwischen Frauen haben vor allem in der arabisch-muslimischen Welt eine lange Tradition. Doch öffentliche Berührungen zwischen den Geschlechtern, wie bei uns, sind dort vielerorts sogar verboten.<br />Diese Begrüssungsformen kennt man bei uns eher von südlichen Ländern. Auch in Frankreich hat diese Form von Umarmung mit Küsschen, die sogenannte Akkolade, Tradition, während bei uns noch lange und bis noch vor wenigen Jahrzehnten der Handkuss als korrekter, sehr formaler Gruss galt. Es war die allgemein übliche Ehrerbietung an eine geachtete Dame. Bis dann diese bacio- bacio -Welle aus den südlichen Ländern zu uns herüber schwappte.<br />Zuerst, so meine ich, bei der 'Prominenz’, und dort besonders bei den Schauspielerinnen. Da wollte man vermutlich grosse Herzlichkeit demonstrieren, obschon man doch weiss, dass kaum woanders, Neid und Missgunst weiter verbreitet sind.<br />Inzwischen gehört, was früher dieser 'Glamourwelt' vorbehalten blieb, auch bei uns 'Normalen’ schon fast zum guten Ton. <br /><br />Küsschen da, Küsschen dort, Küsschen … – ja wie oft denn eigentlich?<br />Denn man küsst sich nicht überall gleichviel.<br />In Japan, beispielsweise, ist eine Umarmung unter Erwachsenen verpönt. Auch in Schweden küsst man gar nicht – wenigstens nicht zur Begrüssung. In Deutschland, Italien und Österreich macht man es meist zweimal und in der Schweiz gibt man sich gar drei Backen-Schmatzer (hier muss man aber auch alles übertreiben …).<br />Nur in Paris küsst man mehr, nämlich sogar viermal! – Aber Achtung im Resten Frankreichs macht man es wieder nur zweimal – das heisst – man braucht im westlichen Nachbarland fast eine Landkarte um sich über die obligatorische Anzahl der “bises” in 'La Grande Nation' zu informieren: eines in der Bretagne, zwei in Lyon, drei im Midi, vier südlich von Nantes und sogar fünf in einigen Binnenregionen von Korsika.<br /><br />Und, man küsst sich nicht überall gleich.<br />Da gibt es Regeln zu beobachten, sonst entstehen peinliche Situationen – entweder du hängst mit deinen Lippen plötzlich verloren in der Luft oder es gibt einen Zusammenstoss der Nasen oder schlimmer noch, ein verrutschter Kuss landet direkt auf dem Mund und du stehst dann da wie ein begossener Pudel.<br />Also, erst rechts, dann links, so ist es bei uns. Aber schon in Frankreich wird es kompliziert, denn dort fängt man im Süden mit der linken und im Norden mit der rechten Wange an. <br />Und, was manche vielleicht nicht wissen: Auch bei uns gilt, je höher die soziale Stellung, desto weniger wird richtig geküsst. So einen herzhaften, geräuschvollen Schmatzer gibt man sich eher unter dicken Kolleginnen, in der 'feinen Gesellschaft' wird nur noch unhörbar gehaucht. Wichtig dabei ist, dass man die Lippen nicht spitzt.<br /><br />Zum Schluss noch eine gute Nachricht für andere Begrüssungskuss-Muffel: <br />Unter Geschäftspartnern küsst und umarmt man sich strikte nicht! – Das ist mir sympathisch!</span><br />
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<span style="font-size: xx-small;">;)</span><br />
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<br />Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-29107599371153026572016-04-12T19:27:00.000+02:002016-04-17T12:17:25.370+02:00 Einfach nichts mehr da!<br />
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<span style="font-size: large;"><b><br /></b></span>
<span style="font-size: large;"><b>Einfach nichts mehr da!</b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Manchmal habe ich Angst, dass plötzlich nichts mehr da ist. <br />Unbemerkt schleicht es sich langsam davon und dann werde ich – vielleicht eines Morgens beim Aufwachen – erschrocken feststellen, dass alles weg ist!<br />Vermutlich bemerke ich es, weil ich mich wundere, wer neben mir liegt. <br />Kenne ich die? Gehört sie zu mir oder liegt sie zufälligerweise dort? <br />Ich weiss es nicht! <br />Nichts ist mehr da, mein Gedächtnis ist einfach verschwunden.<br /><br />Damit sind auch all die schönen Momente in meinem Leben weg.<br />Die Kindheitserinnerungen, der erste Kuss, die Hochzeit oder das unbeschreibliche Glücksgefühl, als ich meine Buben das erste Mal in meinen Armen hielt. <br />All diese 'unvergesslichen' Glücksmomente sind einfach vergessen. <br />Keine Erinnerungen an die Eltern, an die Lebenspartnerinnen oder an all die anderen wichtigen Dinge in meinem Leben. Was war beruflich, wo war ich auf Reisen, was habe ich alles erlebt?<br />Keine Ahnung! Es ist einfach nichts mehr da.<br />Meine Eigenart, meine Identität, ja mein ganzes Leben ist einfach verschwunden.<br /><br />Vorhin habe ich mich gefragt, ob es auch bei mir mal so kommt, wie damals bei meiner Mutter? <br />Ob auch bei mir einmal die Diagnose 'Alzheimer' lautet?<br /><br />Aber eigentlich brauche ich mir deswegen doch gar keine Gedanken zu machen.<br />Denn in dem Moment, an dem ich mich an nichts mehr erinnern werde, werden nicht nur alle schönen Erlebnisse verschwunden sein, sondern auch die sorgenvollen Gedanken, die mich gerade beschäftigten.</span><br />
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">:| </span></span><br />
<span style="font-size: small;"></span><br />
<span style="font-size: small;"></span><br />
<span style="font-size: small;"></span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-13174490729747670022016-04-10T19:54:00.001+02:002016-04-19T13:29:00.033+02:00Problemlose Problemlösungen<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Problemlose Problemlösungen</b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Täglich ein probiotisches Joghurt zur Traumfigur in zwei Wochen. Straffe Haut und jugendliches Aussehen bis ins hohe Alter dank einer Anti-Aging-Creme und weisse Raucher-Zähne über Nacht mit der Bleaching-Zahnpaste. Ein Pülverchen gegen Haarausfall und Po-Push-Up-Slips für einen Hintern wie der von Kim Kardashian. Eine Selfie-App für das perfekte Porträt im Online-Dating-Portal. Die blaue Pille davor gegen Potenzprobleme, die Pille danach gegen ungewollte Kinder. Brausetabletten gegen Müdigkeit und Lifestyle-Medikamente gegen Stress.<br />Fünfhundert Facebook-Freunde gegen Einsamkeit und eine populistische Parteien gegen Migrantenströme und Überfremdungsängste — so werden heute komplexe Probleme gelöst.</span><br />
<b><span style="font-size: xx-small;">© Copyright by Herr Oter</span></b><br />
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<span style="font-size: xx-small;">;)</span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-9919619772541328102016-04-09T15:17:00.000+02:002016-06-26T22:17:29.396+02:00Die Mücke wird zum Elefanten geschüttelt<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Die Mücke wird zum Elefanten geschüttelt</b></span><br />
<b>oder wie Händeschütteln die Medien beschäftigt.</b><br />
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<span style="font-size: small;">Ein Händedruck, oder eben die Verweigerung desselben, gibt in der Schweiz momentan viel zu reden.</span><br />
<span style="font-size: small;">Denn in Therwil wollen zwei pubertierende, muslimische Brüder ihrer Lehrerin partout die Hand nicht geben. Sie argumentieren religiös – einige islamische Rechtsschulen (z. B. die nach Imam Shafi'i) verbieten die Berührung einer fremden Frau. Angeblich verweigern sie sich selbstständig, weil die 14 und 15 Jahre alten Muslim-Buben in ihrem Kulturkreis als volljährig gelten. </span><br />
<span style="font-size: small;">Die Lehrerin fühlt sich ob des verschmähten Handschlags nicht zuletzt als Frau diskriminiert, und lässt sich das nicht bieten.</span><br />
<span style="font-size: small;">Dank einer Händedruck-Dispens der überforderten Schulbehörde, schütteln nun die beiden jugendlichen, offenbar sehr religiösen Syrer, die aber in der Schweiz aufgewachsen sind, weder die Hände der Lehrerinnen noch die der Lehrer, sondern grüssen alle mit einem mündlichen höflichen Gruss um damit eine Diskriminierung zwischen den Geschlechtern zu beseitigen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Der ungeheuerliche Handstreich, der bereits im letzten November seinen Anfang nahm, wurde nun von einer pensionierten Lehrerin in einer TV-Sendung an die Öffentlichkeit gezerrt und hat landesweit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Aber ob die ehemalige FDP-Kantonsrätin dieser Sache einen guten Dienst erwiesen hat, wage ich zu bezweifeln. Denn dieser verweigerte Handschlag schlägt nun hohe Wellen und schwappt zum Teil sogar über unsere Landesgrenzen hinaus. </span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Von «absolut inakzeptabel» über «im Koran gibt es kein Berührungsverbot in dem Sinne» oder «das entspreche dem Lebensstil des Propheten» bis zu «mehr Toleranz gegenüber Andersgläubigen» sind alle Meinungen von rechts bis links vertreten.</span><br />
<span style="font-size: small;">Eine Bundesrätin, zahlreiche Politiker aller Parteien, Vertreter von Lehrerverbänden und unzählige Kommentatoren in den Zeitungen und auf den sozialen Medien diskutieren nun über einen unbedeutenden Einzelfall und wieder benutzen nicht wenige diese Gelegenheit, um generell gegen Ausländer – und Muslime im Speziellen – zu stänkern. </span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Ich meine, es ist schlicht lächerlich, dass diesem Extremfall mit zwei Pudertierenden eine solch prominente Plattform geboten wird. Es führt höchstens dazu, dass diese läppische Geste wieder einmal instrumentalisiert wird und achtundneunzig Prozent der muslimischen Bevölkerung unter einen Generalverdacht gestellt werden.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Klar, es geht um mehr als einen einfachen Händedruck.</span><br />
<span style="font-size: small;">Es geht um Fragen wie Gleichstellung und Anstand, Respekt, und Frauenwürde – die christliche Frauenwürde, wohlverstanden. Denn niemanden interessiert in dieser Diskussion, was gläubige Muslimas empfinden, wenn christliche Männer ihnen unbedacht die Hand geben. </span><br />
<span style="font-size: small;">Ich habe mich bei drei somalischen Frauen erkundigt. Sie tragen farbige Kopftücher und zelebrieren den Ramadan nach strengen Regeln. Das ist ihnen wichtig. Weil sie hier wohnen, ergreifen sie jede ausgestreckte Hand, auch wenn sie sich dabei gar nicht wohl fühlen. Aber so seien hier die Regeln und sie passten sich an, sagen sie. Ich habe ihnen versprochen, sie weiterhin herzlich zu begrüssen, die meine Hände jedoch aus dem Spiel zu lassen. So, wie ich es zukünftig bei allen mit einem Kopftuch machen werde, den auch diese Frauen haben eine Frauenwürde!</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Der Händedruck hat aber auch zu tun mit Religionsfreiheit, Fundamentalismus, Integration und der Anpassung der Zugezogenen an die Regeln eines anderen Kulturkreises in einem fortschrittlichen Land, das sie ja freiwillig als Wohnsitz gewählt haben. Denn wie wollen sich solch radikale Jugendliche hier integrieren, eine Lehrstelle finden oder später einmal wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen, wenn sie die hier herrschenden Anstandsregeln nicht beachten und die Frauen weder achten wollen, noch sie als ihre Vorgesetzten akzeptieren können? Ich meine, dann sind sie hier einfach am falschen Platz.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Aber auf ihrem 'Mist' alleine ist diese extreme Überzeugung, trotz angeblicher Volljährigkeit, vermutlich ja auch nicht gewachsen. Kein Kind will sich freiwillig so ausgrenzen. Diese Burschen haben bestimmt Unterstützung ihres Vaters erhalten, der teilzeitlich als Imam in einer Basler Moschee arbeitet und scheinbar ein radikales Verständnis des Islam lebt. Diese Moschee soll gemäss Medienberichten einer Stiftung gehören, die mit Geld aus Saudi-Arabien finanziert wird. Dementsprechend sollen dort auch vermehrt extreme Muslime aus dem arabischen Raum verkehren. Von einem der beiden Schüler wird zudem berichtet, dass er möglicherweise mit der Terror-Miliz 'Islamischer Staat' (IS) sympathisiert. </span><br />
<span style="font-size: small;">Solchen Radikalisierungstendenzen ist natürlich entschieden entgegenzutreten und aufkeimende Parallelgesellschaften sind mit allen Mitteln zu verhindern!</span><br />
<span style="font-size: small;">Ich frage mich dabei nur, warum hierzulande nicht auch Moscheen, gleich wie unsere Landeskirchen finanziert werden müssen und nur Imame zugelassen werden, die an einer hiesigen Universität ausgebildet wurden. Auch sollten alle Moscheen, natürlich ihren Gepflogenheiten entsprechend, für jedermann geöffnet sein und es müsste dort zwingend in einer der Landessprachen gepredigt werden, damit auch alle verstehen können, was dort gelehrt wird.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Ich musste als Kind nie einer Lehrerin (oder einem Lehrer) die Hand geben. Nicht einmal Fräulein R. Berger und sie war doch der Inbegriff von Korrektheit, Anstand und dem guten Umgang miteinander. Trotzdem war sie für uns eine Respektsperson, wie alle Lehrer damals. Denn schlussendlich fängt der Respekt im Hirn an, nicht bei der Hand. Wirklichen Respekt muss man sich erschaffen, der kann nicht erzwungen werden.</span><br />
<span style="font-size: small;">Auf der anderen Seite ist die Schule eine staatliche Institution und hat darum, aus meiner Sicht, konfessionell neutral zu sein. In der Schule wie im Staat, sollen die Regeln für alle gelten!</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Klar, das Händeschütteln gehört zu unserer Kultur. </span><br />
<span style="font-size: small;">Heute wird es leider zu oft von der leidigen 'Luftküsserei' verdrängt. Wange an Wange – das mag ich nicht. Das ist mir zu nahe und auch zu viel – besonders hierzulande, wo man inzwischen sogar dreimal muss.</span><br />
<span style="font-size: small;">Da ist mir ein anständiger Händedruck schon lieber, wenn überhaupt. Denn auch den dürfen wir nicht überbewerten. 2008, zur Zeit der Schweinegrippe oder jährlich zur Grippesaison, empfiehlt sogar das Bundesamt für Gesundheit auf das Händeschütteln zu verzichten; ein kleines Nicken würde auch genügen. Da ging es doch auch ohne – vielleicht, weil es zu unserem Wohle war … ?</span><br />
<span style="font-size: small;">Hände sind schmutzig. WC-Türfallen, Automatentastaturen, Treppengeländer, Handgriffe oder Einkaufswagen – die Keime lauern überall und am liebsten werden Infektionen mit den Händen übertragen (zu 80 %). </span><br />
<span style="font-size: small;">Warum also geben wir uns noch immer die Hände? </span><br />
<span style="font-size: small;">Die beliebteste Erklärung ist: Wer die Hand ausstreckt, öffnet seine Deckung, verringert die Distanz und zeigt mit dem minimalen Körperkontakt seine gute Absicht.</span><br />
<span style="font-size: small;">Doch staatstragend oder kulturbewahrend ist das nicht.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Wir könnten doch auch die Nasen aneinanderreiben wie die Inuit. Oder uns tief verneigen, wie das 'Konnichiwa' der Japaner. Auch uns mit einer leichten Verbeugung einfach die Hände vor die Brust halten, wie das Namaste in Indien oder das 'Wai' in Thailand. Das wäre doch eine besonders schöne Begrüssung für eine Lehrerin. Aber eben, bereits diese kleine Verbeugung vor einer Frau, ist für diese beiden fundamentalistischen Jugendlichen scheinbar bereits ein Problem, denn damit müssten sie die Frau ehren und das wollen diese extremen Fundamentalisten eben nicht.</span><br />
<b><span style="font-size: xx-small;">© Copyright by Herr Oter (April 2016)</span></b><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhrCFwT3kg8HLGU83gvhE9zB2stShGArKLeRsDKu84bqDiA1hznoAN3Adg62PyChK84yxyfvlriIADewnA9Q_3rxWKGlJc5_a3m9HGi7HBh0oNoaO21KXwp7xHcTqjWhpLH-U-i/s1600/sculpture-356115_640.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="213" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhrCFwT3kg8HLGU83gvhE9zB2stShGArKLeRsDKu84bqDiA1hznoAN3Adg62PyChK84yxyfvlriIADewnA9Q_3rxWKGlJc5_a3m9HGi7HBh0oNoaO21KXwp7xHcTqjWhpLH-U-i/s320/sculpture-356115_640.jpg" width="320" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;"> © Bild von: <a href="https://pixabay.com/de/users/waldiwkl-119738/">waldiwkl </a> / Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0</a> / by: <a href="http://pixabay.com/">pixabay</a></span></div>
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<span style="font-size: xx-small;">®</span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-22134879011807641232016-04-05T17:02:00.001+02:002016-04-05T17:02:47.276+02:00Der letzte Blumenstrauss<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Der letzte Blumenstrauss</b></span><br />
<br /><span style="font-size: small;"> </span><br />
<span style="font-size: small;">Nun ist er nicht mehr.<br />Das geht nicht ganz spurlos an mir vorbei, denn ich mochte ihn. </span><br />
<span style="font-size: small;">Wir hatten uns gut verstanden - wir zwei 'Kleingewerbler’, wie er oft sagte. Obschon, klein war nur ich, er war grösser. Sein Produktionsbetrieb beschäftigte einige Mitarbeiter mehr.<br />Trotzdem fanden wir immer ein gemeinsames Thema: das 'Geschäften', die Strategien, die Werte, die schwierigen Umstände, das Loslassen und manchmal auch die Ehefrauen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Seine verlor er früh an die Endlichkeit. Vielleicht schwärmte er darum so oft von ihr. </span><br />
<span style="font-size: small;">“Sie war halt eine ganz besonders Gute”, sagte er immer wieder. „En Chrampfchaib, weisch.” Familie, Geschäft, Freunde – alles habe sie unter einen Hut gebracht. Leider habe er das nicht immer genug geschätzt. Zu viel sei er gehässig, gestresst – manchmal auch überfordert und unsicher gewesen. „Wahrscheinlich deswegen war ich auch oft hart und unerbittlich.”<br />Aber es brauche vermutlich gewisse Eigenschaften um grossen Erfolg zu haben, doch die würden dann nicht immer gleichzeitig zu einem toleranten, verständnisvollen Ehemann passen.<br />Ich habe ihn verstanden. Wie so oft waren nur wenige Worte zwischen uns nötig, um ein ganzes Lebensgefühl zu beschreiben.<br /><br />Später heiratete er dann nochmals – eine jüngere, besonders attraktive Blonde. Aber von ihr schwärmte er nie.<br />Ein richtiges Mauerblümchen sei sie damals gewesen, haben mir andere erzählt, schüchtern, gehemmt und mit fast fünfzig immer noch ledig.<br /><br />Im Heim, viele Jahre danach, als ich die beiden kennenlernte, war sie dann genau das Gegenteil. Denn dort hängte sie sich mit der Zeit den Männern an den Hals, liebäugelte mit jedem und später forderte sie sogar Fremde zum Küssen auf. Das war peinlich, doch Schuld war ihre Demenz!<br />Diese Krankheit veränderte die Frau mit siebzig komplett. Manchmal schämte ich mich für sie und er tat mir leid, denn das war nicht mehr die, die sie mal war.<br /><br />Anfangs, so erzählte man mir, hätten sie deswegen oft gestritten, laut, hemmungslos, auch mitten im Speisesaal oder im Café. Manchmal sei er auch grob zu ihr gewesen – ich denke, er verstand sie einfach nicht mehr, besonders in gewissen Momenten. Denn beide hatten Mühe mit der Realität – was ist jetzt, was war mal. Manchmal vermischt sich alles und dann hat man vieles nicht mehr unter Kontrolle, auch sein eigenes Tun nicht einmal mehr.<br /><br />Später haben ihn ihre Ausfälligkeiten scheinbar kalt gelassen, wenigstens liess er sich nichts mehr anmerken. Teilnahmslos schaute er ihr beim unermüdlichen Tanzen zu, ihre Schäkereien mit anderen ignorierte er einfach oder spülte sie mit einem Schluck Wein runter. Interessierte seine Frau ihn überhaupt noch? Denn langsam war er in sich versunken, ins Früher, ins Desinteresse und in die Teilnahmslosigkeit.<br /><br />Irgendwann waren beide stiller geworden, sie kam in den Rollstuhl, ihn sah man immer weniger.<br /><br />Dann, vor zehn Tagen, musste sie ins Spital. Nichts Ernstes. Er hatte es ruhig hingenommen. Nach einigen Tagen würde sie ja zurückgebracht.<br /><br />Doch plötzlich blühte er dann auf und ging geschäftig umher.<br />Ein schöner Empfang für die Rückkehr seine Frau müsse es werden: Seine Kinder würden da sein, die wenigen Freunde von früher würden am Tisch sitzen und für alle habe er ihr Lieblingsessen bestellt.<br />Das Fest wurde dann genau so, eindrücklich und fröhlich. Er, gekleidet wie schon lange nicht mehr.<br />Irgendwann wurde vom Gärtner ein riesiger Blumenstrauss geliefert. Er nahm ihn am Eingang persönlich in Empfang und brachte ihn ihr an den Tisch. Sie küssten sich innig. „Du bist ein ganz Lieber”, flüsterte sie ihm zu und streichelte zärtlich über seine Wange. Beide strahlten sich an, als wäre es nie anderes gewesen.<br />Er war sichtlich stolz, der grosse „Gwerbler” hatte noch einmal alles gegeben – für seine geliebte Frau. Alles war gut!<br /><br />Am Abend musste er dann notfallmässig ins Krankenhaus und kam nie mehr zurück.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">:)</span></span><br />
<span style="font-size: small;"></span><br />
<span style="font-size: small;"></span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-57058472443618171362016-03-11T21:52:00.000+01:002016-03-11T21:52:30.519+01:00Berti - siehst du?<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Berti - siehst du?</b></span><br />
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<br />
<span style="font-size: small;">Berti ist bescheiden aufgewachsen.<br />Ein abgelegenes 'Heimetli', mehr Kinder als Kühe und viel harte Arbeit, das war ihre Jugend. Die Hänge waren stotzig, Maschinen zu teuer und darum die Arbeitstage im Sommer sehr lang. Da blieb nicht viel Freizeit. Aber alles hat man gemeinsam gemacht – gearbeitet, gesungen, gebetet. <br />„Ich hatte eine zufriedene Kindheit, auch wenn wir arm waren. Das Nötigste war doch immer da und die Wärme dieser grossen Familie war mit nichts nicht zu ersetzen.“<br /><br />Schwierig wurde es erst später. <br />Der Ehemann taugte nichts, er arbeitete nicht gerne. Lieber prahlte er in der 'Beiz' und vergnügte sich oft mit anderen Frauen. In dieser Zeit war auch das Geld richtig knapp. Manchmal reichte es nicht einmal für das Notwendigste.<br />„In dieser Zeit habe ich nachts oft geweint.“ <br />Denn nun war Berti nicht nur arm, jetzt war sie auch noch einsam. Die Wärme fehlte ihr, nicht nur in der Stube.<br />Mit Flick- und Handarbeit hat sie versucht die finanziellen Löcher zu stopfen und die drei Kinder zu sättigen. „Ich habe sie so gut es ging versorgt, aber gedankt haben sie es mir nicht.“<br />Bis heute hat sie kaum Besuch von ihrer Familie. „Vielleicht schämen sie sich ihrer Herkunft“, mutmasst Berti und ein Schatten huscht über ihre wachen Augen. Obschon, alle drei konnten etwas lernen und hatten später Erfolg. „Keiner ist auf die schiefe Bahn geraten“, betont Berti mit erhobenem Zeigefinger. Das ist ihr wichtig und ihre Augen strahlen wieder.<br />Hier im Altersheim geniesst sie den Aufenthalt, wie kaum jemand. <br />„Das schöne, sonnige Zimmer, reichlich feines Essen und die liebevolle Pflege – so gut wie hier, ging es mir selten.“ <br /><br />Berti ist bescheiden geblieben. <br />Sie will niemandem zur Last fallen, auch finanziell nicht. Darum pflegt sie sich möglichst selber. Katzenwäsche am Waschbecken, Haarwäsche beim wöchentlichen Duschen und ganz selten ein Bad. Ein Nagelknipser genügt ihr für die Fuss- und Handpflege und Haareschneiden nur durch das Pflegepersonal. Das kostet weniger als ein Besuch bei der Coiffeuse. So ist sie es sich gewohnt und das will sie auch nicht mehr ändern. Ihre Kleidung ist einfach und Schmuck braucht diese Frau keinen. Sie strahlt von innen.<br /><br />Dann, vor drei Wochen musste Berti ins Spital. <br />Ein einfacher, operativer Eingriff, wie es hiess. Eine Vollnarkose brauchte es trotzdem. Berti beunruhigte der Spitalbesuch offensichtlich wenig. „Aba!“, mit einer verneinenden Kopfbewegung und einem energischen Wisch, kehrte sie ihn unter den Tisch. Alles wie üblich und schnell noch ein kleines Köfferchen gepackt.<br />Einige Tage später ist sie munter wieder im Heim. „Siehst du …?“, sagte sie schelmisch zur Begrüssung.<br /><br />Doch kurz darauf der Bescheid: <br />Eine kleine Nachoperation war nötig. Nichts grosses, aber nochmals unter Vollnarkose.<br />Nun war es mit Bertis Gelassenheit vorbei. Sorgen türmten sich jetzt plötzlich vor ihr auf. Da nützte kein Wisch und kein gutes Zureden. Denn Berti war jetzt felsenfest davon überzeugt, dass sie eine zweite Narkose nicht überleben würde. Das musste ihr Todesurteil sein. Darauf galt es sich vorzubereiten!<br />Ein neues Nachthemd und frische Unterwäsche musste sofort gekauft werden. Auch das schlichte graue Kleid, das schon immer für den Todesfall im Kasten hing, musste man jetzt aufbügeln. Bei der Coiffeuse wurde ein Termin abgemacht – schneiden, waschen, legen. Dazu Fuss- und Handpflege – Maniküre und Pediküre mit Lack. Auch wollte Berti am Vortag baden und am Eintrittstag musste es eine professionelle Morgentoilette sein. Für den Ernstfall war Berti nichts zu teuer.<br />Von jedem einzeln hat sie sich verabschiedet und sich für die schöne Zeit im Heim herzlich bedankt.<br /><br />Gestern ist Berti gut gelaunt wieder im Altersheim eingetroffen – im schlichten, grauen Kleid adrett gekleidet, aber sonst bescheiden wie immer.<br />„Siehst du ...?“, sagte ich und hielt ihre Hand etwas länger.</span><br />
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">:)</span> </span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-3614886826365503582016-01-05T19:25:00.000+01:002016-01-06T10:34:40.075+01:00Ist ein Marder Schuld an vier Morden?<br />
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<b><span style="font-size: large;">Ist ein Marder Schuld an vier Morden?</span></b><br />
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<span style="font-size: small;">Im Juni 2015 zersplittert eine Wohnzimmerscheibe in einem Dorf im Aargau. Der Grund war ein Querschläger aus der Schrotflinte eines Jagdaufsehers, der von der Polizei den Auftrag hatte, einen Marder von seinem Leiden zu erlösen. Etwa 100 Schrotkugeln durchdrangen den Storen. Zum Glück war der Mieter der Parterrewohnung, ein 19-jähriger Mann, nicht Zuhause und es kam niemand zu Schaden. </span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Sein herbeigeeilte Vater und der junge Mieter erhoben im regionalen TV-Sender jedoch schwere Vorwürfe gegen den Jäger: «Wäre ich da gewesen und hätte die Wäsche vor dem Fenster abgenommen, wäre es nicht so gut herausgekommen.» </span><br />
<span style="font-size: small;">Gegen den Jäger, läuft ein Verfahren wegen des Fehlschusses. </span><br />
<span style="font-size: small;">Den Schaden wird die Versicherung des Jägers inzwischen bezahlt haben – unklar bleibt, ob sich der Jäger und der Geschädigte mit seinem Vater, inzwischen über den Umfang der Entschuldigung einigen konnten.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Ein alltäglicher Fall, der in den <a href="http://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Jaeger-schiesst-auf-Marder---und-trifft-Fenster-13481715">regionalen Ausgaben der Medien</a> zum Teil erwähnt wurde; bei der grössten Tageszeitung der Schweiz (Blick) fand ich ihn online nicht.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
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<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;">≈≈≈≈≈≈≈≈</span></div>
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Ein ganz anderes Verbrechen erschüttert sechs Monate später die ganze Schweiz.</span><br />
<span style="font-size: small;">In einer anderen Aargauer Gemeinde (ca. 5 km entfernt) findet die Polizei am 21. Dezember nach einem Hausbrand vier Leichen. Die Mutter mit ihren zwei jugendlichen Söhnen und die Freundin des Älteren wurden vor dem Brand erstochen, nachdem die 48-jährige Mutter zuvor eine unbekannte Menge Geld auf der Bank abgehoben hat.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Ein besonders brutaler und schockierender Fall über den alle <a href="http://bazonline.ch/Panorama/dossier2.html?dossier_id=3176">Medien</a> seit zwei Wochen fast täglich berichten, obschon die Ermittlungsbehörden absolut keine Erkenntnisse weitergeben. <a href="http://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/toetungsdelikt-rupperswil-wir-wissen-mehr-als-wir-sagen">Scheinbar wissen sie mehr als sie sagen </a>…. - oder <a href="http://www.nzz.ch/panorama/ungluecksfaelle-und-verbrechen/vierfachmord-hinweise-im-fall-rupperswil-werden-geprueft-1.18668757">tappen noch im Dunklen</a> … Jedenfalls wird in gewissen Medien wild über den rätselhaften vierfachen Mord spekuliert, kombiniert und manchmal Haarsträubendes an den Haaren herbeigezogen um die Gazetten zu füllen. </span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
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<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;">≈≈≈≈≈</span></div>
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Ein Beispiel:</span><br />
<span style="font-size: small;">Die beiden oben geschilderten Fälle haben aus meiner Sicht gar nichts miteinander zu tun.</span><br />
<span style="font-size: small;">Oder doch? Der 'Blick' jedenfalls hat einen Zusammenhang gefunden:</span><br />
<span style="font-size: small;">Der Vater des Wohnungsmieters im ersten Fall soll der Freund der getöteten Mutter im zweiten Fall sein. Das ist der einzige, äusserst schwache Bezug der beiden Geschehnisse.</span><br />
<span style="font-size: small;">Nichtsdestotrotz titelt der 'Blick' heute in seiner online Ausgabe knallig:</span><br />
<br />
<span style="font-size: small;"><b>Rätsel-Morde von Rupperswil </b></span><br />
<span style="font-size: small;"><a href="http://www.blick.ch/news/schweiz/raetsel-morde-von-rupperswil-hat-dieser-tv-auftritt-etwas-mit-der-tat-zu-tun-id4521522.html?ref=livemonitor"><b>Hat dieser TV-Auftritt etwas mit der Tat zu tun? </b></a></span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Daraufhin wird die ganze <a href="http://www.blick.ch/news/schweiz/raetsel-morde-von-rupperswil-hat-dieser-tv-auftritt-etwas-mit-der-tat-zu-tun-id4521522.html?ref=livemonitor">Geschichte</a> vom vergangenen Juni nochmals aufgewärmt. Keine aktuelle Erkenntnisse, keine neuen Fakten – alle damals Beteiligten geben nicht mehr Auskunft zu dieser alten, lauen Geschichte. </span><br />
<span style="font-size: small;">Trotzdem füllt das Boulevardblatt mit einem der abscheulichsten Mordtaten der letzten Jahre und einem nun schweizweit bekannten Dorfnamen, sowie einem reisserischen Titel schändlich seine Zeitungsspalten und lockt damit Leser auf seine Webseite. Gut für die Auflage, resp. die 'Klicks' – gut für die Inserenten, noch besser für die Kasse des Herausgeber!</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;">Aber die Frage nach dem Zusammenhang der beiden Geschichten bleibt weiterhin offen? </span><br />
<span style="font-size: small;">- Warum hat der TV-Auftritt von Vater und Sohn «indirekt» etwas mit dem ungelösten Vierfach-Mord zu tun?</span><br />
<span style="font-size: small;">- Was verbindet eine harmlose Meldung über eine zerbrochene Fensterscheibe mit dem grausamen Verbrechen an einer vierköpfigen Familie?</span><br />
<span style="font-size: small;">- Was hat der Jagdaufseher mit dem abscheulichen Verbrechen zu tun?</span><br />
<span style="font-size: small;">- Ist der Sohn beteiligt? Der Vater ist es sicher nicht, das wurde bestimmt längst überprüft.</span><br />
<br />
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;">Oder – ist gar der arme tote </span></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: small;"><b>Marder Schuld an den an vier Morden? </b></span></div>
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<div class="separator" style="clear: both; text-align: center;">
<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiojUUsw4nPFwN2Clz6LVGGGprHpNFLd7eMFNyhq3-iOQxxh6I_TG5Ye59H0Hk1KKHBMwH2Uljkju1YfqIGGwFuZDmeSD3Gpy-8sWK7_55xJNo7Ng-q21IgRALfzjZKgA1AgdEq/s1600/2016+01+05+Marder.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="294" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiojUUsw4nPFwN2Clz6LVGGGprHpNFLd7eMFNyhq3-iOQxxh6I_TG5Ye59H0Hk1KKHBMwH2Uljkju1YfqIGGwFuZDmeSD3Gpy-8sWK7_55xJNo7Ng-q21IgRALfzjZKgA1AgdEq/s320/2016+01+05+Marder.jpg" width="320" /></a></div>
<div style="text-align: center;">
<span style="font-size: xx-small;"><b> </b>© Bild von: <a href="https://pixabay.com/de/nerz-jung-baby-portr%C3%A4t-gesicht-934581/">skeeze </a>Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0 </a>by: <a href="http://pixabay.com/">pixabay</a> </span></div>
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: xx-small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">.</span></span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-62032821555493202842015-12-25T08:00:00.000+01:002016-12-21T18:38:01.359+01:00Heiligabend am Waldrand<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Heiligabend am Waldrand</b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Ich stehe am Fenster unserer warmen Stube und schaue von oben dem emsigen Treiben auf der verschneiten Dorfstrasse zu. Schmal schlängelt sie sich zwischen den dicken Hausmauern unseres kleinen Bergdorfes hindurch. Durch den vielen zusammengestossenen Neuschnee ist sie noch etwas schmaler geworden. Jetzt, am späteren Nachmittag vor Heiligabend, ist sie aussergewöhnlich bevölkert. Denn die Ferienhäuser der neuen Siedlung am Dorfrand sind alle belebt und auch das kleine Hotel ist über die Festtage jeweils restlos ausgebucht.<br />Darum herrscht überall Hochbetrieb; so auch im kleinen, aber gut sortierten Laden in der Dorfmitte oder bei der rundlichen Bäckersfrau mit dem knusperigen Holzofenbrot. Und natürlich auch beim alten Flurin, der zwar seinen siebzigsten Geburtstag schon einige Jahre hinter sich hat – seine Metzgerei aber nicht aufgeben mag, weil er keinen Nachfolger findet.<br />„Wo sollen denn die Leute meine feinen Würste kaufen, wenn es keine Metzgerei mehr gibt“, pflegt er jeweils mit einem Schmunzeln zu sagen.<br /><br />Die abendliche Dämmerung nimmt zunehmend von der Strasse Besitz, auch wenn sich das kalte Weiss dagegen wehren möchte. Zum Glück spenden inzwischen die wenigen Strassenlaternen zusätzlich ein spärliches, aber irgendwie tröstliches Licht. Dem Tourismus zum Trotz, hat man hier vernünftigerweise auf eine kitschige Weihnachtsbeleuchtung verzichtet – der Weitsicht des alten Flurin sind die meisten heute noch dankbar.<br /><br />Ein wohliges Gefühl hat sich in mir breit gemacht. So etwas wie Weihnachtsstimmung, wer hätte das vor wenigen Jahren gedacht. Wir sind erst vor drei Jahren, nachdem ich das Geschäft meinem Sohn übergeben konnte, in dieses Haus meiner Eltern eingezogen. Ein schmales, aber solides Häuschen, das vor mehr als zweihundert Jahren ebenfalls mit Weitsicht gebaut wurde. Denn es soll Generationen beherbergen. In diesem Haus fühle ich mich wieder richtig daheim.<br />Ich mag das einfache Leben in diesem Bergdorf. Ich bin glücklich, weit ab von der Stadt und vom Geschäft zu sein. Mein Sohn macht das gut, da lass ich ihm freie Hand, ich bin froh, habe ich hier meine Ruhe. Nun geht es ihm, wie es Jahrzehnte lang mir gegangen ist. Weihnachten findet an einem kurzen Abend statt und kaum ist man aus dem Büro, sitzt man schon wieder drin. Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe und freue mich auf die gemütlichen zwei Abende in unserem Häuschen auf dem Maiensäss.<br /><br />Plötzlich erklingt von der Strasse herauf, das Weihnachtslied “Stille Nacht, heilige Nacht”. Ich erkenne es an der Melodie - dem dünnen Gesang einer Frauenstimme, begleitet von den hohen Tönen einer Flöte. Die Worte sind hier oben im dritten Stock durch die dicken Fensterscheiben nicht zu verstehen.<br />Zuerst meine ich, das Lied komme aus einem Musikgerät, doch zu laienhaft ist der Gesang und auch die Flöte trifft nicht immer jeden Ton ganz genau. Ich öffne das Fenster um besser sehen und hören zu können. Ein scharfer, kalter Wind bläst mir sofort ins Gesicht. Meine Augen suchen die gegenüberliegende Strassenseite ab und entdecken unweit rechts, zwei nahe zusammenstehende Gestalten. Das leichte Wippen ihrer dunklen Umhänge lässt darauf schliessen, dass die weihnachtliche Musik von ihnen stammt. Meine Augen gewöhnen sich rasch an die Dunkelheit und ich erkenne eine ärmlich gekleidete Frau, die sich zum Schutz gegen die Kälte ein wollenes Tuch um den Kopf gewunden hat. Ihr dünner Umhang ist vor der Brust stark gewölbt, als ob sie einen Sack oder eine Umhängetasche darunter tragen würde.</span><br />
<br />
<span style="font-size: small;">Neben ihr steht ein Mann.<br />Er wirkte noch recht jung und hat sich eine schwarze Pudelmütze über den Kopf gezogen. Seine übrige Kleidung scheint keinen besonderen Schutz gegen die eisige Kälte zu bieten. Er spielt mit klammen Fingern auf einer einfachen, kurzen Hirtenflöte. Kein Wunder, dass er nicht jeden Ton sauber trifft. Hinter ihnen scheint eine Art Reisetasche an der Hauswand zu liegen.<br />Vor ihnen entdecke ich nun auch einen kleinen Pappkarton, der auf der Strasse liegt – bereit, gespendete Münzen entgegenzunehmen. Ich beuge mich etwas vor und sehe, dass ausser drei, vier Kindern, die an unserer Hauswand lehnen, niemand den beiden zuhört. Alle haben keine Zeit, sind gestresst durch die bevorstehenden Festtage und den damit verbundenen grossen Erwartungen.<br /><br />Mir scheint, als hätte die Frau soeben kurz zu mir hinaufgeschaut.<br />Mich fröstelt und so schliesse ich schnell wieder das Fenster. Dann lösche ich das Licht im Wohnzimmer, damit ich die beiden besser beobachten kann. Nimmt mich doch Wunder, wie viel Umsatz so eine kleine Schachtel auf dem Boden einbringen kann.<br />Doch niemand wirft etwas hinein. Alle hasten vorbei. Kaum jemand hebt einmal den Kopf, denn jetzt hat es auch noch zu schneien begonnen. Alle starren sie auf den Boden und stolpern manchmal trotzdem beinahe über die Schachtel. Ein ärgerliches Hindernis im Fluss der Weihnachtshektik.</span><br />
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<span style="font-size: small;">Immer wieder blickt die Frau nach oben.<br />Ich vermute, dass sie mich vielleicht sehen kann. Beschämt ziehe ich die Vorhänge zu, bleibe aber wie gebannt vor dem Fenster stehen. Inzwischen singt sie bereits das dritte Weihnachtslied: 'Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!'<br />Aber niemand öffnet sein Fenster oder kommt aus dem Haus, um der frierenden Strassensängerin ein Almosen zu geben oder sie in die Wärme einzuladen.<br />Die persönliche Wichtigkeit, die eigenen vermeintlichen Sorgen und die geschäftige Heftigkeit haben die Menschen abgestumpft für die Not ihrer Mitmenschen. Niemand erbarmt sich der beiden Armen dort unten in der Kälte.<br />Vielleicht stehen noch andere, so wie ich, verborgen hinter Vorhängen auf der warmen Seite am Fenster und denken: ‘Sollen doch die dort unten, die Vorbeigehenden, etwas geben. Die Schachtel steht ja vor ihnen.’<br /><br />Mir scheint, dass die Frauenstimme immer lauter und eindringlicher klingt und, dass die Flöte immer schriller in mein warmes Wohnzimmer dringt. Und immer wieder schaut diese Frau zu unserem Fenster hinauf – mir wäre lieber sie würde endlich aufhören zu singen und gehen. Sollen sie doch einsehen, dass hier, in unserem friedlichen Bergdorf nichts zu holen ist. Sollen sie doch in die Städte gehen und dort betteln, nicht hier in unserer heilen Welt.<br /><br />Doch unermüdlich singt die Frau weiter und nun stimmt auch der Mann noch mit ein:<br />'Oh du fröhliche, oh du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit'.<br />Viel zu laut, die Männerstimme! Brüchig, rau, fast etwas trotzig, wie mir scheint. Wie viel schöner war es doch, als nur die Frauenstimme gesungen hat und er dafür in die Flöte blies.<br />Ich wende mich vom Fenster ab, ich habe genug von dem Weihnachtsspektakel da draussen. Was bin ich froh, dass ich mir das Ganze nicht mehr antun muss – haufenweise unnötige Geschenke, wo doch so viele kaum etwas haben. So viele, üppige Festessen, angesichts dieser vielen Hungernden. Nein, damit will ich nichts mehr zu tun haben! Das ist doch reiner Unsinn oder ist es einfach mein schlechtes Gewissen?<br /><br />Ich gehe zur Küche, um zu sehen, ob Madlaina inzwischen alles für die Hütte eingepackt hat. Viel braucht es ja nicht, etwas Gemüse, ein paar Zwiebeln, ein rechtes Stück Speck – Gerste für die Suppe hat es sicher noch oben. Und morgen machen wir ein gemütliches Fondue.<br />Ich bin froh, dass wir punkto Weihnachten gleicher Meinung sind und auch sie sich auf diese zwei gemütlichen Tage ohne Hektik und Stress freut.<br />Die beiden Rucksäcke stehen in der Küche bereit, also höchste Zeit die warmen Winterstiefel anzuziehen.<br /><br />Da klingelt es an der Haustüre.<br />Wer kommt denn jetzt noch, denke ich leicht verärgert und schliesse auf.<br />Da fährt mir der Schreck in alle Glieder!<br />Draussen steht die Frau, die auf der Strasse unten die Weihnachtslieder gesungen hat.<br />Instinktiv will ich die Türe gleich wieder schliessen. Aber die linke Hand, die das tun soll, ist wie gelähmt. Stocksteif stehe ich in der Türe und schaue in zwei sonderbare Augen. Augen wie ich sie noch nie gesehen habe – voller Warmherzigkeit und Güte. Ein Blick, der sofort den Weg in mein Herz findet.<br />Die Frau sagt kein Wort, nur ihre Augen sprechen zu mir. Ich kann meinen Blick nicht abwenden. Mir ist, als sähe ich in eine andere Welt! Ein Garten Eden der vollkommenen Liebe und Harmonie – ja, ich habe ins Paradies gesehen.<br /><br />Ich muss den Blick senken, soviel Sanftmut und Wärme ist kaum zu ertragen. Nun sehe ich auch, was die Frau im leicht zurückgeschlagenen Umhang vor der Brust trägt. Ein Baby in einem Umhängetuch. Das trotz der eisigen Kälte etwas gerötete Köpfchen ruht auf ihrer Brust. Es mag vielleicht ein Jahr alt sein und scheint zu schlafen.<br />Mechanisch wandert meine rechte Hand zur hinteren Hosentasche und zieht den Geldbeutel hervor. Mist, ich habe nur zwei 50er-Noten. Etwas zögerlich trenne ich mich von einer.<br />„Danke“, sagt eine feine Stimme. Ich schaue wieder hoch und erfasse nun das ganze Gesicht. Es ist jung und hübsch, etwas fahl und ziemlich bleich mit blaugefrorenen Lippen. Doch umso faszinierender sind diese warmherzigen Augen.<br />„Danke, danke viel“, stammelt die junge Frau nochmals in gebrochenem Deutsch.</span><br />
<span style="font-size: small;">Nun scheint der Bann gebrochen und ich schliesse ohne ein Wort schnell die Türe. Mein Herzschlag hat sich erhöht, ich muss mich kurz am Türrahmen festhalten. Ich frage mich, warum ich mich etwas schäme.<br /><br />„Wer war es“, ruft Madlaina aus dem Schlafzimmer. Ich atme tief durch:<br />„Eine Bettlerin!“ sage ich mit möglichst gleichgültiger Stimme.<br />„Ach, haben wir die nun auch schon da oben bei uns? Die nutzen doch einfach die Freigiebigkeit der Menschen in der Weihnachtszeit aus. Hast Du etwas gegeben?“<br />„Ja, ein wenig“, gebe ich zur Antwort und wundere mich gleichzeitig, dass ich etwas gegeben habe. Vielleicht liegt es doch am heutigen Tag.</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhhjXmOIGtECtVc6kBAfnrzzS5agTJAs99gjLgaYEpouJiGYzcvIZ3mP3iB6n9T7I0DOEncQC0JWUU3_lRJH8Lq96o6BMyCFO3RXHueqltqhERE6oPaeAH0FU50q5nn72HJCqPp/s1600/winter-208847_640.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="240" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhhjXmOIGtECtVc6kBAfnrzzS5agTJAs99gjLgaYEpouJiGYzcvIZ3mP3iB6n9T7I0DOEncQC0JWUU3_lRJH8Lq96o6BMyCFO3RXHueqltqhERE6oPaeAH0FU50q5nn72HJCqPp/s320/winter-208847_640.jpg" width="320" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;"> © Bild von: <a href="https://pixabay.com/de/winter-saison-schnee-k%C3%A4lte-208847/">werner22brigitte</a> / Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0 </a> / by: <a href="http://pixabay.com/">pixabay </a></span></div>
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<span style="font-size: small;"><br />Wenig später waten wir mit den Stöcken durch den kniehohen Neuschnee dem oberen Waldrand entgegen. Der Schneefall hat inzwischen aufgehört und die Wolken haben dem Sternenhimmel Platz gemacht. Das Häuschen liegt wenig unterhalb der kaum noch befahrenen alten Passtrasse, die nach Italien führt. Auch wenn das 'Maiensäss' bequem mit dem Auto erreichbar wäre, gehen wir doch meistens zu Fuss hinauf. Die Wegstrecke von gut einer Stunde ist zu jeder Jahreszeit einfach faszinierend. Besonders auch in einer dunklen Winternacht mit Vollmond ist die Aussicht auf das Dörfchen im Tal unten besonders anmutig.<br /><br />Ich habe das gemütlich ausgebaute Bauernhaus vor Jahren von meinen Eltern geerbt, es immer gut im Schuss gehalten; doch erst in den letzten Jahren so richtig schätzen gelernt. Seit der Pensionierung verbringen wir immer öfter Zeit hier oben, weit ab von der Zivilisation. Wir lieben das gesunde, einfache Leben in der Natur immer mehr. Die saubere Luft, das frische Wasser, die Ruhe und die grandiose Aussicht in die Bergwelt ist durch nichts zu ersetzen.<br />Im Sommer haben wir im ehemaligen, kleinen Schafstall neben dem Haus tüchtig Brennholz aus unserem Waldstück aufgefüllt und schon bald wird ein gemütliches Feuer im Herd uns eine herrliche Gerstensuppe bescheren und der unvergleichliche Duft, der im Ofenrohr schmorenden Bratäpfel wird durch das ganze Häuschen ziehen. Zufriedenheit mischte sich mit gemütlicher Behaglichkeit und diese wahrhaftige Feststimmung brauchte keine weiteren Geschenke. Heiligabend, wie ich es mir schon immer insgeheim gewünscht habe.<br /><br />Bereits haben wir das dunkle, untere Waldstück hinter uns gelassen und stehen nun vor der weiten, weissen Fläche des oberen Maiensässes. Bereits meine Grosseltern haben die Matten verkauft, nur die beiden Gebäude dort oben, haben sie behalten. Zum Glück, so etwas wäre heute unbezahlbar. Das Weiss des Schnees reflektiert das Vollmondlicht und es ist fast taghell. Ich schaue den Hang hinauf. Wie unheimliche, riesige Schatten stehen die hohen Tannen oben an der Gebirgsstrasse. Darunter duckt sich unser Häuschen an den Waldrand, als ob es dort Schutz suchen würde. Daneben, der ehemalige Stall, der nebst dem Brennholz auch Platz für eine kleine Werkstatt bietet. Das ist mein kleines persönliches Reich, in dem ich mich im Sommer stundenlang beschäftigen kann.<br />In einer Viertelstunde sind wir oben.<br /><br />Mir ist, als ob ich gerade eine flüchtige Bewegung neben dem kleinen Stall gesehen hätte, aber das ist unmöglich. Niemand kommt hierher, sowieso nicht im Winter. Zudem hinterlassen wir beide gerade die ersten Spuren im unberührten Neuschnee der grossen Waldlichtung.<br />Und doch, je näher wir uns unserem kleinen Paradies nähern, desto mehr habe ich das Gefühl, als ob etwas nicht wie gewöhnlich ist.<br />Kleine helle Punkte an der Holzwand des Schopfes werden sichtbar. Glühwürmchen im Winter? Nein, Licht das durch die feinen Ritzen dringt.<br /><br />„Madlaina, schau mal“, sage ich. „Ist da jemand im Holzschopf?“<br />Ich nehme die beiden Gehstöcke etwas fester in die Hand.<br /><br />„Hallo, ist das jemand“, rufe ich, sobald wir die kurze, ebene Fläche vor den beiden Gebäuden betreten. Sofort verschwinden die Lichtpunkte an der Hüttenwand. Nichts rührt sich. Mit dem ausgestreckten linken Arm bedeute ich Madlaina, dass sie zurückbleiben soll, während ich den gewichtigen Rucksack in den Schnee gleiten lasse und die Taschenlampe aus der Jacke ziehe. Langsam gehe ich auf die Stalltüre zu, den einen Wanderstock wie eine Stichwaffe vor mich herhaltend.<br />Nochmals rufe ich „Hallo“, nicht zuletzt um mir mit meiner eigenen Stimme etwas Mut zu machen. Nun ist ein leises Wimmern zu hören.<br /><br />Nur zögernd öffne ich die Türe, jederzeit gewahr, dass ein Tier oder gar ein Ungeheuer herausschiessen könnte. Mit der starken Taschenlampe zünde ich ins Innere. Zwei Menschen mit angstvoll aufgerissenen Augen starren mich an und ich erblickte die gleichen Augen, die mich auch schon am Nachmittag in ihren Bann gezogen hatten. Da sitzt starr vor Schreck die Bettlerin mit ihrem Mann am alten Holztisch. Die beiden halten schützend einen Arm vor das Gesicht, weil meine Taschenlampe sie blendet. Ich senke den Lichtstrahl zum Tisch. Dort liegt mein alter Militärmantel und darin vermute ich das Baby. Instinktiv ergreift die Frau das Bündel und drückt es an sich.<br />Der Mann steht auf und stellt sich mit einem dicken Stock in der Hand, schützend neben seine Frau.<br />Dieses Bild erfasst sofort mein Herz.<br />Wie Josef und Maria im Stall!</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi8UNEXgnmZ92ChgUp6KDhETH5Cche_DD64IvRWSR2OWoUdmGoNrXxHepfLFO_cqBW0n037yavIUZHkcqpuqMEHrz3yzUiwvsH9bDInUKLROCGLZNYlkG_zuSPyg6NLTgn0mpE0/s1600/merry-christmas-590226_640.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="285" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi8UNEXgnmZ92ChgUp6KDhETH5Cche_DD64IvRWSR2OWoUdmGoNrXxHepfLFO_cqBW0n037yavIUZHkcqpuqMEHrz3yzUiwvsH9bDInUKLROCGLZNYlkG_zuSPyg6NLTgn0mpE0/s320/merry-christmas-590226_640.jpg" width="320" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;"> © Bild von: <a href="https://pixabay.com/de/frohe-weihnachten-weihnachtskrippe-590226/">683440</a> / Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0</a> / by: <a href="http://pixabay.com/">pixabay</a> </span></div>
<span style="font-size: small;"><br />Hinter mir spüre ich Madlaina, die nun ebenfalls unter der Türe steht.<br />„Oh, Hallo“, sagt sie mit ruhiger Stimme und macht einen Schritt vorwärts. Ihre Anwesenheit löst sofort die Spannung und macht einer gespannten Aufmerksamkeit Platz.<br />„Hallo, wer sind sie?“ fragt Madlaina mit sanfter Stimmung.<br />„Die Bettlerin“, raune ich ihr zu und ziehe meine Mütze vom Gesicht.<br />Sofort entspannt sich das Gesicht der jungen Frau, was auf ein Wiedererkennen schliessen lässt. Schnell flüstert sie einige unverständliche Worte zu ihrem Mann, worauf er sich ermattet wieder auf die Bank setzt.<br />Madlaina geht zu der Frau hin, legt einen Arm um Ihre Schultern und deutet auf meinen grünen Filzmantel:<br />„Baby“?<br />Die junge Frau nickt und ein Lächeln huscht über ihr Gesicht.<br />„Kommen sie“, sanft schiebt Madlaina die beiden in Richtung Türe.<br /><br />Der junge Mann beobachtet mich weiterhin misstrauisch.<br />„Hallo, ich bin Andri.“<br />Mit ausgestrecktem Arm bewege ich mich auf ihn zu. Er steht sofort auf, streckt mir seine Hand entgegen und stammelt etwas, das sich wie Farid anhört.<br />„Sprechen sie Deutsch, Englisch, Italien?“ frage ich.<br />„Yes, Englisch…..“, sagt mein Gegenüber.<br />„Ok, let us also go into the house – to the women. But first, I need some firewood.<br />Hilfsbereit hilft der junge Mann mit, gespaltenes Holz in einen Weidenkorb zu legen.<br />Ich versorge noch schnell unsere Wanderstöcke. Während ich die beiden Rucksäcke schultere, hebt der Fremde den schweren Korb hoch, um ihn ins Haus zu tragen,.<br />Dann wirft er einen Blick auf die kleine Reisetasche, die noch auf der Bank steht.<br />„That's OK“, sage ich und mache eine beschwichtigende Handbewegung, dass er sie dort stehen lassen soll. Auch ein weisser Plastiksack und eine ausgeblasene, dicke Kerze bleiben auf dem Tisch zurück.<br /><br />Im Haus brennt bereits ein kräftiges Feuer im Herd und wärmt langsam den Wohnraum. Die fremde Frau sitzt auf dem Sofa und hält sich das Baby unter ihrem Umhang an die Brust. Farid setzt sich neben sie.<br />„Nun wollen wir erst einmal die Gerstensuppe zum Kochen bringen.“<br />Madlaina hat bereits Zuhause das Gemüse und die Zwiebeln kleingemacht und schon bald wird ein herrlicher Duft die Küche durchziehen.<br />„Hungry?“ frage ich und die beiden nicken heftig.<br /><br />Jetzt steht Farid auf und geht aus dem Haus. Bald kommt er mit dem weissen Plastiksack von der Bäckerei im Dorf zurück und packt ein grosses, knusperiges Brot und eine dicke Wurst aus.<br />Geld konnten die beiden mit ihrem Gesang kaum sammeln, es reichte gerade mal für ein paar Kerzen. Aber wenigstens der alte Flurin hatte mit ihnen Mitleid und kam mit der grossen Wurst aus dem Laden. Schnell hatte er die Bäckersfrau davon überzeugt, dass auch zur besten Wurst, viel Brot gehört.<br /><br />Mit einer einladenden Handbewegung und einem „Please“ zeigt Farid nun an, dass er uns zum Mitessen einladen möchte. Und weil die Suppe schon noch eine Stunde auf dem Holzherd köcheln sollte, stillen wir gerne inzwischen den ersten Hunger mit Wurst und Brot.<br />So sitzen wir schon bald zu viert um den Tisch. Die kleine Myriam liegt gut versorgt in unserem grossen Bett und schläft.<br /><br />Die anfängliche Scheu legt sich schnell.<br />Wir erfahren von einem grässlichen Krieg im Heimatland, von einer beschwerlichen Flucht voller Entbehrungen, die bereits über anderthalb Jahre dauert. Von Gefängnis und Geiselnahme, von Schutz-, Schmier- und Schleppergeldern und einer schier endlosen Aneinanderreihung von widerlichsten Umständen.<br />Aber sie erlebten auch Schönes: Die Geburt ihrer Tochter vor zehn Monaten; den Unterschlupf, den sie in den ersten drei Monaten danach bei einer wildfremden, einfachen Familie fanden und immer wieder Solidarität von herzensguten Menschen.<br /><br />Der letzte Schlepper hat sie dann für viel Geld auf der Passstrasse soweit gefahren, wie es der Neuschnee zuliess. Nachdem er mit dem ausgestreckten Arm auf das verlassene Zollhäuschen hoch oben auf dem Berggrat gezeigt hatte, ist er schnell verschwunden und hat sie alleine zurückgelassen. Zu Fuss haben sich die Beiden auf der tiefverschneiten Passtrasse über die Grenze gekämpft und sind dabei auf unser Häuschen gestossen. Weil der alte Stall unverschlossen war, suchten sie dort gestern Abend Unterschlupf. Aber die Kleine bekam hohes Fieber und so wagten sie sich heute in unser Dorf. Mit meinen fünfzig Franken bezahlten sie die Medikamente, für unseren längst pensionierten Doktor reichte das Geld jedoch nicht mehr. Zum Glück hatte er grosszügig auf sein Honorar verzichtet. Wie es nun weiter gehen soll, das wissen sie nicht.<br /><br />Wir reden noch lange, bis weit nach Mitternacht. Nahla ist irgendwann auf dem Sofa eingeschlafen. Doch Farid scheint froh zu sein, endlich einmal jemandem sein Schicksal erzählen zu können; ich glaube er vertraut uns.<br /><br />Wir beschliessen, den beiden unser Bett zu überlassen, damit die Kleine nicht geweckt werden muss. Madlaina und ich schlafen auf den Etagenbetten im Zimmer nebenan. Morgen werden wir ins Dorf hinunter gehen um genügend Esswaren, Kleider und Sachen für das Baby zu holen, damit die junge Familie vorerst einige Tage in unserem Häuschen wohnen kann. Sobald die Festtage vorbei sind, werde ich alles unternehmen, dass sie in unserer Gemeinde wohnen bleiben können. Sie werden die ersten Flüchtlinge im Bergdörfchen sein und es braucht bestimmt viel Überzeugungskraft bei den alteingesessenen Dorfbewohnern. Aber drei Verbündete haben wir bereits, den alten Doktor, die Bäckersfrau und natürlich Flurin – dem alten Metzgermeister vertrauen die Leute.<br />Ich freue mich darauf, etwas Sinnvolles und Nützliches tun zu können, um den Beiden zu helfen.<br />Denn Dank ihnen habe ich zum ersten Mal erfahren, was Heiligabend und Weihnachten wirklich ist.</span><br />
<span style="font-size: x-small;"><b>© Copyright by Herr Oter (Dezember 2015)</b></span><br />
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<span style="font-size: small;"><b>Ich wünsche allen schöne Festtage.</b></span></div>
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<span style="font-size: xx-small;">:) </span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com5tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-5628660754237373772015-12-23T08:00:00.000+01:002015-12-23T13:49:16.542+01:00Der verlorene Weihnachtsstern<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Der verlorene Weihnachtsstern</b></span><br />
<span style="font-size: x-small;">Die vierte und letzte Adventsgeschichte für meine diesjährigen Lesungen<br />im Adventskaffee des Altersheims<br />(Blog-Version)</span> <br />
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<span style="font-size: small;">Lisbeth ist gerade an den letzten Handgriffen am schön geschmückten Christbaum, als sie die gellenden 'Mama-Mama'-Rufe des kleinen Walterli hört. <br /><br />‘Endlich ist er Daheim’, denkt Lisbeth. <br />Ihr Haus liegt etwas ausserhalb des kleinen Land-Städtchens und ihre Kinder haben darum einen recht langen Schulweg. Beim neugierigen Walterli dauert es oft noch etwa länger; denn auf seinem Schulweg gibt es eben immer wieder Neues und Spannendes, das ihn ablenkt. Da muss noch das neue Kälbchen beim Bauern geschaut werden oder er beobachtet die Kaulquappen im kleinen Wehr. Heute soll es eine geheimnisvolle Tierspur im Neuschnee gewesen sein, die er neugierig verfolgt hat, erzählt seine Schwester. Sie sitzt bereits seit einer halben Stunde Zuhause in ihrem Zimmer und packt noch das letzte Weihnachts-Geschenk ein, um es danach draussen im 'Schopf' zu all den anderen in eine grosse Holz-Truhe zu legen. <br /><br />Hanspeter, der Mann von Lisbeth, wird dann später, anstelle des Christkindes, die Weihnachtsgeschenke aus der Truhe unbemerkt ins hintere 'Stübli' bringen bringen und unter den Weihnachtsbaum legen. Lisbeth hat dazu das Fenster nur leicht angelehnt.<br />So macht man das in diesem Haus schon seit Generationen. <br /><br />Nur einmal, Lisbeth ging damals noch nicht zur Schule, ist dabei ein Missgeschick passiert.<br />Schreinermeister Kneubühler, der zufälligerweise auf der Strasse vorbeikam, beobachtete, wie jemand hinter dem Haus durchs Fenster einsteigt. Der aufmerksame Mann meint, Lisbeths Vater sei ein Einbrecher. Er läutet unerschrocken vorne an der Haustüre – die kleine Lisbeth hat dann geöffnet …<br />Schnell war dann der kindliche Glaube, dass das Christkind die Weihnachts-Geschenke bringen würde, verflogen.<br />Auch das bisschen Engelshaar, das man am Abend noch am Weihnachtsbaum gefunden hat, konnte das nicht mehr ändern.<br /><br />Mit einem Lächeln schliesst Lisbeth jetzt schnell die hintere 'Stübli'-Türe.<br />„Mami, Mami, Maaami!“<br />Walterli steht weinend unter der Haustüre.<br />„Was ist denn auch passiert?“ <br />Lisbeth nimmt den Kleinen in den Arm und streicht ihm tröstend über die Haare.<br />„Bist du umgefallen – hast du dir weh getan?“<br />„Der Stern, der Stern, der schöne Weihnachtstern“, schluchzt der Bub und sein schmächtiger Körper wird heftig durchgeschüttelt.<br />„Was ist denn mit dem Stern, was ist passiert?“<br />„Ich habe ihn verloren, meinen schönen Stern, den wir in der Schule gebastelt haben. Irgendwo auf dem Weg habe ich ihn verloren und nicht mehr gefunden. Ich wollte ihn doch dir schenken.“<br />Walterli wird von einem neuen Weinkrampf geschüttelt.<br /><br />Mit der Zeit erfährt Lisbeth, dass Walterli, als er der Tierspur ins Gestrüpp gefolgt ist, den selbstgemachten Weihnachtsstern auf die Bank beim Wehr gelegt hat. Als er zurückkam, war der Stern weg. Er habe noch überall gesucht, jammert der Kleine ganz enttäuscht.<br />„Ich werde ihn nachher auch noch suchen gehen“, tröstet ihn die Mutter. „Ein paar andere Schulbuben werden ihn vielleicht irgendwo versteckt haben, ich werde ihn schon finden. Komm jetzt, zuerst mache ich dir nun eine Tasse heisse Schokolade – du bist ja ganz durchgefroren, sonst wirst du mir noch krank.“<br /><br />Wenig später macht sich Mama auf die Suche. Es hat bereits eingedunkelt, nur der Vollmond spendet etwas Licht. Sie läuft den ganzen Weg dem Fluss entlang zurück, schaut immer wieder hinter die grossen Granitblöcke am Wegrand und unter die verschneiten Büsche .<br />‘Wenn man den Stern nur nicht ins Wasser geworfen hat’, denkt Lisbeth, ’denn dann wäre er nicht mehr zu retten.’ Sie mag sich gar nicht ausdenken, wie enttäuscht ihr Kleiner sein würde, wenn sie ohne seinen Weihnachtsstern nach Hause kommt. <br />Trotz der Sorge um Walterli und der Suche nach dem Weihnachtsstern, geniesst Lisbeth nach der hektischen Vorweihnachtszeit den Fussmarsch durch den Neuschnee. Auch wenn ein recht scharfer, kalter Wind über die Weite der Felder zieht. Aber es ist eine sternenklare Nacht und die Ruhe wird nur von Windgeräuschen und dem beruhigenden Plätschern des Flusses begleitet.<br /><br />Beim Holzwehr schaut sie sich etwas genauer um. Gut sieht sie die kleinen Abdrücke von Walterlis Winterstiefeln im Schnee. Aber weder bei der ersten noch der zweiten Sitzbank, links und recht vom Wehr, findet Lisbeth den Stern. Sie hatte gehofft, dass er durch den Wind vielleicht hinter die Bank oder in das Gebüsch geflogen sein könnte. Aber sie findet nichts.<br /><br />Bei Lisbeth schwindet nun doch die Hoffnung, mit dem verlorenen Weihnachtsstern nach Hause kommen zu können. <br />”Vielleicht hat er ihn ja auch schon früher verloren“, macht sie sich wieder etwas Hoffnung und geht weiter zur kleinen Holzbrücke beim Wasserfall. <br /><br />Dort bleibt sie wie immer etwas stehen. Es ist einer ihrer Lieblingsplätze. Gerne schaut sie in der Mitte der Brücke stehend, einen Moment dem Fluss zu. Es fasziniert sie immer wieder, wie er dort auf der einen Seite breit und ruhig, nichts ahnend auf den Wasserfall zufliesst; sich dann etwas verengt und unter der Brücke gleichmässig über die Kante rinnt. Tosend und mit heftigen Turbulenzen wird er dann tüchtig durchgemischt und mit viel Sauerstoff angereichert. Doch nur wenige Meter später setzt er auf der anderen Brückenseite seinen Weg still und bedächtig weiter fort, als ob nichts geschehen wäre.<br />‘Fast wie im Fluss des Lebens,’, denkt Lisbeth, ’es gibt immer mal wieder heftige Turbulenzen – man wird kräftig durcheinander gebracht – aber dann geht das Leben einfach um eine Erfahrung reicher weiter.’ </span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhGL79kdrNYNeVZgZU7gAk5udBWjHY5vm0abh-u3qjMsq3IK9tiKvxVgeIGYNW6gKC-dRwqT55snnlYkfgktXnzUQwAlg9QY5R_n4NUSqf2z3ddbnCgMxCylOiUNSEQ5qznZyZ4/s1600/Wasserfall+Wiggere+Winter+WG+Wiehnachtsstern+22.12.2015.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhGL79kdrNYNeVZgZU7gAk5udBWjHY5vm0abh-u3qjMsq3IK9tiKvxVgeIGYNW6gKC-dRwqT55snnlYkfgktXnzUQwAlg9QY5R_n4NUSqf2z3ddbnCgMxCylOiUNSEQ5qznZyZ4/s320/Wasserfall+Wiggere+Winter+WG+Wiehnachtsstern+22.12.2015.JPG" width="240" /></a></div>
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<span style="font-size: small;"><br />Nach einem tiefen Atemzug setzt die junge Frau ihren Weg über die Brücke fort. Kurz darauf sieht sie auf der anderen Flussseite das hellerleuchtete Alterszentrum mit dem Heim und den Alterswohnungen. Die Heimbewohner scheinen gerade beim Nachtessen zu sitzen, der Speisesaal strahlt Gemütlichkeit und behagliche Wärme durch die hell erleuchteten Fenster aus.<br /><br />Plötzlich glaubt Lisbeth durch das dichte Gebüsch am Wegrand etwas zu hören. Ist es ein Hüsteln, ein Jammern oder weint da gar jemand? Die junge Frau bekommt ein wenig Angst. Jetzt muss sie auch noch den dunklen Weg hinauf zum Schulzentrum gehen und genau von dort oben kam das unheimliche Geräusch. Liesbeth muss jetzt allen Mut zusammen nehmen. Zum Glück hat sie die starke Taschenlampe mitgenommen, die sie nun aus der Manteltasche zieht. Sie leuchtet vor sich auf den verschneiten Kiesweg und nimmt die Steigung in Angriff. Etwas mulmig ist ihr schon.<br />Nach einigen Schritten kommt sie zu einer weiteren Sitzbank. Dort scheint sich etwas zu bewegen. Lisbeth richtet den Lichtstrahl auf die Bank und sieht eine zusammengekauerte Gestalt in der Kälte sitzen. Ein Gehstock ist an die Bank gelehnt. Es scheint ein alter Mann zu sein, denn manchmal hüstelt er ein wenig; das Geräusch muss von ihm gekommen sein. Aus seiner rechten Manteltasche ragt eine Weinflasche. Neben ihm liegt ein goldgelber Weihnachtsstern.<br />Lisbeth ist erleichtert. Aber das Gefühl wird schnell von einer gewissen Angst abgelöst. Denn in der dunklen Gestalt erkennt sie den alten Schreinermeister Kneubühler, ein vierschrötiger, etwas mürrischer Mann. Schon immer hat sie sich vor seinem Aussehen etwas gefürchtet und, dass gerade er ihr damals die Illusion vom Christkindes geraubt hatte, machte ihn auch nicht sympathischer. <br />Mutig geht sie näher.<br /><br />„Guten Abend, Herr Kneubühler.“<br />Der Mann richtet einen stumpfen Blick auf sie.<br />„Ich bin die Lisbeth, die Tochter des Gretler Hannes – des Schmieds.“<br />Ein undefinierbarer Brummton ist zu hören und nach einer Pause des Nachdenkens sagt er:<br />„Aha, der Schmied-Hannes – war ein guter Mensch, der Hannes – aber auch schon seit ein paar Jahren weg – ja, so gehts.“<br />„Darf ich mich kurz zu ihnen setzen?“ fragt Lisbeth.<br />Der grosse Mann rückt etwas zur Seite. <br />„Und du bist also die kleine Lisbeth“, der alte Mann macht eine Pause und versucht sich zu erinnern.<br />„Warst nicht du es damals? – als ich meinte, dein Vater …“<br />Lisbeth muss lächeln:<br />„… sei ein Einbrecher“, ergänzt sie freundlich. <br />„Hast mir leid getan. Hab ja gesehen, wie du erschrocken bist und wie deine Mutter mit den Händen gefuchtelt hat.“<br />„Ist schon gut“, Lisbeth legt beschwichtigend ihre Hand auf seinen Arm, „es ist lange her.“<br /> Beide schweigen für einen Moment.<br />„Ich bin auf der Suche nach einem Weihnachtsstern. Mein Sohn hat ihn verloren und wie ich sehe, liegt er vermutlich dort neben ihnen auf der Bank.“ <br />„Kann sein“, kommt es zögerlich, hab ihn gefunden – hinter der Bank am Wehr. Ich mache mir ja nichts aus Weihnachtssternen – aber der Wind, hat ihn zum Wasser getrieben“ <br />„Dann haben sie ihn also gerettet“, wundert sich Lisbeth.<br />Dankbar drückt sie ihm ein bisschen den Arm. <br />„Habe mir schon gedacht, dass ein Kind ihn suchen wird“, murmelt der Mann, „aber dort war es mir zu windig …“<br />„… und darum haben sie hier gewartet?“ <br />Lisbeth ist ganz gerührt. So hat sie den Kneubühler gar nicht eingeschätzt: So lange hier zu sitzen – in der Kälte – wegen einem Weihnachtstern und einem Kind.<br /> </span><br />
<span style="font-size: small;">Der alte Mann greift nach dem Stern und legt ihn der Lisbeth auf den Schoss.<br />„Wie heisst denn der Kleine?“<br />„Walterli.“ <br />Wieder entsteht eine Pause und Lisbeth beginnt zu frösteln.<br />„Hier können sie nicht sitzen bleiben, Herr Kneubühler“, sagt sie und steht auf.<br />„Kommen sie, ich begleite sie ein Stück nach Hause. Wohnen sie nicht dort unten in einer Alterswohnung?“<br />„Walter, genau wie ich.“ Zum ersten Mal huscht ein Lächeln über sein faltiges Gesicht. Der alte Mann greift nach seinem Stock und erhebt sich mühsam von der Holzbank.<br />„Ich musste einfach raus – überall diese Weihnachten, auf jedem Sender, das ist ja nicht zum Aushalten.“<br />„Heute ist eben Heilig Abend“, wendet Lisbeth ein. <br />„Für mich nicht!“, kommt es etwas barsch vom Mann.<br />„Mögen sie keine Weihnachten?“<br />„Ich mache mir nichts mehr daraus. Und seit Heidi gestorben ist, erst recht nicht. Zu viele Erinnerungen. Früher gab es wenigstens noch ein gutes Essen und heute? Hocke ich alleine – ich hasse diese Festtage.“<br />„Haben sie denn niemanden, der zu ihnen schaut, Kinder, Nachbarn oder so?“<br />„Ach, die einen sind zu weit weg, die anderen haben keine Zeit oder sind irgendwo eingeladen. Das ist doch die dümmste Zeit des Jahres.“ <br /><br />Bald sind sie bei den Alterswohnungen angelangt. Der alte Mann tut Lisbeth leid. Einsam und verbittert wird er nun den Heiligen Abend trostlos und alleine aushalten müssen.<br />„Es würde mich freuen, wenn sie den heutigen Abend mit uns verbringen würden, Herr Kneubühler.“<br />„Ach was, das geht doch nicht“, entgegnet der alte Mann mürrisch. <br />„Anderen Menschen noch zur Last fallen – nein danke, ist schon gut!“<br />„Sie fallen uns nicht zur Last, Herr Kneubühler. Ich dachte nur – der Walterli – nun ja, er hat eben seinen Grossvater kaum gekannt. Er war noch zu klein, als mein Vater starb. Da dachte ich, dass vielleicht sie …? Ich meine, das wäre doch schön – und nachher gibt es feinen Schinken mit Kartoffelsalat und ein Glas Roten, oder auch zwei. Ich würde sie dann mit dem Auto auch wieder hierher zurückbringen.“<br />Unsicher schaut sie der alte Mann an. Lisbeth hält seinem Blick stand:<br />„Es würde mich wirklich freuen; und bestimmt freut sich auch Walterli!“<br />„Also gut, wegen Walterli - und bei dir habe ich ja auch noch etwas gut zu machen, von früher“, sagt der Mann schmunzelnd; „und, die nehme ich mit für uns alle.“ <br />Damit zieht er die ungeöffnete Weinflasche aus der Manteltasche. <br />„Mit der wollte ich mich nämlich heute Abend betrinken, aber nun … – Ich muss mich nur rasch etwas 'zwäg machen', kommst du schnell mit hinauf – und gell, nenn mich bitte Walter.“<br /><br />Bald hat sich Walter rasiert, gekämmt und schön angezogen. Sogar eine Krawatte hat er umgebunden. Lisbeth hat derweilen im gemütlichen Wohnzimmer gewartet. Nun ist es aber höchste Zeit, sich rasch auf den Weg zu machen. Lisbeth hält den verlorenen Weihnachtstern in der Hand und Walter Kneubühler die Weinflasche in einem Sack. <br />Gemeinsam gehen nun schweigend über den knirschenden Schnee, jeder zufrieden, dass er dem anderen etwas behilflich sein kann. Denn auch Walter freut sich jetzt auf einen gemütlichen Heiligen Abend.<br /><br />„Den Stern gibst du dann bitte dem Walterli, gell!“, unterbricht Lisbeth die Stille. „Schliesslich hast du ihn gefunden und gerettet. Er wird sich darüber sicher mächtig freuen.“</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEigLj2DwlCJ0fBnD7kgzqomkF-8QqOkc8S3mUqZtZLQ715jSegx7ltxmnBR83KAcWdPcMEA-5UzrhLQGbYhNYVeZeip-ghSKhmHEwKBXeuCmeImMRdkmGAM_qp-yZVpXH5hbW_V/s1600/WeihnachtssternPixabay+agnesliinnea+.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="212" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEigLj2DwlCJ0fBnD7kgzqomkF-8QqOkc8S3mUqZtZLQ715jSegx7ltxmnBR83KAcWdPcMEA-5UzrhLQGbYhNYVeZeip-ghSKhmHEwKBXeuCmeImMRdkmGAM_qp-yZVpXH5hbW_V/s320/WeihnachtssternPixabay+agnesliinnea+.jpg" width="320" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;">© Bild von: <a href="https://pixabay.com/de/weihnachten-stern-winter-familie-743431/">agnesliinnea</a> / Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0</a> / by: <a href="http://pixabay.com/">pixabay</a> </span></div>
<span style="font-size: small;"><br />Genau so kommt es. Walterli ist überglücklich, dass Walter den Stern gerettet hat. <br />Auch der Vater und die Schwester müssen nun sein Kunstwerk bestaunen. Dann bringt der kleine Walterli dem grossen Walter Hammer und Nägel und zusammen hängen sie den goldenen Weihnachtsstern draussen neben die Eingangstüre. <br /><br />Schon bald glaubt Walterli ein leises Klingeln vernommen zu haben und Walter kann das mit einem Schmunzeln nur bestätigen. Ja wirklich, im 'Stübli' leuchtet der Weihnachtsbaum wunderschön und das Christkindli hat einige Geschenke darunter gelegt. Auch zwei für Walter – Lisbeth hat noch schnell etwas eingepackt. <br /><br />Es wird ein besinnlicher Heilig Abend. Walter muss sich während der Feier einige Male mit dem Ärmel verstohlen über die feuchten Augen wischen. Beim anschliessenden, gemütlichen Nachtessen wird allerhand besprochen. Auch, dass Walter nun öfters in die Weidmatt zum Essen kommt. Zudem gibt es für den früheren Schreinermeister im alten Bauernhaus allerhand zu flicken. So auch die alte Truhe im Holzschopf. Die könnte er etwas aufmöbeln, damit sie den alten Weihnachtsbrauch auch bei den nächsten Generationen schadlos überdauert.<br /><br />Lisbeth hat übrigens fest vorgenommen, auch bei Walter nun öfters vorbeizuschauen, wenn sie zum Einkaufen geht. Der früher so gefürchtete Mann ist ihr nämlich in den weihnachtlichen Stunden so richtig an Herz gewachsen. <br /><b><span style="font-size: x-small;">Copyright Herr Oter (Dezember 2015)</span></b></span><br />
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<span style="font-size: small;"><b><span style="font-size: x-small;"> </span></b><span style="font-size: x-small;">Eine schweizerdeutsche Lesefassung für den privaten Gebrauch<br />kann auf <a href="mailto:einfach-nur-ein-mann@bluewin.ch">Anfrage</a> bei mir bezogen werden.</span></span></div>
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">*</span><b><span style="font-size: x-small;"> </span></b></span></div>
Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-26852335883699165702015-12-22T09:59:00.001+01:002015-12-22T09:59:12.742+01:00Zwei niedliche Jungwölfe erhitzen die Gemüter<br />
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<span style="font-size: small;"><b>Zwei niedliche Jungwölfe erhitzen die Gemüter</b><br /><br />Weil die Wölfe aus dem sogenannten 'Calanda-Rudel' immer mehr die Scheu vor den Menschen verlieren, könnte sich daraus ein aggressives Verhalten gegenüber Menschen entwickeln. Darum sollen nun zwei Jungtiere zur Abschreckung getötet werden.<br />Diese <a href="http://www.20min.ch/schweiz/ostschweiz/story/23410750">Meldung</a> entfacht nun in verschiedenen <a href="http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/todesurteil-trotz-offener-fragen/story/15485177">Zeitungen</a> viele Reaktionen, einige Kommentarfunktionen mussten inzwischen sogar geschlossen werden.<br /><br />Besonders heftig wurde die Massnahme auch auf FB kommentiert.</span><br />
<span style="font-size: small;">(<a href="https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=10153207319516957&id=29396596956&p=20&refid=52&_ft_=qid.6231005427725377441%3Amf_story_key.-2406593656237552342">Guck mal</a>)</span><br />
<span style="font-size: small;">Man ärgert sich, dass der Mensch, «über die Tierwelt bestimmt», ja es wird sogar um deren «Erhalt» gefürchtet. Auch das Ermorden von «härzigen Jungtieren» wird heftig verurteilt, als ob ein Kalb, ein Lamm, ein Fohlen oder ein „Mistkratzerli” keine Jungtiere wären. In manchen Kommentaren wird der Abschuss auch «als Regulierung durch die Jagd» verurteilt – aber bei über 26 Tausend Füchsen, deren Fleisch und Fell kaum noch verwertet wird, spielt das keine Rolle.<br />Übrigens: Auf Schweizer Strassen wird jede Stunde ein Reh totgefahren, insgesamt sind es über 20’000 Wildtiere pro Jahr.<br />Viele dieser Kommentare sind sehr gehässig. Da werden Menschen mehrfach als Idioten, Sauhüng, Spinner usw. bezeichnet oder mit einer 'Körperöffnung' betitelt; es wird 'Gegessenes' wieder von sich gegeben und es wird u.a. gefordert, dass auch zwei Beamte der zuständigen Behörde «zum Abschuss frei gegeben werden» und die ausführenden Jäger «an die Wand gestellt werden». Solche Kommentare finde ich, auch angesichts der beiden leidgeprüften Jungwölfe, einfach unerhört.<br /><br />Ich möchte einfach noch daran erinnern, dass zur menschlichen Ernährung in der Schweiz im Jahre 2014 folgende Tiere getötet wurden:<br /><br /> 50’577’768 Hühner;<br /> 2’751’441 Schweine;<br /> 398’664 Rinder;<br /> 251’476 Kälber;<br /> 239’647 Schafe;<br /> 2’897 Pferde,<br /> 40’599 Rehe<br /> 26’366 Füchse<br /> 10’740 Hirsche<br /> 12'231 Gämsen</span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Dazu kommen viele weitere Tierarten, die gejagt werden (Wildscheine, Hasen Gämsen, Murmeltiere usw.) oder die täglich geschlachtet werden (Ziegen, Kaninchen, Strausse, usw.)<br />und ein auch paar Millionen Wassertiere, wie Fische und Krustentiere usw., dazu gehören übrigens auch die feinen Scampi, Muscheln und Crevetten.<br /><br />Als „nutzlos!" werden in der Schweiz zudem jährlich 2,4 Millionen männliche Küken qualvoll vergast und millionenfach tote Tiere zur Tierfütterung oder in der Forschung verwendet.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Dazu kommen in diesem Jahr nun leider auch noch 2 abgeschossene Calanda-Wölfe!</span><br />
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<span style="font-size: xx-small;">;) </span><br />
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<br />Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-79029688407924994062015-12-15T12:14:00.000+01:002015-12-27T12:57:49.644+01:00Der Weihnachts-Trompeter und die Ballerina<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Der Weihnachts-Trompeter und die Ballerina</b></span><br />
<span style="font-size: x-small;">Eine weitere Adventsgeschichte für meine diesjährigen Lesungen<br />im Adventskaffee des Altersheims<br />(Blog-Version) </span><br />
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<span style="font-size: small;">Ein dumpfes Stimmengewirr schleicht sich in die Traumwelt von Max. <br />„Schachtel, Weihnachtsschmuck, Kugeln, Christbaum …“<br />Solche Wortfetzen vermischen sich mit seinem Traum:<br /><br />«Max lässt seinen Blick umherschweifen. Hunderte rote Wachskerzen leuchten eindrucksvoll an der stattlichen Weisstanne und das Kerzenlicht spiegelt sich tausendfach in grossen, farbigen Weihnachtskugeln. Ein richtiges Lichtermeer um ihn herum und er mitten drin - Max wird ganz warm. Bunte Schleifen und Bänder konkurrieren mit dem Grün der Tannennadeln und kleine, farbige Weihnachtspäckchen hängen geheimnisvoll an den ausladenden Ästen. Max ist überwältigt. In all den Jahren hat er keinen grösseren und schöneren Christbaum gesehen. Der riesige Weihnachtsbaum steht genau unter der mächtigen Kuppel in der Mitte einer grossen Kirche. Es soll der Dom sein, hat man ehrfürchtig gemunkelt. <br />Langsam füllt sich nun das Gotteshaus. Fast zweitausend Personen werden ihn endlich einmal spielen hören, wen er, der berühmte Weihnachtstrompeter, sein Solo vortragen wird.<br />Max bekommt bei dem Gedanken ganz weiche Knie. Zum Glück sieht man das nicht. Doch er ist ja nicht allein, beruhigt sich Max. Rechts, ganz weit unten im Chor, stehen die berühmten Domspatzen. Auf der linken Seite sitzt das grosse Symphonieorchester mit den vielen Geigern und Flötistinnen und ihm gegenüber thront die mächtige Domorgel über der Eingangspforte. Sie alle werden ihn bei seinem virtuosen Trompetensolo unterstützen – und er wird brillant spielen. Schon glaubt Max, den tosenden Applaus zu hören.»<br /><br />„Hier! Ich habe sie!“ <br />Ein heftiges Erdbeben reisst Max aus seinem schönen Traum. Jetzt wird er tüchtig durchgeschüttelt und nun ist er hellwach. Zum Glück liegt er weich gebettet. Trotzdem lastet etwas schwer auf ihm. Es wird wohl der gewichtige Nikolaus sein. Max liegt in völliger Dunkelheit, hört jetzt aber, wie jemand die Stiege vom Dachboden hinunter schlurft. Es scheint also bereits wieder Zeit für den grossen Weihnachts-Auftritt zu sein.<br />Max fühlt sich gut. Der lange Sommerschlaf hat ihm nach der letzten, anstrengenden Weihnachtszeit gut getan. <br />Denn Max gibt als Weihnachtstrompeter immer alles. Die Saison ist nur kurz und Trompete spielen ist schliesslich sein Beruf – nein sogar seine Berufung, er kann ja nichts anderes. Darum freut sich Max jedes Jahr, auf seinen Auftritt am Weihnachtsbaum. Er bläht schon mal die Backen auf.<br /><br />Kurz darauf wird Max aus dem Seidenpapier gewickelt und behutsam auf einen kleinen Tisch in der Stube gelegt. Ein kurzes Schaudern durchfliesst seinen dünnen Holzkörper, in der Schachtel war es doch wärmer. <br />Vorsichtig öffnet Max die Augen. Nur langsam gewöhnen sie sich an das grelle Tageslicht. Doch im Moment sieht Max sowieso noch nicht viel, der breite Rücken des Nikolaus mit seinem dicken, roten Mantel versperrt ihm die Aussicht.<br />Ob sie alle wieder da sind, fragt sich Max? <br />Der Hase, die Eule, der kleine Hund, der Waldvogel, das scheue Rehlein oder das dicke Glücksschwein. Ob sie alle den Sommer gut überstanden haben? Der gemütliche Schneemann, der immer etwas Angst vor der Wärme hat oder der freche Fliegenpilz, der nur davor Respekt hat, dass ihm die rotbraune Schnecke in der Weihnachts-Schachtel zu nahe kommt. <br />Max, der langjährige Weihnachtstrompeter, kennt jeden seiner Truppe. So auch die goldenen Zapfen, die glitzernden Schneesterne und die bunten Christbaumkugeln, die den Weihnachtsbaum ja erst so richtig festlich machen. Max mag alle vom Weihnachtsschmuck. Auch die kleinen Süssigkeiten, die am Heiligen Abend ganz zahlreich am Baum hängen. Sie duften doch immer so fein. Leider sind sie jeweils recht schnell verschwunden. <br />Nur mit den Wachskerzen wurde Max nie so richtig warm. Sie waren recht unnahbar. Denn während sie brannten, vermied man den Kontakt zu ihnen besser. Weil, wenn man ihnen zu nahe kam, konnten sie recht gefährlich werden. Und nachher waren sie immer verschwunden – sie blieben ja nur einen Abend lang. <br />Vor einigen Jahren wurden sie dann durch Elektrische ersetzt. Mit denen geht es jetzt besser, auch wenn sie ziemlich gefühllos wirken.<br /><br />Auch mit der schlanken, silbernen Spitze auf der Baumkrone kann es der stramme Trompeter nicht so recht. Sie ist ihm zu hoffärtig. Sie meint, sie sei Spitzenklasse und blickt ständig hochnäsig von oben herab auf alle anderen. <br />‘Aber ,was kann die denn schon, ausser zu glänzen‘, denkt Max. ‘Sie wäre nicht die erste, der Hochmut das Genick bricht.’ – Etwa so, wie bei der dicken Pute im letzten Jahr, die auch immer mächtig aufgeblasen war, bis sie dann vom Baum fiel. Ein dünnes Ästchen hat sie wohl nicht mehr ertragen. Nur wenige hatten Mitleid mit der dummen Gans.<br />Da sind Max die kleinen, niedlichen Engelchen schon viel lieber. Wunderschöne Wesen mit Fügelchen die bescheiden und federleicht an feinen Schnüren hängen. Oder die andere Himmelsgeschöpfe mit ihren glänzenden Posaunen, aus dünnem silbernem Metall gestanzt. Sie unterstützen ihn jeweils beim Spielen. Mit diesen niedlichen Wesen hat er oft richtig Spass.</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhWndPMgcZEGKheYX8boVR2r3fAu6p7JpA8lSSb9C4Ris1fM4J4_LuIIPny2eXPK0fMIu4vAYdl-zHVKQAsmoFxrfNcDzHZPN7Z37c9_yhaTmI-RDYU_xzdkaWzT0BPKpuXHdRp/s1600/Trompetenspieler+und+Ballerina+%25C2%25A9+fu%25CC%2588r+Blog-WG+16.12.2015.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhWndPMgcZEGKheYX8boVR2r3fAu6p7JpA8lSSb9C4Ris1fM4J4_LuIIPny2eXPK0fMIu4vAYdl-zHVKQAsmoFxrfNcDzHZPN7Z37c9_yhaTmI-RDYU_xzdkaWzT0BPKpuXHdRp/s1600/Trompetenspieler+und+Ballerina+%25C2%25A9+fu%25CC%2588r+Blog-WG+16.12.2015.JPG" /></a></div>
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<span style="font-size: small;"><br /><br />Während Max noch eifrig von seinen Engelchen träumt, greifen leicht zitternde Hände behutsam nach ihm. <br />„Ja schau da, der Max, unser grosser Weihnachtstrompeter“. <br />Max blickt in ein vertrautes, freundliches Antlitz. Es ist das von Christian. <br />'Im Gegensatz zu mir, ist er in den letzten Jahren doch ziemlich gealtert’, denkt Max. Denn die beiden kennen sich schon viele Jahre lang. Christian hat ihn damals aus dem Geschäft geholt, als Max zusammen mit vielen anderen Weihnachtsfiguren dort auf einen Käufer wartete. Christian entdeckte den Trompetenspieler rein zufällig, aber kaufte ihn dann ohne lange zu überlegen. Denn er passte genau zu seinem Sohn Georg, auch er ein junger Trompetenspieler mit einiger Begabung. <br />Was war das für einen Auftritt – damals an seinem ersten Heiligen Abend. Max erinnert sich noch gut: Es hatte nicht lange gedauert, bis Georg ihn am Baum bemerkt hatte. Die Freude im Gesicht des kleinen Buben, wird Max wohl nie mehr vergessen. Georg wollte den Trompeter natürlich sofort ungestüm vom Baum reissen – Max fürchtete sich gleich um seine Gesundheit – aber der Vater wusste um die Zerbrechlichkeit des steifen Trompetenspielers und schützte ihn vor den flinken Kinderhänden, indem er Max zwei Äste höher platzierte.<br /><br />Seither sind über zwei Jahrzehnte vergangen und kaum einer der Familie interessierte sich noch für den Trompetenspieler. Für den erwachsenen Georg, der jetzt eine eigene Familie hat, ist die Trompete nicht mehr das Wichtigste und Erwachsene betrachten einen Christbaum ja sowieso anders, als Kinderaugen. Nur Christian schaut den Trompetenspieler jeweils nachdenklich an, bevor er ihn in der Mitte des Baumes festklemmt. Er nimmt immer ein besonders starkes Ästchen, denn Max blieb die einzige Christbaumfigur, die der alte Mann jemals gekauft hatte. Und Max dankt es ihm, denn er ist mit Leib und Seele Weihnachtstrompeter. </span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Bald ist der Baum festlich geschmückt. Der Trompetenspieler ist jetzt umgeben von goldenem Engelshaar und silbrigem Lametta. Alle seiner Truppe haben den Umzug auf den Baum schadlos überstanden – immer ein gefährliches Unterfangen. Schon manche Weihnachtskugel musste am Ende der Saison beklagt werden, weil sie am Boden zerschellte. Max schaut sich um. Zwei, drei Engelchen sind ganz in seiner Nähe, so fühlt er sich richtig wohl. <br />Nun kommt noch die silberne Grazie als Letztes auf die Spitze der Tanne. Anfänglich wankt sie bedrohlich, doch dann ist sie ganz ihrer selbst – die Krönung des prachtvollen Christbaums.<br />Innerlich verzieht Max verächtlich sein Gesicht, äusserlich lässt er sich natürlich nichts anmerken.<br />Schnell wird Max wieder abgelenkt, denn die Schwiegertochter, die seit ein paar Jahren zusammen mit Christian den Baum schmückt, zieht eine neue Figur aus einem dünnen Papierumschlag. So ein Neuankömmling ist natürlich immer eine grosse Sache und alle sind gespannt, was es wohl sein könnte. <br />Es ist eine zierliche Balletteuse! Sie wird sicher für die kleine Nina an den Baum gehängt. Denn für die Fünfjährige wurden im letzten Jahr schon ein rosa Tutu und Ballettschuhe unter den Weihnachtsbaum gelegt. <br />Unweit unter Max wird die graziöse Tänzerin ans Bäumchen gehängt. Aufgeregt dreht sie sich ein paar mal im Kreis – nach links und dann wieder nach rechts herum, bis sie ausgependelt halt. Dabei wird das dünne Ästchen arg belastet.<br />‘Aber es wird sie tragen können‘, denkt Max, ‘so federleicht wie sie aussieht‘.</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjXd2luRJwS5cFiZZ0enNrjriAgPO7M0SrE1muguv0jMJHwfEWqH33LYm2kgRCCdmJCFVvsvhfCujCIWsfr94dCTatt10d1bsQqRl1FjTs4l7zmHQGyI39w6_zdOl-iIFQ2nvLV/s1600/Weihnachstbaum+%25C2%25A9+fu%25CC%2588r+Blog-WG+Trompetenspieeler+Ballerina+16.12.2015.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjXd2luRJwS5cFiZZ0enNrjriAgPO7M0SrE1muguv0jMJHwfEWqH33LYm2kgRCCdmJCFVvsvhfCujCIWsfr94dCTatt10d1bsQqRl1FjTs4l7zmHQGyI39w6_zdOl-iIFQ2nvLV/s320/Weihnachstbaum+%25C2%25A9+fu%25CC%2588r+Blog-WG+Trompetenspieeler+Ballerina+16.12.2015.jpg" width="180" /></a></div>
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<span style="font-size: small;"><br />Max wird etwas nervös, so nahe bei dieser reizenden Ballerina. Krampfhaft versucht er sich bemerkbar zu machen, möchte seinen Ast gerne auch etwas in Schwung bringen, aber dazu ist er zu unbeweglich. <br />Die junge Tänzerin bemerkt ihn nicht. Sie schaut verzückt an ihm vorbei nach oben zu der formvollendeten Grazie die zuoberst auf dem Baum thront. <br />‘Ha’, denkt der kleine Trompeter verächtlich, ’der Scheint trügt – wenn du wüsstest …‘<br />Aber noch muss er sich gedulden, denn erst nach Mitternacht kann er ihr sein ganzes Können beweisen.<br /><br />Zuerst hat nun das goldene Glöckchen seinen grossen Auftritt. <br />„Bimm, bimm, bimm!“ Hell und rein tönt sein zarter Klang. <br />Das bescheidene Glöckchen ist fast etwas verlegen, dass es jeweils als Erstes den Ton angeben darf. Aber es ist nun mal seine Aufgabe, den Heiligen Abend einzuläuten. <br />‘Welch eine Ehre und trotzdem bleibt es ganz bescheiden‘, denkt der Trompeter mit einem verächtlichen Blick hinauf zur Tannenspitze. </span><br />
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<a href="http://4.bp.blogspot.com/-EUSDvNy8mpM/Vn_O4Nt3xvI/AAAAAAAABXk/GXmPC5-Cln0/s1600/Weihnachtsglo%25CC%2588ckchen%2B%25C2%25A9%2Bfu%25CC%2588r%2BWG%2BTrompetenspieler%2BBallerina%2B16.12.2015.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="http://4.bp.blogspot.com/-EUSDvNy8mpM/Vn_O4Nt3xvI/AAAAAAAABXk/GXmPC5-Cln0/s320/Weihnachtsglo%25CC%2588ckchen%2B%25C2%25A9%2Bfu%25CC%2588r%2BWG%2BTrompetenspieler%2BBallerina%2B16.12.2015.jpg" width="239" /></a></div>
<span style="font-size: small;"><br /><br />Nun wird die Türe aufgerissen und die beiden Kinder stürmen ins Wohnzimmer. Beeindruckt ob der herrlichen Pracht bleiben sie mit offenen Mündern stehen. Auch die Erwachsenen kommen nun zum Baum, um ihn zu bestaunen. <br />Bereits nach kurzer Zeit entdeckt das Mädchen die Tänzerin. <br />„Papa, Mama, schaut!“, ruft die Kleine ganz begeistert, „eine Prima Ballerina“. <br />Vergnügt quietscht Nina und der jungen Tänzerin am Baum ist der Stolz anzusehen.<br />‘Geniesse es, Kleine’, denkt Max ein bisschen wehmütig, ‘in zwei, drei Jahren wirst auch du unbeachtet am Baum hängen, genau wie ich.’<br />Jetzt schiessen die dünnen Ärmchen des Mädchens nach oben und wollen das zarte Geschöpf am Baum packen. <br />„Nein!“, schreit Max aus Leibeskräften und bläst vor Schreck viel zu früh auf seiner Trompete verzweifelt Alarm. <br />Doch leider können ihn die Menschen ja nicht hören.<br />Oder vielleicht doch? <br />Möglicherweise gerade ältere Menschen, wenn sie ein grosses Herz für Weihnachtsfiguren haben? <br />Jedenfalls kann Christian, sein alter Freund, im letzten Moment das Schlimmste abwenden und die Tänzerin behutsam, vor den unbeholfenen Kinderhänden retten. <br />‘Puh! – Glück gehabt, Kleines!‘, denkt Max erleichtert.<br />Die Balletttänzerin wird nun etwas höher gehängt und tanzt jetzt – aufgeregt vor Schreck – ganz nahe neben Max am Ästchen wild hin und her und … – berührt dabei leicht seinen ausgestreckten Arm. <br />„Oh, Pardon!“ haucht eine feine Stimme.<br />'Sie hat mich bemerkt! Sie hat gemerkt, dass ich ihr wahrscheinlich das Leben gerettet habe.’ <br />Der Trompetenspieler ist ganz aus dem Häuschen und blickt voller Stolz zu seiner Angebeteten. Noch nie hat er ein lieblicheres Wesen gesehen. <br />‘Warte nur bis Mitternacht’, denkt der Musikant. <br />Denn erst dann, wird er alles geben können, um sie mit seinen Trompetenklängen so richtig zu bezaubern. Max wird seltsam warm ums hölzerne Herz.<br /><br />Aber er hat keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn nun greift jemand nach ihm. <br />„Ach schau da, der alte Trompetenspieler. Gibt's dich auch noch?“ <br />Sanft streicht Georg der Figur über den Kopf und nun ist es Max, der auf seinem Ast vor Freude wilde Luftsprünge macht. Endlich wird er wieder einmal wahrgenommen. Max ist überglücklich. Er hüpft noch einige Male auf und ab. Verwundert schaut die junge Tänzerin zu ihm herüber. <br />Hat ihm die junge Frau jetzt auch noch zugelächelt? <br />Max kann sein Glück kaum fassen. Sein Herz schlägt ihm bis zum Hals. Könnte er, würde er jetzt schon seine Fanfare in die goldene Trompete blasen. Aber dazu muss er sich noch ein bisschen gedulden.<br /><br />Denn immer um Mitternacht, genau beim zwölften Glockenschlag, wenn alle Hausbewohner in der Mitternachtsmesse oder müde und zufrieden im Bett liegen, dann kommt sein grosser Auftritt. Dann schmettert Max mit seiner Trompete das Signal zur Sternstunde aller Weihnachtsfiguren in die mystische Nacht. Dann werden sie alle für eine Stunde lebendig und feiern fröhlich ihre eigene, hochheilige Zeit. <br />Max wird dabei in diesem Jahr besonders hingebungsvoll die gefühlvollsten Trompetenstücke spielen die er kennt. Bestimmt wird er mit seinen Klängen das Herz dieses wundervolle Wesens berühren und sie wird sie sich nur für ihn im Kreis drehen und zu seiner Musik tanzen. Endlich wird sein Traum wahr und Max der grosse Weihnachtstrompeter wird den grössten Auftritt seines Lebens haben; dazu brauchte keinen Dom mit zweitausend Zuhörer, sondern nur die Eine.<br /><br />Am 6. Januar verschwinden sie dann müde, aber glücklich, wieder in der grossen Weihnachtschachtel zum wohlverdienten Sommerschlaf und träumen von grossen Auftritten, leuchtenden Kinderaugen und älteren Menschen, die manchmal ein ganz besonders feines Gespür für leblos scheinende Weihnachtsfiguren haben.<br /><br />Einer jedoch träumt von einer sanften Berührung und dem Tanz einer grazilen Prima Ballerina. <br />Hoffentlich liegt in diesem Jahr anstelle des übergewichtigen Nikolaus, die federleichte Tänzerin über ihm. und wer weiss, vielleicht gestattet sie ihm, dass sie sich während des langen Sommerschlafes an den Händen halten. </span><br /><span style="font-size: x-small;"><b>© Herr Oter (Dezember 2015)</b></span><br />
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Eine schweizerdeutsche Lesefassung für den privaten Gebrauch<br />kann <a href="mailto:einfach-nur-ein-mann@bluewin.ch">auf Anfrage</a> bei mir bezogen werden.<br /></div>
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Eine ähnliche Geschichte </div>
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(sie diente mir als Inspiration), </div>
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des bekannten Autors Gernot Jennerwein findet ihr <a href="http://www-weihnachten.de/weihnachtsgeschichten/trompetenspieler.htm">hier</a>. </div>
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Die wunderbare Geschichte kann man auch gedruckt und wunderschön illustriert kaufen, <a href="http://wwww.gernot-jennerwein.at/Home.htm">hier ist die Webseite des Autors.</a></div>
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<span style="font-size: xx-small;">. </span></div>
Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-45731483045343820752015-12-09T17:48:00.002+01:002016-02-07T17:32:40.114+01:00Alex, der kleine Ausreisser<br />
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<b><span style="font-size: large;">Alex, der kleine Ausreisser</span></b><br />
Eine weitere Adventsgeschichte für meine diesjährigen Lesungen <br />
im Adventskaffee des Altersheims<br />
<span style="font-size: xx-small;">(Blog-Version) </span><br />
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<span style="font-size: small;">Benno ist auf dem Heimweg von der Arbeit. Es war wieder ein harter Tag heute. Einmal mehr konnte er ihnen nichts recht machen, obschon er sich alle Mühe gegeben hat. Er ist nun mal nicht mehr so schnell und beweglich, seit seinem Unfall. Aber das wussten sie, als sie einstellten, schliesslich zahlt die Versicherung mehr als die Hälfte von seinem Lohn. <br /><br />Trotz der schwierigen Umstände ist Benno froh um diese Arbeit. Sie gibt im Lebenssinn und ermöglicht Eigenständigkeit – eine eigene kleine Wohnung und ein selbstbestimmtes Leben. Die Alternativen wären eine Behindertenwerkstätte und ein Wohnheim.<br /><br />In der Adventszeit, ist im Geschäft eben auch immer sehr viel los. Besonders jetzt, während den Tagen des bekannten Weihnachtsmarktes. Der zieht immer sehr viele Leute an, man merkt es an den langen Busreihen, die auf beiden Seiten die Zufahrtsstrasse zum Städtli säumen. <br /><br />Benno biegt jetzt mit seinem Gefährt in die Altstadt ein. Er wäre froh, wenn er dort schon durch wäre. Dieses Gedränge, dieser Lärm und die fröhlichen Gesichter überall, die sofort auf Bedauern wechseln, wenn sie ihn sehen, erträgt er nur schwer. <br />Aber Benno kommt nicht voran. Die Leute stehen in dichten Reihen vor den Ständen mit dem Weihnachtsschmuck, den Süssigkeiten, dem Ramsch und den Verpflegungsbuden. <br />“Jedes Jahr das Gleiche“, denkt Benno und versucht eine Lücke zu finden.<br /><br />Pressieren muss er zwar nicht, denn es wartet ja sowieso niemand Zuhause. Im Gegenteil, alleine in den vier Wänden wird er manchmal nur noch trauriger. <br />Denn gerade an solchen Tagen vermisst Benno seine Eltern besonders. Sie haben das Unglück nicht überlebt. Hatte er nun Glück …?<br />Gerne hätte er auch eine Freundin gehabt, schliesslich ist er bald dreissig. Aber die Frauen wollen keinen Krüppel. Mit denen kann man hier auf dem Weihnachtsmarkt ja nicht prahlen.<br /><br />Die Wut in Benno steigt wieder hoch. Er muss hier weg, und zwar sofort! </span><br />
<span style="font-size: small;">Er kann die glücklichen und erwartungsvollen Gesichter hier einfach nicht mehr ertragen. Die Erinnerung an Familien unter dem Tannenbaum, Weihnachtslieder und Kinderlachen, all das schmerzt, für ihn ist das Vergangenheit. </span><br />
<span style="font-size: small;">Aber die verfluchte Menschenmenge vor ihm … am liebsten würde er … Benno drückt den Hebel auf Vollgas!<br /><br />Da, ein kleiner Hund. Direkt vor Benno. Er zieht heftig an der Bremse und bleibt wenige Zentimeter vor dem armen Tier stehen.<br />„Wer nimmt denn auch so einen kleinen Hund mit in dieses Gedränge“, denkt Benno, „vielen Tierhaltern fehlt einfach das Gefühl für Tiere.“<br />Der Hund rührt sich nicht von der Stelle. Zitternd hockt er dort und schaut sich unsicher um. Er scheint seine Herrschaft verloren zu haben. <br /><br />„Der hat doch Angst“, denkt Benno und fährt etwas zur Seite. <br />Von dort aus beobachtet er den kleinen Kerl, sieht aber niemanden, der sich um das Tier kümmert. Alle gehen vorbei, konzentriert auf die Auslagen der Stände. <br />„Ein lustiger Hund“, denkt Benno.<br />Schwarzgrau mit wunderschönen, schnauzertypischen Augen. Darüber ein 'Pony', die langen Haare reichen zwischen den braunen Augen bis auf die Nase. Der kleine Kerl hat ein rauhaariges, glänzendes Fell. <br />„Gut gepflegt, der Kleine“, stellt Benno fest.<br />Er kennt sich aus mit Hunden – früher hatten sie Zuhause einen Jack Russel. Aber der musste nach dem Unfall weggegeben werden, er konnte ihn nicht in die Reha und die Eingliederungsstätte mitnehmen.<br /><br />Der Schnauzer scheint nun Benno ebenfalls aufmerksam zu beobachtet. Er neigt den Kopf etwas auf die Seite und schaut neugierig zu Benno in seinem sperrigen Gefährt.<br /><br />„Können sie nicht weiterfahren, sie blockieren ja alles!“ Ein etwas übergewichtiger Mann, nobel gekleidet, stösst mit dem Fuss ungeduldig an seinen Elektro-Rollstuhl. <br />„Was müssen solche auch hierher kommen?“ regt sich der bald Sechzigjährige weiter auf. Die viel zu Junge, die an seinem Arm hängt, schüttelt zustimmend den Kopf und schaut Benno feindselig an.<br /><br />„Entschuldigung!“, sagt Benno kleinlaut und gibt Gas. Er kommt gerade mal zwei Meter weiter. Während er wieder wartet, spürt er plötzlich etwas Feuchtes an seiner Hand. Der Vierbeiner leckt ein paar mal seine Hand.<br />„Was machst denn du da?“ fragt Benno. Der Kleine spitzt seine Ohren, legt den Kopf wieder schief und wedelt heftig mit dem Schwanz.<br /><br />Wieder wird Bennos Gefährt geschubst und er muss sich auf die Strasse konzentrieren. Zum Glück kommt er jetzt in die Querstrasse, da ist es ruhiger und Benno kann im gewohnten Tempo weiterfahren. <br />Der kleine Hund trottet immer noch neben ihm her. Benno hält an und streicht durch sein feuchtes Fell. Der Hund legt eine Vorderpfote auf Benno Oberschenkel.<br />„Du kannst nicht mitkommen, Kleiner. Geh zurück, jemand wird dich sicher vermissen.“<br />Wie gerne hätte Benno wieder einen solchen Begleiter gehabt. Aber sein Beistand erlaubt es ihm nicht.<br /> „Ein Hund macht zu viele Umstände – schau, dass du selber zurechtkommst!“, hatte er entschieden.<br /><br />Benno gibt wieder Gas und biegt in die Hintergasse ein. Nach einer Weile schaut er zurück und sieht, dass der Hund ihm weiterhin mit etwas Abstand nachläuft.<br />„Geh zurück, geh nach Hause oder mach, dass du sonst fort kommst, hast du verstanden?“ <br />Der Hund dreht den Kopf und wendet sich leicht ab – wieder ein typisches Zeichen der Zuneigung. <br />„Hau ab, du blöder Kerl, ich kann dich doch nicht haben!“<br />Benno ist den Tränen nahe, dreht sich um und gibt wieder Vollgas.<br />„He, he spinnst du!“, beinahe hätte er jemanden umgefahren.<br /><br />Ohne sich nochmals umzudrehen, fährt Benno bis vor seine Haustüre. Er hat sich bald wieder beruhigt.<br />Kurze darauf stellt sich auch der kleine Hund wieder neben den Rollstuhl.<br />„Bist du immer noch da? Du bist aber ein hartnäckiges Kerlchen …!“<br />Benno lehnt sich seitlich aus dem Stuhl und zieht den Hund am Halsband zu sich. <br />„Entschuldige bitte, du bist ja sicher ganz ein lieber Kerl.“<br />Freundschaftlich tätschelt der junge Mann den Hund. <br />„Du zitterst ja – Angst oder Kälte?“ <br />„Vermutlich beides“, denkt Benno.<br />„Was machen wir jetzt mit dir?“ <br />Der kleine Schnauzer legt seinen Kopf wieder schief und schaut den Mann im Rollstuhl interessiert an, als erwarte er eine Antwort. <br />„Du gehörst doch sicher jemandem, ich kann dich doch nicht einfach mit zu mir hinauf nehmen.“<br />Der Hund scheint anderer Meinung zu sein, denn er springt einfach auf Bennos Schoss. Der schaut sich vorsichtig um, kein Mensch weit und breit. Es ist inzwischen auch völlig dunkel geworden.<br />Der Kleine schaute ihn mit seinen treuen Hundeaugen an. Das erweichte schliesslich Bennos Herz.</span><br />
<span style="font-size: small;">„Also gut, für eine Nacht“, sagt Benno, „und morgen gehst du wieder nach Hause, verstanden!“<br />Der kleine Vierbeiner schaut Benno treuherzig an, macht „Wuff!“ und springt unternehmungslustig wieder zurück auf den Boden.<br />„In diesem Fall müssen wir zuerst noch etwas Futter für dich besorgen, komm!“<br /><br />Im nahen Laden nimmt Benno das kleinste Säckchen Hundefutter, dazu einen Napf und eine ausziehbare Leine. „Er wird ja auch mal raus müssen“, denkt Benno. <br />Vor dem Bezahlen schaut er vorsichtshalber nochmals durch das Ladenfenster, ob der kleine Ausreisser noch auf ihn warte. Und tatsächlich, der Hund steht artig vor der Ladentüre und wedelt heftig mit dem Schwanz, sobald er Benno am Fenster sieht.<br /><br />Es bleibt nicht bei einer Nacht. Alexander, so nennt Benno den Hund inzwischen, wohnt nun schon über eine Woche bei ihm. <br />Sie sind richtig gute Freunde geworden. Täglich geht Benno mit Alexander dreimal spazieren. Er hat dazu im Geschäft extra eine halbe Stunde mehr Mittagszeit verlangt. Es macht ihm inzwischen auch keine Mühe mehr, vom Rollstuhl aus den Hundekot aufzusammeln.<br />So glücklich ist Benno seit seinem Unfall nicht mehr gewesen. Der lustige Hund tut ihm richtig gut – gerade jetzt in der Adventszeit, die sowieso immer etwas schwierig für Benno ist. Er freut sich auf jeden neuen Tag mit dem Tier. <br />Auch bei der Arbeit geht es besser. Die Hetzerei hat zwar nicht abgenommen, aber sie macht ihm weniger aus und die Sticheleien des Chefs überhört er einfach. Da denkt er lieber an seinen Hund und freut sich auf das Zuhause. Denn dort wartet jetzt jemand auch auf ihn. Endlich! Endlich hat auch er einen richtigen Freund.<br /><br />Über die Herkunft des Hundes macht sich Benno inzwischen keine Gedanken mehr. Anfangs fragte er noch herum. Auch in der Zeitung fand er nichts und beim Gemeindehaus war nichts angeschlagen. Niemand scheint den Hund zu vermissen. Alexander ist das recht, auch wenn er genau weiss, dass es eigentlich nicht so sein kann.<br /><br />So erstaunt es ihn nicht wirklich, als er drei Tage vor Weihnachten den Aushang bei der Ladenkasse sieht:<br />VERMISST! Steht dort in grossen Lettern. Darunter ein Bild von Alexander. Dazu eine kurze Beschreibung des Hundes und eine Adresse aus dem Nachbardorf – alles von Kinderhand geschrieben.<br /><br />Benno stellt den grossen Hundefuttersack traurig wieder zurück ins Regal. Dabei hat er Tränen in die Augen. Aber er muss den Hund sofort zurück geben, daran gibt es keinen Zweifel. Wie hatte doch er gelitten, als man ihm damals, nach Mutter und Vater, auch noch seinen Hund wegnahm. Nein, das kann er keinem andern Kind antun, auch wenn es ihm fast das Herz bricht.<br /><br />Auch Alexander spürt die Veränderung und weicht an diesem Abend keinen Schritt von Bennos Seite. Immer wieder legt er seine Schnauze auf Bennos Knie und schaut ihn aufmerksam an, während der ihm nachdenklich durch sein drahtiges Fell streicht und fast verzweifelt.<br /><br />Am anderen Morgen, es ist der Samstag vor Heilig Abend, machen sich die beiden auf den schweren Weg. Sie fahren mit dem Bus ins Nachbardorf, die Adresse liegt ziemlich ausserhalb.<br />Das alte, aber gepflegte Holzhaus und der kleine Garten liegen prächtig in der Wintersonne. Die grünen Fensterläden und die schlichte Weihnachtsdekoration vor den spiegelnden Fenstern machen einen einladenden Eindruck. Ein niedriger Scherenzaun umsäumt das Anwesen.<br />„Da also wohnst du?“ Benno möchte am liebsten sofort wieder umkehren. <br />Aber der Hund rennt schwanzwedelnd und bellend auf das Gartentor zu und wieder zurück. <br />Da wird die Haustüre aufgerissen und ein etwa achtjähriger Bub rennt mit einem Freudengeheul ins Freie. <br />Rex, Rex! – Rex!<br />Der Hund macht rechts und kehrt und rennt jaulend und bellend zu dem Kind hin. Dabei schwingt der Hund mit seiner Hüfte, als ob der Hund am Schwanz, statt umgekehrt, hängen würde. Bald tollen die beiden im Schnee und das Geheule mischt sich mit dem Gejaule. Dann löst sich der Hund wieder vom Knaben und rennt zu Benno zurück – hin und zurück – der Hund kann sich nicht entscheiden, bei wem er stehen bleiben soll.<br /><br />Inzwischen ist auch eine junge Frau unter die Türe getreten.<br />„Hallo, guten Tag.“ Sie kommt ins Freie und Benno fährt zu ihr hin.<br />„Ich bringe Alexander, äh Rex – ich meine den Hund da. Ich habe ihn auf dem Weihnachtsmarkt im Städtli gefunden, er ist mir einfach nachgelaufen und so habe ich ihn halt bei mir behalten. – Ich wusste ja nicht … also, entschuldigen sie, ich habe den Aushang erst gestern Abend gesehen. Da ist noch etwas Hundefutter.“ <br />Benno streckt der jungen Frau trotzig das fast leer Säckchen mit Hundefutter hin.<br />„Ich brauche es ja jetzt nicht mehr“.<br /><br />Die sympathische Frau nimmt das Säckchen mit einem Lächeln entgegen.<br />„Ganz herzlichen Dank! Wir sind so froh, dass Rex wieder da ist“ <br />Dabei gibt sie Benno die Hand, ein fester, warmer Händedruck.<br />Auch der kleine Junge, von unten bis oben voll mit Schnee, kommt jetzt zum Rollstuhl und schlingt beide Arme ganz fest um Bennos Hals.<br />„Danke, danke!“, keucht er. „Das ist das schönste Weihnachtsgeschenk, dass mein Rex wieder da ist. Ich hatte solche Angst um ihn.“ <br />Der Kleine umarmt wieder seinen Hund, der sich kaum beruhigen kann.<br /><br />Die junge Frau wischt Benno vorsichtig den Schnee vom Kragen und bittet den jungen Mann ins Haus. Beim Kaffee erfährt Benno, dass der Hund beim Ausführen plötzlich einem Hasen nachrannte und nicht mehr zurück kam. Stundenlang hätten sie den kleinen Ausreisser gesucht – zuerst nur hier im Ort Zettel aufgehängt – aber der Hund sei verschwunden geblieben. <br />Michael, so heisst der Knabe, hätte schrecklich darunter gelitten, viel geweint, nicht mehr richtig gegessen und sich auch nicht mehr auf Weihnachten gefreut. Nur noch seinen Rex wollte er haben – aber nun sei ja alles gut. – und er, Benno, sei nun so etwas wie der Weihnachtsmann. <br />Liebevoll drückt der kleine Michael, der die ganze Zeit neben Benno sitzt, den Kopf an Bennos Arm und der strahlt über das ganze Gesicht. Er hat den Buben sofort ins Herz geschlossen. <br /><br />Benno ist an diesem Tag noch lange geblieben. Er wurde zum Mittagessen eingeladen, dann musste er das Häuschen bestaunen und am Nachmittag hat er mit der jungen Mutter noch lange am Küchentisch geplaudert. Man verstand sich auf Anhieb. <br />Auch sie hat es nicht einfach, der Vater des Buben hat sie schon lange im Stich gelassen. Michael ist leicht autistisch und darum ist der aufmerksame Hund mit seinem Temperament, das mit bedächtiger Ruhe gepaart ist, für den Jungen so sehr wichtig. Der Kleine brauchte eben viel Zuwendung und Geduld. Auch Bezugspersonen und Spielkameraden wären wichtig. Doch so abgelegen wie sie wohnen, ist das nicht so einfach. Zudem findet man hier im Hinterland als Zugezogene mit fremdem Dialekt nicht so schnell Kontakt. Benno kann das gut verstehen.<br />Doch sie will gar nicht jammern, das Schicksal von Benno macht sie tief betroffen. Gerne will sie sich ein wenig um ihn kümmern, wenn er einverstanden ist. Auch für Michael wäre der Umgang mit Benno ein Gewinn. Denn Benno hat nicht nur ein Gespür für Hunde, sondern auch für Kinder, das hat Ruth schnell gemerkt. <br />Benno ist überglücklich. Niemals hätte er am Morgen gedacht, dass er sich am Nachmittag so wohl und geschätzt fühlen würde. <br /><br />Natürlich wird Benno zum morgigen Heiligen Abend eingeladen. Das Gästebett stehe für ihn bereit, damit er zumindest über die Weihnachtstage ein richtiges Zuhause habe.<br /><br />Aber wie soll man nun den kleinen Ausreisser in Zukunft rufen? Alexander oder Rex? Michael entscheidet sich für Alex.<br />Währenddessen verfolgt der kleine Hund von seinem Körbchen aus alles ganz genau. Er ist mit dem Ausgang der Geschichte sehr zufrieden – ja, er ist sogar überzeugt, dass gerade er, besonders viel um glücklichen Ende beigetragen habe. </span><br />
<span style="font-size: x-small;"><b>© Copyright Herr Oter (Dezember 2015)</b></span><br />
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<span style="font-size: x-small;">Eine schweizerdeutsche Lesefassung für den privaten Gebrauch </span></div>
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<span style="font-size: x-small;">kann auf <a href="mailto:einfach-nur-ein-mann@bluewin.ch">Anfrage</a> bei mir bezogen werden.</span></div>
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<span style="font-size: xx-small;">© Copyright Bild-Autor: <a href="https://it.wikipedia.org/wiki/Utente:Maquesta">Tatiana Chessa</a> / Lizenz: <a href="http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/ch/">CC 3.0/CH</a> / aus <a href="https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9e/Bram_Zwergschnauzer.JPG/800px-Bram_Zwergschnauzer.JPG">Wikimedia Commons</a></span></div>
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Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-18187970919275786962015-12-05T16:18:00.000+01:002015-12-13T22:53:38.234+01:00Der vergessene Nikolaus<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Der vergessene Nikolaus</b></span><br />
<span style="font-size: small;">Eine neue Adventsgeschichte für meine diesjährigen Lesungen </span><br />
<span style="font-size: small;">im Adventskaffee des Altersheims</span><br />
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<span style="font-size: small;">Im Altersheim 'Abendruh' ist es Tradition, dass die Lehrtochter im letzten Lehrjahr, für den Klausabend verantwortlich ist. Dafür darf sie dann später beim Nachtessen mit der Heimleitung, der Dorfpräsidentin und neben dem Nikolaus am Ehrentisch sitzen. <br />In diesem Jahr hat es für diese Aufgabe Monika getroffen, eine schüchterne, junge Frau, die aber immer ihr Bestes gibt.<br /><br />Mit viel Eifer geht sie frühzeitig an die Vorzubereitungen. Sie plant mit der Aktivierung die Tischdekoration, bestellt mit der Chefin die Geschenke für die Bewohner, spricht mit dem Küchenchef das 'Samiklaus-Menu' ab und kreiert für das Büro die Menukarten. Bald werden die Einladungen an die Bewohner und die Angehörige verschickt. Am ersten Dezember ist Monika mit ihren Vorbereitungen ganz zufrieden, nun kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Nur noch das Nikolauskleid muss sie aus dem Keller holen …<br /><br />Der Nikolaus! - Monika fährt der Schreck in alle Glieder, ihr wird fast schwindlig – hat sie doch tatsächlich vergessen, den Nikolaus zu bestellen. Schnell ruft sie bei Max Huber an. Der hat in den letzten Jahren immer den Nikolaus gemacht. <br />„Er könne nicht, er sei im Spital“, hat man ihr ausgerichtet.<br />Nun versucht es Monika bei der St.-Nikolaus-Gesellschaft. <br />Aber, oh Schreck, «sie sei viel zu spät! – alle Kläuse in der Region seien schon längst ausgebucht.»<br />Monika hätte heulen können. Nun hat sie sich so viel Mühe gegeben und das Wichtigste doch vergessen.<br />Wo soll sie jetzt nur einen Nikolaus hernehmen?<br />Die arme Monika kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.<br /><br />„Weinst Du?“ <br />Frau Heinrich, ihre Lieblingsbewohnerin, steht unter der Bürotüre. <br />„Nein“, schluchzt Monika und legt den Kopf verschämt auf die verschränkten Arme.<br />„Ja, das sehe ich“, sagt Frau Heinrich mit einem gütigen Lächeln, „darf man eintreten?“<br />Das unverständliche Gemurmel deutet Frau Heinrich als ein Ja und schon trippelt sie mit dem Rollator zum Bürotisch. Sie streicht Monika sanft über die Haare.<br />„Aber, aber, so schlimm wird es schon nicht sein – Liebeskummer?“<br />„Nein, keinen Samiklaus“, schluchzt die jungen Frau in ihre Arme.<br />„Komm Mädchen, erzähle …“<br /><br />Kurz darauf hat Frau Heinrich die ganze Tragödie erfahren und zum Glück auch gleich eine Lösung bereit.<br />Es ist eben diese praktische und positive Lebenshaltung, die Monika und viele andere im Heim an der alten Dame so sehr schätzen.<br />Dazu ist sie immer hilfsbereit, freundlich und höflich, auch wenn sie recht direkt sein konnte, wenn es notwendig scheint. <br /><br />„Schau, Liebes“, sagt Frau Heinrich, „ich habe einen Enkel, nur wenig älter als du. Der arbeitet im Büro eines grossen Einkaufzentrums. Dort hat er auch schon den Samiklaus 'gemacht', für die vielen Kinder am Nachmittag. <br />Ich werde den Johannes heute Abend anrufen und ihn bitten, dass er uns in dieser schrecklichen Situation aushelfen soll.“<br />„Oh, danke Frau Heinrich, sie sind einfach die Beste.“ <br />Schnell wischt sich Monika die Tränen aus den Augen und drückt Frau Heinrich ganz fest.<br />„Meinen sie, das er das macht?“ <br />Monika kommen schon wieder Zweifel.<br />„Ich denke schon“, beruhigt sie Frau Heinrich. „Der Johannes ist ein ganz Lieber. Der kommt eben ganz nach mir …“, sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln.<br /><br />Und wirklich, Johannes ist einverstanden. <br />«Er habe zwar am Nachmittag noch einen 'Auftritt' im Center, und es werde ziemlich knapp mit der Zeit – es seien immerhin dreissig Kilometer mit dem Auto. Aber dafür sei er dann bereits auch schon angezogen und er werde sich natürlich beeilen. – Für seine Grossmutter mache er doch alles möglich.» <br />Monika fällt jetzt ein grosser Stein vom Herzen und dafür gibt sie Frau Heinrich einen dicken Kuss auf die Wange. <br />Nun kann der sechste Dezember ja getrost kommen.<br /><br />Und er kommt! Aber wie …!<br />Bereits am Mittag beginnt ein fürchterlicher Schneesturm. Am Nachmittag ist das Schneechaos auf den Strassen perfekt. Johannes informiert am frühen Abend seine Grossmutter, dass er auf der Autobahn feststeckt. Nichts geht mehr. Vielleicht schafft er es noch zu ihnen, aber sicher nicht zur abgemachten Zeit. <br />Für Monika bricht eine Welt zusammen. Die Bewohner und Angehörigen warten schon ungeduldig im Speisesaal. In einer Viertelstunde sollte der Nikolaus auftreten. <br />Was soll sie jetzt nur machen?<br /><br />Wieder hat die gute Frau Heinrich eine Idee. <br />„Wo ist die Samiklaus-Kutte, die der Huber Max jeweils trägt?“<br />„Im Keller, ihr Enkel wollte ja bereits angezogen kommen“, schnieft Monika.<br />„Geh schnell und hole sie!“ <br />Frau Heinrich ist nun als ehemalige Geschäftsfrau voll in ihrem Element.<br />„Und vergiss den Bart, den Bischofsstab, das grosse Buch und die Rute nicht.“ <br /><br />„Aber, aber Frau Heinrich, ich kann doch nicht… Hicks!“ <br />Die arme Monika bekommt vor Schreck den Schluckauf.<br />Frau Heinrich muss lachen: „Nein, so kannst du wirklich nicht, mit dieser Stimme …, – und zudem ist sie auch viel zu fein für einen Samiklaus – und die Kutte viel zu weit, für so eine zarte Person, wie du es bist. Ich werde die Sache selber übernehmen müssen. Ich kann dich doch jetzt nicht im Stich lassen.“<br />„Aber Frau Heinrich! – ein Samiklaus mit einem Rollator – das gibt es auf der ganzen Welt nirgends“. <br />„Wir werden ja sehen“, meint Frau Heinrich energisch, „und vergiss die Stiefel nicht!“<br /><br />Blitzschnell ist alles ins Büro geschafft. Der Hauswart hat mit angepackt.<br />„Sie könnten doch, Herr Müller …“, versucht Frau Heinrich dem Ganzen noch zu entkommen. Aber der fuchtelt mit den Armen, stottert etwas von dringender Schneeräumung und macht schnell auf dem Absatz kehrt.<br />So wird Frau Heinrich wohl nichts anderes übrig bleiben, als selber in die viel zu grossen Stiefel zu steigen. <br />Da hat sie noch eine Idee:<br />„Halt, halt!“ ruft sie in scharfem Ton.<br />Erschrocken bleibt der Hauswart wie angewurzelt stehen.<br />„Ihren Mantel und die Zipfelmütze, bitte, Herr Müller.“<br />Fordernd streckt Frau Heinrich die Hand aus. <br />Der Hauswart ist froh, dass es nur das ist und zieht schnell die geforderten Sachen aus, und – schon ist er weg.<br />„Bevor die Alte noch auf weitere dumme Gedanken kommt“, murmelt er halblaut.<br /><br />Mit zehnminütiger Verspätung schreitet ein etwas zu kurz geratener Nikolaus würdevoll in den Speisesaal des Altersheims. Gestützt auf der einen Seite von einem viel zu langen Bischofsstab und auf der anderen Seite von einem schmächtigen 'Schmutzli' im viel zu langen, schwarzen Mantel des Hauswartes und mit seiner Zipfelmütze auf dem Kopf. Mit dem vielen Russ vom Cheminée ist das Gesicht von Monika nicht mehr erkenntlich. <br />Auf dem Rücken trägt sie einen grossen Sack mit den Geschenken.<br /><br /><br />„Guten Abend“, begrüsst eine tiefe, feste Stimme die wartenden Bewohner und schnell ist es ehrfurchtsvoll still im Saal.<br />„Entschuldigung für die kleine Verspätung, aber die Anreise war mit grossen Schwierigkeiten verbunden und sehr anstrengend. Ich muss mich gleich ein wenig setzen.“<br />Während sich der Nikolaus auf einen eiligst herbeigebrachten Sessel setzt, tuscheln die Bewohner lebhaft, wer wohl dieser Samiklaus sei, er wirke anders als die Jahre zuvor. Nicht einmal die Heimleitung hat eine Ahnung, wer es sein könnte.<br /><br />Nun nimmt der alte Mann mit dem grossen, weissen Bart bedächtig sein grosses Buch zu Hand.<br />„So, so, wen haben wir denn da?“<br />Der Nikolaus blickt streng durch seine viel zu grossen Brillengläser in die Runde.<br /><br />„Schau dort, Frau Nievergeld, sie strickt immer so fleissig, hat man mir gesagt. Das höre ich natürlich gerne, nur weiter so Maria. Vielleicht gibt es ja einmal ein paar warme Socken für den Samiklaus.“<br />Etwas zaghaft wird geklatscht.<br /><br />„Aha und dort, Frau Marquart! Ich habe gehört, dass sie ihren Rollator immer mitten in der Cafeteria stehen lassen. Das stört die anderen. Ihr seid doch noch ganz gut zu Fuss - also könnten sie ihn bitte etwas mehr zur Seite stellen?“<br /><br />„Dafür sollte Frau Meierhans den Rollator öfters benützen, sie ist ja schon zweimal gestürzt. Das ist doch wirklich keine Schande, so ein Rollator, Frau Meierhans. Ich brauche manchmal auch einen …“<br />Monika muss sich ein Lachen verkneifen.<br /><br />„Und der Herr Dumermuth, flucht immer lautstark beim Jassen. Aber, aber, das ist nicht schön! So kommt man nicht in den Himmel, Herr Dummermut!“<br /><br />„Und hier, Schwester Martina, sie hat immer genug Zeit für die Bewohner. Das ist genau das, was es braucht für diesen Beruf, viel Geduld und Einfühlungsvermögen, Bravo Schwester Martina.“ <br />Heftig wird nun applaudiert.<br /><br />„Und dort der Seppetoni! Er nimmt immer die Hauszeitungen mit aufs Zimmer. Das geht doch nicht, die Anderen möchten ebenfalls die Zeitungen lesen. Also, die Zeitungen vom Haus sind für alle da, und bleiben in der Cafeteria. Hast du verstanden Seppetoni?“<br />Der verspricht, sich zu bessern und Monika wundert sich, was ist aus der höflichen und zurückhaltenden Frau Heinrich geworden ist.<br /><br />„Und dort, Schwester Marianne, sie telefoniert oft mit ihren Kolleginnen, während sie den Bewohnern das Essen eingibt – was ist das auch für eine Arbeitseinstellung, Marianne!“<br />Die Schwester bekommt einen hochroten Kopf.<br /><br />Jetzt ist Frau Heinrich so richtig in Fahrt. Die Blätter der Pflege im grossen Buch, mit den allgemein gültigen Sprüchen für den Nikolaus, braucht sie nicht. Endlich kann sie einmal alles loben was ihr hier gefällt und tadeln was sie stört. Keinen lässt sie aus, nicht einmal die Heimleitung und sogar der Chef muss sich Lob und Tadel anhören.<br />Ständig wird der Nikolaus von Applaus unterbrochen – denn er hat einfach recht. Was er sagt, das denken die Meisten hier. So einen guten Nikolaus hatten sie also noch nie. Man fragt sich, wer denn so genau Bescheid über jeden im Altersheim wissen kann. <br />Währenddessen verteilt der 'Schmutzli', also Monika, fleissig die Geschenke – jeder bekommt eines. Sie ist überglücklich, dass die Bewohner so eine grosse Freude an 'ihrem' Nikolaus haben. Auch die Heimleitung und ihre Chefin gratulieren ihr mehrmals zu ihrer perfekten Organisation und der guten Auswahl des Nikolauses.<br /><br />Später sitzen sie alle beim gemeinsamen Nachtessen. Natürlich sitzt Frau Heinrich am Ehrentisch neben der strahlenden Monika. Die Erleichterung ist beiden anzumerken und Monika legt ab und zu dankbar den Arm um ihre liebste Bewohnerin. Frau Heinrich wird immer wieder zu ihrer Rolle als Nikolaus beglückwünscht. <br />Niemand hätte gedacht, dass diese charmante, alte Dame ein so überraschendes Talent besitzt.<br />„Aber das war ein einmaliger Auftritt, dass das klar ist! Das habe ich nur für Monika gemacht!“<br />Dabei drückt sie liebevoll Monikas Arm. <br /><br />Plötzlich wird die Türe aufgerissen und ein zweiter Weihnachtsmann stürmt in den Speisesaal.<br />„Entschuldigung, Entschuldigung!“, keucht er, „ich bin im Schnee stecken geblieben!“<br />Grosses Gelächter und ein warmer Applaus begrüssen den verspäteten Nikolaus. Natürlich wird auch er zum Nachtessen eingeladen. Frau Heinrich besteht darauf, dass er, nachdem er Bart und Verkleidung ausgezogen hat, neben Monika und nicht neben seiner Grossmutter sitzt. <br />Die junge Frau ist stolz, dass sie neben diesem gut aussehenden Mann sitzen darf und dabei erntet sie manchen neidischen Blick. Die Beiden unterhalten sich prächtig und Frau Heinrich ist das mehr als nur recht. Sie spürte schnell, dass zwischen den beiden mehr sein muss, als nur eine Lehrtochter in Not und ein zu später Nikolaus-Ersatz.</span><br />
<span style="font-size: x-small;"><b>© Copyright by Herr Oter </b>(Dezember 2015)</span><br />
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<span style="font-size: x-small;">Eine schweizerdeutsche Lesefassung für den privaten Gebrauch, </span></div>
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<span style="font-size: x-small;">kann auf <a href="mailto:einfach-nur-ein-mann@bluewin.ch">Anfrage</a> bei mir bezogen werden.</span></div>
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<span style="font-size: x-small;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg0rXRJb-MwGMriTrp4wyCYOY9c7yFvV0BX_E3rtto52zxd11WTcs6c-eJkm8EEIUMScTTeriuwi9rRAvgHvEgv2TOqx1MCUCY84o2KevpmHlGTBbTEB08y-3Cyu5ZaKm0rYyjy/s1600/nicholas-64052_1920.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="240" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg0rXRJb-MwGMriTrp4wyCYOY9c7yFvV0BX_E3rtto52zxd11WTcs6c-eJkm8EEIUMScTTeriuwi9rRAvgHvEgv2TOqx1MCUCY84o2KevpmHlGTBbTEB08y-3Cyu5ZaKm0rYyjy/s320/nicholas-64052_1920.jpg" width="320" /></a></span></div>
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<span style="font-size: xx-small;"> © Bild von: <a href="https://pixabay.com/de/users/geralt-9301/">geralt</a> / Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0</a> by: <a href="https://pixabay.com/de/nikolaus-weihnachtsmann-adventszeit-64052/">pixabay</a></span></div>
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<span style="font-size: xx-small;">:) </span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-75874280362347851152015-07-16T18:54:00.000+02:002015-07-17T01:44:23.654+02:00Wenn es zweimal klingelt…<br />
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<span style="font-size: large;"><b>Wenn es zweimal klingelt…</b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Wenn es kurz vor dem Mittag zweimal klingelt, dann ist das immer der Postbote.<br />Aber das kommt selten vor, denn er klingelt nur, wenn er neben der 'normalen' Post – die er sonst einfach in den Briefkasten wirft – auch noch ein 'Einschreiben' dabei hat. Denn diesen Erhalt muss man mit der Unterschrift bestätigen.<br /><br />'Eingeschrieben' geliefert wurde bisher vor allem Wertvolles oder ganz Wichtiges – vielleicht bedeutende Dokumente oder ganz vertrauliche Papiere. Wichtige Verträge zum Beispiel, Anwalts- oder Gerichtsschreiben, aber auch Kündigungen oder letzte Mahnungen von Inkassofirmen. So bekamen oft die eher Liederlichen und Unredlichen einen 'Chargé' und vielleicht hat sich dann der eine oder andere, je nach Absender, doch beim Empfang manchmal ein bisschen geschämt. Denn rechtschaffene Privatleute hatten eher selten mit dieser Art von Postsendung zu rechnen. <br /><br />Das hat sich inzwischen scheinbar stark verändert.<br />Denn in letzter Zeit, so sagt mir mein Postbote, muss er immer öfter zweimal an Schweizer Haustüren klingeln. Nicht, dass es heute den meisten Eidgenossen gegenüber von früher bedeutend mehr an Gesetzestreue und Rechtschaffenheit mangeln würde. Nein, bestimmt nicht! Darum ist es ja heutzutage auch nicht mehr ein wichtiges Briefkuvert oder ein wertvolles 'Päckli', das der 'Pöstler' zum Unterschreiben bringt. Nein, es sind meistens eingeschriebene, schwarze Versandtaschen, die direkt aus China kommen. Sie enthalten billige Mode-Artikel, die zum Beispiel über die Webseite «<a href="https://www.wish.com/">Wish</a>» bestellt wurden. Die Wish-App, die mobile Shopping-Plattform aus San Francisco, ist aktuell die Nummer eins im Versandhandel in Amerika und Europa und soll alle anderen mobilen Online-Shopping-Plattformen in den Schatten stellen. Nach Amazons Slogan 'Einfach so einkaufen’ und dem ’Schrei vor Freude' von Zalando, nun das 'Eingeschriebene' von «Wish». Besonders die neue Wish-App «<a href="https://www.wish.com/geek/m">Geek</a>» soll es den kaufwütigen Schweizern angetan haben und sie in einen wahren Kaufrausch versetzen. Über die Suche findet man (fast) alles, Kleider, Schmuck, Technik, Wohnungseinrichtungen, Geschenke, Kinderartikel und schnell ist bestellt und mit Kreditkarte bezahlt. Die Lieferung dauert dann etwas länger, dafür muss man schon 10 bis 30 Tage lang (manchmal auch etwas mehr) Geduld aufbringen.<br /><br />So bestellt man online zum Beispiel ein paar schwarze Damen-Freizeitschuhe für 3 Fr./€. Dazu kommen dann noch 2 Fr./€ Porto. Wohlverstanden, transportiert von China in die Schweiz und das EINGESCHRIEBEN!<br />Ich habe den Postboten gefragt, was bei uns ein eingeschriebener Brief ins Nachbardorf kosten würde – seine Antwort: mindestens 6 Fr./€.<br /><br />Über den Wert der Schuhe, deren Herstellungsbedingungen in China oder den ökologischen Unsinn des Transportes um die halbe Welt, mag ich heute hier gar nicht schreiben. Aber wie ist es möglich, dass die Schweizer Post für denselben Vorgang – nämlich die Verteilung und Abgabe einer eingeschriebenen Postsendung – mindestens dreimal weniger verlangt, wenn das Paket aus China kommt? <br />Auch der 'Pöstler' hat mir bestätigt, dass seine Arbeit immer den gleichen Umfang hat, egal ob die Sendung in der Schweiz oder in China aufgegeben wurde. Aber seine Arbeitsbelastung hat sich dennoch stark vergrössert, weil heute auch 'rechtschaffene Privatleute' viel öfters eingeschriebene Post aus China bekommen. Es sei ein richtiger Boom entstanden. Und: „Es braucht natürlich viel mehr Zeit, bis jeder an der Haustür ist und dann, oft nach einem kurzen Gespräch, endlich für den Erhalt unterschrieben hat. Aber man will dem Kunden gegenüber ja auch nicht unhöflich sein.”<br />Zum Glück sind die meisten Benutzer dieser Apps tagsüber nicht zu Hause und darum muss er 'nur' einen Abholschein ausfüllen und in den Briefkasten werfen, damit sie ihre ’wertvolle’ oder 'ganz wichtige' eingeschriebene Post aus dem fernen China am Postschalter später abholen können.<br /><br />Ob sich dabei der eine oder andere wie früher, ob dem Absender auch ein bisschen schämt – das habe ich den 'Pöstler' natürlich nicht gefragt.</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj6-6q4vs2IiA1QfXqYKhFqV5qsPUL7nfK8uU7Hxu_JT14zAd9liqb3Zir33BBbSz0_yJwm2twtqoW8o0G7rojno-ZGe4NiSRCW7XP9dEIombFWIzsxXDlkpDKTk7ABkViMizMm/s1600/+16.07.2015+Schuhe+aus+China.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="239" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj6-6q4vs2IiA1QfXqYKhFqV5qsPUL7nfK8uU7Hxu_JT14zAd9liqb3Zir33BBbSz0_yJwm2twtqoW8o0G7rojno-ZGe4NiSRCW7XP9dEIombFWIzsxXDlkpDKTk7ABkViMizMm/s320/+16.07.2015+Schuhe+aus+China.jpg" width="320" /></a></div>
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">:(</span> </span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com4tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-19656230689668650322015-06-09T15:43:00.000+02:002015-07-18T15:27:39.177+02:00 Mein erster Kinobesuch<span style="font-size: small;"><br /></span>
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: large;"><b>Mein erster Kinobesuch</b></span></span><br />
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<span style="font-size: small;">Der französische Filmschauspieler <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Brice">Pierre Brice</a> ist in Paris, 86-jährig, an einer Lungenentzündung gestorben. <br />Er wurde als 'Pierre Louis Baron Le Bris' in Brest geboren, war lange Zeit Soldat und gelangte 1962 als Darsteller des 'Winnetou' in den Karl-May-Verfilmungen zu Weltruhm. Nun ist der 'echte' Winnetou, edler Indianer und Häuptling der Mescalero-Apachen, nach mehrfachen schauspielerischen Wiederauferstehungen vor wenigen Tagen endgültig in die ewigen Jagdgründe eingegangen.<br /><br />Das erinnert mich an meinen ersten Besuch in einem Kino.<br /><br /> </span><br />
<span style="font-size: small;">Ich war damals etwa vierzehn Jahre alt. Wie die meisten kleinen Kinder hatten wir natürlich auch ‘Indianerlis’ gespielt, aber die Karl May Bücher haben mich nie sonderlich interessiert. Mir gefiel nur Winnetous Schwester ausserordentlich gut.<br />Darum hing bei mir über dem Bett, statt Pierre Brice als Winnetou oder Lex Barker als Old Shatterhand, ein riesengrosses Poster der jungen, damals 24-jährigen, <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Marie_Versini">Marie Versini</a>, als bildhübsche Häuptlingstochter Nscho-tschi an der Wand.<br />Für diese Nscho-tschi ging ich auch zum ersten Mal in meinem Leben in ein Kino – mit dem Velo, im nächst grösseren Ort.<br /><br />„Bist du schon zwölf?“, fragte die korpulente Kassiererin ziemlich unwirsch. Ich war etwas aufgeregt. <br />„Ja“, kam es kleinlaut von mir, „dreizehn!“.<br />„Welcher Rang?“ <br />Was, welcher Rang? Ich kam ins Stottern. <br />„Oben, unten, vorne hinten?“ knapp und forsch kam die Erklärung. <br />„Vorne!“, sagte ich erleichtert. <br />So war man der Leinwand doch am nächsten, oder? Komisch nur, dass das trotzdem die billigsten Plätze waren... Aber das kam mir nicht ungelegen, denn ich hatte gelernt, mein erarbeitetes ‘Sackgeld’ gut einzuteilen.<br />Natürlich war ich viel zu früh. Im düsteren Kinosaal waren erst wenige Plätze in der Mitte besetzt.<br />Ein Mann mit Taschenlampe verlangte nach dem Billett, und scheuchte mich dann den langen Gang hinunter: „Erste drei Reihen.“<br />Scheu setzte ich mich auf den ersten Klappstuhl der zweituntersten, ziemlich langen Bankreihe. Ich stand dann noch einige mal auf, bis sie ganz gefüllt war. Der Holzstuhl war ungepolstert und unbequem. Man musste steil nach oben sehen und die riesige Leinwand konnte man so nahe auch nicht mit einem Blick erfassen. So löste sich dann das Rätsel mit den billigen Plätzen rasch.<br /><br />Nach einiger Zeit wurde es ganz dunkel. Aber nicht der Film begann, sondern die Reklame.<br />Ich musste ziemlich lange warten, bis mein Idol endlich zu sehen war. Ihr erster Auftritt war auch nur ganz kurz und in einer dunklen Abendszene. Darum war sie nur schemenhaft zu erkennen. Doch der Ausstrahlung von Nscho-tschi tat das keinen Abbruch.<br />Danach musste ich mich wieder sehr lange gedulden, bis das schöne Indianermädchen das nächste Mal ins Bild kam. Vorher hatte ich noch einige heftige Explosionen und spektakuläre Kampfszenen mit stürzenden Pferden und vielen Toten über mich ergehen zu lassen. Alles hautnah, übermächtig gross und sehr laut. Doch das Kino-Publikum war begeistert, ich eher 'beeindruckt'. Denn Zuhause hatten wir zu der Zeit noch nicht einmal einen schwarzweiss Fernseher. Darum schloss ich manchmal einfach ein wenig die Augen, wenn mit das Ganze 'zu nahe' kam.<br /><br />Irgendwann ging das diffuse Licht im Kinosaal wieder an. Ich war enttäuscht, mein Idol nur so kurz und erst noch undeutlich gesehen zu haben. Aber viele blieben sitzen, denn zum Glück war nur Pause. Schüchtern wie ich war, getraute auch ich mich nicht von meinen Platz, obschon ich eigentlich zur Toilette musste. Doch, man konnte ja nie wissen wenn es weiterging. <br /><br />Nach geraumer Zeit füllte sich dann die grosse Leinwand wieder mit Leben – Indianer, Gauner, Schurken, Spassmacher und Soldaten, auch viele Pferde und wunderschöne Landschaften waren zu sehen, nur meine Nscho-tschi nicht. Wann würde sie denn endlich auftauchen?</span><br />
<span style="font-size: small;">Erst musste noch Winnetou vom Marterpfahl befreit und der böse Santer bekämpft werden. Saloons, Zeltlager und weitere Pferde flogen durch die Luft. Auch ein paar Dutzend Rothäute und Weisse wurden noch niedergemetzelt – erst dann kam endlich der nächste Auftritt meiner Favoritin. <br />Zum Glück, denn meine Blase meldete sich immer heftiger.<br /><br />Ihr Auftritt war ein Erlebnis, das Warten und der vorangegangene Gräuel hatten sich gelohnt. Hingebungsvoll pflegte sie den am Hals verletzten Old Shatterhand. Rührend tupfte sie dem Verwundeten den Schweiss von der Stirne, während sie ihn mit ihren grossen, dunklen Augen zärtlich ansah. Man sah, dass sich die junge Indianerin zum Todfeind ihres Stammes hingezogen fühlte. Aufopfernd pflegte sie ihn, während er sich im Fieberwahn wälzte. Tag und Nacht sass Nscho-tschi im Schein einer Öllampe an seinem Lager. Dann, kaum war sie kurz eingenickt, erwachte der Genesene und versuchte sich zu erheben. Mit zärtlichen Blicken drückte sie den stämmigen Mann sanft auf die weissschwarze Fellunterlage zurück. <br />„Wie heisst du, wie dein Name?” fragte der Verwundete. „Sag wie du heisst!” <br />„In meiner Sprache Nscho-tschi, das bedeutet 'Schöner Tag'.” <br />Old Shatterhand und ich waren hingerissen. <br />Im Kino, so gross und so nahe vor mir, erschien sie mir noch viel schöner und strahlender als auf dem Poster Zuhause. Zwischendurch vergass ich sogar meine übervolle Blase.<br /><br />Nach dem eindrücklichen Dialog der Beiden musste Old Shatterhand essen, damit er wieder zu Kräften kam. Dazu löffelte die Schönheit dem Helden mit zärtlichem Blick eine rote, dünne Suppe ein. Danach musste er schlafen, damit er wieder gesund wurde – nur, damit man ihn und seine beiden Kollegen später tüchtig martern und dann töten konnte. Old Shatterhand versicherte ihr zwar glaubhaft, dass er Winnetou aus den Händen der Kiowas gerettet hatte, aber er konnte es nicht beweisen. <br />„Aber ist es war? Schwörst du es?“, fragte darauf die angebetete Schönheit den inzwischen bereits bärtigen Patienten.<br />„Ich schwöre es.“ <br />In der schönsten Szene des Films schaute das bezaubernde Indianer-Mädchen den Helden mit ihren grossen dunklen Augen nachdenklich an und sagte dann leise mit ihrem unvergleichlich 'indianischen' Akzent: „Isch glaube dir.“ Trotzig fügte sie dann noch hinzu: „Wenn du sterben musst, dann will auch isch nicht leben – das schwöre isch". <br />Mich betrübte diese Ankündigung nicht. Hauptsache, das Ganze dauerte nicht mehr allzu lange, denn meine Blase meldete bereits Notstand!<br /><br />Nscho-tschi wollte also für ihren Old Shatterhand kämpfen und seine Unschuld und gute Gesinnung beweisen. Doch den dramatischen Rest des Filmes habe ich dann leider nicht mehr richtig mitbekommen. Ich führte meinen persönlichen Kampf – gegen den Harndrang. Sogar der tragische Tod meiner Heldin liess mich vollkommen unberührt und während das halbe Kino mit den Tränen kämpfte, kämpfte ich gegen das Auslaufen.<br /><br />Was war ich froh, als der Film endlich zu Ende war! <br />Mit einem unglücklichen Ende für die schöne Nscho-tschi, aber zum Glück mit einem 'Happy End' für mich. Ich hatte den Kampf gegen meine übervolle Blase gewonnen und mein erstes Kinoerlebnis ging zum Glück nicht in die Hose.</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjjnn_cXe_XN041GlWBlXjRYhaVGiqB79ZYY3xc7qKHfZ_G9OvMJs4rXuB-A8UcNjgQDFbmnJ3I91_0AUdSzw6A-AaMjIvI14es9WPz5p0QQvtCxiqXBmhBvdq5NtbrJqZReSyf/s1600/MarieVersini_als_Nschotschi.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="320" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjjnn_cXe_XN041GlWBlXjRYhaVGiqB79ZYY3xc7qKHfZ_G9OvMJs4rXuB-A8UcNjgQDFbmnJ3I91_0AUdSzw6A-AaMjIvI14es9WPz5p0QQvtCxiqXBmhBvdq5NtbrJqZReSyf/s320/MarieVersini_als_Nschotschi.jpg" width="229" /></a></div>
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<span style="font-size: small;">Marie Versini als Nscho-tschi</span></div>
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<span style="font-size: xx-small;">© Copyright Bild-Autor: unbekannt / Lizenz: <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/GNU-Lizenz_f%C3%BCr_freie_Dokumentation">GNU</a> 1.2 / Quelle: <a href="http://karl-may-wiki.de/index.php/Datei:MarieVersini_als_Nschotschi.jpg">Karl-May-Wiki </a> </span></div>
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<span style="font-size: xx-small;">:)</span></div>
Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-35188807574160893312015-05-27T18:19:00.001+02:002016-04-24T13:28:28.369+02:00Einsamkeit<span style="font-size: small;"><br /></span>
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: x-large;"><b>Einsamkeit</b></span><br /><br /> </span><br />
<span style="font-size: small;">Verwundert bleibt Flandrina stehen und schaut sich um.<br />Ihr Atem geht rasch, das letzte Wegstück ging steil bergan.<br />„Bin ich jetzt wirklich so weit gelaufen?“ fragt sie sich.<br />Doch da sie nun hier oben steht, muss sie weit über eine Stunde gegangen sein.<br />Eigentlich wollte sie ja einfach nur ein wenig der allmählich untergehenden Frühlingssonne entgegengehen. Denn nach dem hartnäckigen Hochnebel der letzten Tage, war ihr Sonnenlicht jetzt wichtig.<br />Tranceartig ist sie bis hierher gekommen. Auf dem ganzen Weg war sie in sich gekehrt, in trübe Gedanken versunken gewesen. Doch wie immer hatte es keine Klärung gegeben. Da konnte sie grübeln so lange sie wollte. <br /><br />Flandrina setzt sich auf die lange Bank am Wegrand, genau in die Mitte unter das Kreuz mit der geschundenen Holzfigur. Einatmen, ausatmen, ruhig werden und sich entspannen. Sie lehnt sich etwas zurück, berührt das Holz mit ihrem Rücken. Einatmen, ausatmen. Sich fallen lassen. Die Atmung wird schnell regelmässiger, das Pochen im Hals ruhiger. <br /><br />Die Frau in den Fünfzigern sitzt gerne hier. Da ist der Blick weit – über die braungrünen Matten mit den vereinzelten Schneeresten bis hin zu den majestätischen Berggipfeln in der Ferne. Noch sind sie schneebedeckt und zeichnen sich darum in der untergehenden Sonne umso kontrastreicher vom tiefblauen Himmel ab. Das grelle Weiss untermalt ihre Erhabenheit.<br />Flandrina schliesst die Augen und nimmt die Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht bewusst war. Ein Gefühl von wohliger Wärme und angenehmer Schwere macht sich breit. <br />„Alles halb so schlimm“, denkt sie.<br /><br />„Sollte ich hier beten?“<br />Flandrina atmet tief ein, setzt sich aufrecht hin und verwirft den Gedanken sofort wieder. Nein, sie kann sich nicht vorstellen, hier mit gefalteten Händen zu sitzen und mit einem Gott zu sprechen an den sie gar nicht mehr recht glaubt. Schnell öffnet Flandrina die Augen wieder und sucht die Berge.<br />„Die haben Bestand, sind Wirklichkeit und Realität!“<br />„Sie sind etwas, woran man sich halten könnte“, denkt Flandrina.<br />Wie ein 'Fels in der Brandung' – unerschütterlich gegen die Wogen des Lebens, gegen das Auf und Ab, das Hin und Zurück.<br /><br />Unweigerlich kommt Flandrina der Begriff vom 'unerschütterlichen Glauben' in den Sinn. Warum verbindet sie diese beiden Worte immer wieder mit den Bergen? Vielleicht durch den Spruch: 'Der Glaube versetzt Berge' – aber welcher Glaube?<br />Der kindliche Glaube an den allmächtigen Mann mit dem weissen Bart im Himmel?<br />Flandrina schaut nach oben und muss lächeln. Früher hatte sie sich immer vorgestellt, wie dieser gütige Mann mit dem rosa, faltigen Gesicht die Wolkenballen auseinander schiebt und wohlwollend zu ihr hinab lächelt. Das hatte lange Zeit etwas Tröstliches für sie, doch heute? <br />So einfach ist das alles nicht mehr. Sie hat zu viel erlebt und erfahren. Sie weiss inzwischen einfach zu viel, auch vom Leben. Zu viele Prognosen wurden gestellt und mindestens so viele Rezepte lagen bereit und doch hat sie noch keines gefunden, das ihr geschmeckt oder geholfen hätte. Alles ist jetzt fast nur noch kompliziert. Oft wünscht sich Flandrina darum diese kindliche Einfachheit zurück.<br />Man müsste wieder unbeschwert und ohne Gedanken durch das Leben gehen können, denkt sie sich manchmal – das wäre das richtige Rezept! Aber Gedankenlosigkeit ist das Vorrecht kleiner Kinder.<br /><br />„Dann müsste man eben einfach 'das Richtige' denken,“ massregelt sich Flandrina halblaut selbst. Es erscheint ihr einfach logisch, dass sich die Zukunft eigentlich nur nach dem Verhalten der Gedanken richten kann. Trotzdem fällt es ihr schwer, immer 'das Richtige' zu denken. Immer wieder verfällt sie der Spirale der negativen Gedanken und Gefühle. Das hat ihr gerade die letzte Stunde wieder deutlich gezeigt.<br />Zuerst kam die Wut und die Enttäuschung, dann das Hadern mit dem vermeintlichen Schicksal, danach das Gefühl der Hilflosigkeit. Sie kam sich wieder verkehrt und minderwertig vor. <br />Darauf kamen die Vorwürfe gegen sich selbst: „Es ist deine Schuld, 'du' musst dich ändern, 'du' machst es falsch!<br />Doch eigentlich weiss sie schon gar nicht mehr, was Richtig oder Falsch ist.<br />Dann folgt jeweils die matte Hoffnungslosigkeit, danach die Trauer und dann die innere Einsamkeit. Dieses Gefühl von allen verlassen zu sein - der letzte Akt im Flandrin’schen Drama - sie kennt das Szenario zur Genüge. <br />Würde da der Glaube helfen? Wenigstens wäre dann bestimmt immer einer da …<br /><br />Flandrina sinkt wider zurück. Sie wünscht sich, ihre Gedanken besser kontrollieren zu können. Sie möchte sich doch am Positiven freuen, statt dem Negativen soviel Raum zu geben. Aber das braucht so viel Kraft, das schafft sie einfach nicht immer. Sie müsste sich doch bloss mit dem zufrieden geben, das sie hat und nicht dem nacheifern, das so schwer zu erreichen ist. Doch dazu müsste sie einen grossen Teil ihrer Wünsche und Bedürfnisse, Hoffnungen und Träume hintanstellen. Den Kampf aufgeben – sich selber ein Stück aufgeben – den Willen zügeln und sich dem Schicksal einfach fügen.<br />Flandrina bewundert Menschen, die das können. <br /><br />Genauso wie diese unverbesserlichen Optimisten, die nichts erschüttern kann. Menschen, die überall das Gute sehen, bei denen das Glas immer halb voll und nie halb leer ist. Starke Menschen, keine Schwächlinge. <br />Oder sind es die, die einen starken Glauben haben. Den unerschütterlichen Glauben an das Gute, das Richtige, das Hilfreiche und das Beschützende. Menschen die diesen Glauben auch immer wieder bei einem Gott oder an einem besonderen Ort finden und ihn dort bestärken können.<br /><br />Vielleicht faszinieren sie darum Plätze wie diesen hier immer wieder.<br />Wie viele Menschen haben hier schon gesessen und gebetet, vielleicht auch geklagt, gefleht oder geweint?<br />Haben sie hier Kraft und Trost gefunden oder hier gar Linderung des Schmerzes in ihrer Seele erfahren?<br />Können solch magische Orte Knoten lösen und den rechten Weg weisen? Aber wo sind diese Menschen. Flandrina hat hier noch kaum Menschen gesehen, obschon sie schon oft hier gesessen ist.<br />Genau wie heute, Flandrina sitzt wieder alleine da – wieder kein Mensch weit und breit.<br />In ihrer der Brust zieht sich erneut etwas zusammen.<br />Einsamkeit schmerzt!</span><br />
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<span style="font-size: small;"><a href="http://3.bp.blogspot.com/-pAtUanAqJok/VWXtTtGMZYI/AAAAAAAABSc/AM1styMkw9I/s1600/1-IMG_4446.JPG" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="239" src="https://3.bp.blogspot.com/-pAtUanAqJok/VWXtTtGMZYI/AAAAAAAABSc/AM1styMkw9I/s320/1-IMG_4446.JPG" width="320" /></a></span></div>
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<span style="font-size: small;"><br />Die lange, leicht gerundete Sitzbank, auf der bestimmt über zwanzig Personen Platz finden, lässt darauf schliessen, dass hier auch Messen abgehalten werden. Gemeinschaft! Dieses Wort schiesst jetzt Flandrina durch den Kopf. Wäre das, das Gegenteil von ihrer Einsamkeit? „Vielleicht“, denkt sie, „aber nicht um jeden Preis …“ <br />Zudem hat sie genug Leute um sich, die ganze Zeit. Es fehlt ihr nicht die Unterhaltung, ihr fehlt die Tiefe.<br /><br />Möglicherweise hätte sie halt damals doch den Rat befolgen sollen und sich auf den Jakobsweg begeben.<br />Es sei eine gute Möglichkeit sich selbst zu finden; auch um sich klar zu werden wohin der Lebensweg führen soll, hat man ihr erklärt. Es müsse ja gute Gründe geben, weshalb sich Millionen von Menschen seit Jahrhunderten auf diese uralten Wege begeben würden. Pilgerwege seien zudem eine gute Möglichkeit, gleichgesinnte Suchende zu treffen, sich mit denen auszutauschen und dabei auch ernst genommen zu werden.<br /><br />„Nicht so wie hier“, denkt sich Flandrina, „wo sie alle immer so selbstsicher und selbstbewusst sind und sofort einen 'guten Rat' bereit halten: ‚Du musst dich einfach zusammenreissen!’ Du musst einfach positiv denken und optimistisch sein’.“<br />Diese Ratschläge kennt Flandrina zur Genüge und immer wieder kommen sie ihr vor, als ob man einem Lahmen den Rat geben würde: ”Steh auf und gehe!”<br /><br />Flandrina gibt sich einen Ruck! „Aber ich bin nicht lahm“, denkt sie trotzig. „Ich kann gehen – und irgendwann sitzt hier jemand, ganz bestimmt!“<br />Flandrina fröstelt leicht. Die Sonne hat sich von der Bank zurückgezogen und langsam wird es kalt. <br />Ihr beengtes Herz hat sich nun plötzlich geöffnet und einer gewissen Zuversicht Platz gemacht.<br />Noch einmal lässt sie ihren Blick über auf die majestätischen Berge schweifen, dann steht sie auf und marschiert entschlossen vorwärts. Da vorne gibt es noch etwas Sonne und wenn sie sich beeilt, dann umgibt sie bald wieder die Wärme des kommenden Frühlings.</span>
<span style="font-size: small;"><b><span style="font-size: xx-small;">© Copyright by Herr Oter</span></b></span><br />
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<span style="font-size: small;">Über <b>„Das Gegenteil von Einsamkeit”</b> habe ich <a href="https://www.blogger.com/(http://herroter.blogspot.ch/2015/04/wie-heisst-das-gegenteil-von-einsamkeit.html)">hier</a> geschrieben</span><br />
<span style="font-size: small;">Weitere Geschichten zum Thema Einsamkeit:</span><br />
<span style="font-size: small;">- <a href="https://www.blogger.com/blogger.g?blogID=29047395#editor/target=post;postID=1064648410426497201">Theo</a></span>
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: xx-small;">:(</span></span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-48159388975177764622015-05-01T23:00:00.000+02:002015-12-07T19:53:06.384+01:00 Drei Brüder und drei Schwestern<span style="font-size: small;"><br /></span>
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<span style="font-size: small;"><span style="font-size: large;"><b><br />Drei Brüder und drei Schwestern</b></span></span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Wann und wie sie kamen, das weiss ich gar nicht mehr, weil ich damals noch ziemlich klein war. In meiner Kindheitserinnerung sind sie einfach plötzlich da. <br />Woher sie kamen, das hat man mir dann später erzählt; aus einem hoch gelegen, bekannten Bündner Winterkurort muss es gewesen sein. Ich nenne ihn hier einfach mal „Büren“ und die drei zugezogenen Schwestern dementsprechend unverbindlich „DieVonBüren“. <br /><br />„DieVonBüren“ waren drei verhuschte Jungfern, ledig gebliebene Schwestern, die in meinen Erinnerungen schon immer alte Frauen waren, von Anfang an. Aber trotz eintretendem Lebensherbst wurden sie von allen „Fräulein” genannt. Natürlich auch von uns drei Brüdern, denn darauf legten die drei Schwestern Wert, bis zum Schluss. Zwar soll eine von ihnen mal verheiratet gewesen sein - diese schien uns auch die Umgänglichste - doch Genaueres wussten man nicht, zumindest wir nicht. <br /><br />Diese drei alten Jungfern hatten nun also den anderen Hausteil unseres Doppel-Einfamilienhauses dem Briefträger abgekauft. Über ihn habe ich <a href="http://herroter.blogspot.ch/2014/02/das-ungluck-des-brieftragers.html">hier</a> bereits geschrieben. Somit waren sie jetzt unsere nächsten Nachbarn – drei alte Schwestern neben uns drei, heranwachsenden Brüdern – Seite an Seite unter einem Dach, nur getrennt durch eine gemeinsame Hauswand und einem niederen Gartenzaun. <br />Ob das gut gehen konnte? – Es konnte natürlich nicht!<br /><br />Anfangs verlief alles noch harmonisch. Man grüsste sich gegenseitig freundlich über den hölzernen Kreuzzaun. Wir sagten zu ihnen „Fräulein“ und sie nannten uns bei unseren Vornamen. Flog mal ein Ball über den Zaun, lag er später wieder in unserem Garten. Manchmal reichten uns „dieVonBüren“ auch mal eine Tafel Schokolade hinüber. Es war vermutlich ein jahrealter Restbestand des kleinen Gemischtwarenladens in Büren, den sie von ihren Eltern übernommen und vor ihrem Zuzug zusammen jahrelang betrieben haben sollen. <br />Denn innen waren diese Schokoladentafeln immer bereits weisslich angelaufen. Ein Zeichen der unsachgemässen Lagerung oder des Alters? Denn eine Datierung gab es damals noch nicht. Essen durften wir die Schokolade nie, Mami misstraute der Verträglichkeit. Aber bedanken mussten wir uns dafür immer, Mami wollte das so. Manchmal gab es von den „Fräuleins“ auch Beeren, direkt von einem Strauch aus ihrem Garten, zumindest eine knappe Handvoll für uns drei. Diese Früchte durften wir immer essen, nur gründlich gewaschen mussten sie vorher werden. Im Gegensatz zu unseren, die meistens direkt in den Mund wanderten.<br />Vielleicht gab es von den Nachbarinnen auch mal eine kleine Birne vom einzigen Baum, der mitten auf der Wiese zwischen unserem Grundstück und unserem Schulweg, dem Bahndamm entlang, lag. Dieses Grundstück, durch unseres von ihrem getrennt, hatten die drei extra noch dazugekauft. War es einfach Bauland, als weitsichtige, gewinnbringende Landreserve? Oder spekulierte die eine oder andere der ledigen Jungfern vielleicht doch noch auf einen eigenen Hausstand mit Partner? Gebraucht haben sie die Wiese jedenfalls nichtw. Sie wurde von einem Bauern zweimal im Jahr gemäht. Betreten durften wir sie nie, auch wenn sie sich nach dem letzten Abmähen hervorragend für Ballspiele der Quartierjugend geeignet hätte.</span><br />
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<a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj9urvjJg5aH_lJ-Mi9WWbQzNRfn3UECsjm5SX1NzzJQc6Qr9ItXg86oK89e5On3PGxfq-MV4hOfh-oWrxpt9cchbD8sLaavB_Q7BY2hIvtPn5kanSW5Obkr9lEPorLIwhsWnE4/s1600/Teamgeist_Magnus_moenia.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="200" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj9urvjJg5aH_lJ-Mi9WWbQzNRfn3UECsjm5SX1NzzJQc6Qr9ItXg86oK89e5On3PGxfq-MV4hOfh-oWrxpt9cchbD8sLaavB_Q7BY2hIvtPn5kanSW5Obkr9lEPorLIwhsWnE4/s1600/Teamgeist_Magnus_moenia.jpg" width="200" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;">© Copyright Bild-Autor: <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Antiker">Antiker</a> / Lizenz: <a href="http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/ch/">CC BY-SA 3.0 </a>/ aus <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Teamgeist_Magnus_moenia.jpg">Wikimedia Commons </a></span><span style="font-size: xx-small;"><br /></span></div>
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<span style="font-size: small;">Überhaupt wurden die drei Jungfern im Quartier zunehmend als kauzige, unumgängliche Weiber wahrgenommen, die nur mit wenigen Kontakt hatten. Für uns Kinder aber, wurden die „Fräuleins“ mit der Zeit zu bösen Hexen. Wir waren uns einig, dass sie Kinder hassen mussten. Genau so, wie wir es aus den Märchen kannten. Eine Zeitlang hatten wir sogar richtig Angst vor ihnen. <br /><br />Auch ihre Kleider sahen wie in den Grimm'schen Märchen aus. Immer dunkel und immer etwas schäbig. Dunkelblaue, bodenlange Kittelkleider – hochgeschlossen und mit Ärmeln. Darüber meistens noch ein feines, graues Jäckchen. Auch bei der grössten Hitze. Dazu eine gemusterte Schürze und ein dunkles Kopftuch. Jedoch im Gegensatz zu den Märchen, im Nacken, statt vorne zusammengebunden. Darunter leicht ergraute, schwarze Haare, zu einem Huppi (Dutt, Knopf) hinter dem Kopf zusammengebunden. Ihr langen Harre sah man jedoch selten und nie offen getragen. Ich glaube, die drei hatten all die Jahre auch immer dasselbe an. Ausser sonntags, da trugen sie stets eine braunrote Tracht mit weisser Bluse, wenn sie zur Kirche gingen. Alle drei, hurtig hintereinander her laufend.<br /><br />Wir Kinder konnten uns gar nicht vorstellen, dass diese drei „Fräuleins” jemals fröhlich sein oder freundlich lächeln konnten. Missmutig, grimmig und etwas unheimlich, so habe ich die drei in Erinnerung. Und ständig huschten sie irgendwo im Garten herum. Meistens alle drei – eine hinter der anderen her trippelnd. In ihren bodenlangen Kleidern folgten sie einander mit schnellen, kurzen Schrittchen, husch, husch, wie graue Mäuse.<br />Schaute eine in ein Gartenbeet – kam sicher bald die Nächste angewuselt und schaute ebenfalls hinein. Dabei bewegten sich ihre Kopftücher Eulen gleich, ruckartig hin und her und murmelten dazu Unverständliches. Manchmal hörte man sie auch nur unsichtbar zwischen den Büschen brummeln. Richtig gespenstisch war das dann für uns. Doch in Wirklichkeit waren sie wohl einfach kleiner als die Büsche und sprachen leiser miteinander, als wir es uns gewohnt waren. <br /><br />Arm waren „DieVonBüren“ wahrscheinlich nicht – aber sparsam. Man munkelte, dass sie sogar die getrockneten Kuhfladen gezügelt hätten, die sie an ihrem alten Ort nicht mehr zu verfeuern vermochten. Ob das wirklich stimmte, kann ich nicht sagen.<br />Doch beim Badewasser traf es ganz sicher und offensichtlich zu, das beobachteten wir ganz genau:<br />Gebadet haben „DieVonBüren“ auch einmal wöchentlich, wie wir. Das war damals so üblich. Und genau wie wir drei Brüder, badeten auch die drei Schwestern im Nachbarhaus immer am späteren Samstagnachmittag. Wir fanden auch heraus, dass die Frauen ebenfalls, wie wir Kinder auch, alle drei im selben Badewasser badeten – wenn auch vermutlich nicht alle drei zusammen, wie wir es taten, als wir noch klein waren. Das entnahmen wir der Tatsache, dass sie danach immer nur einmal, das Badewasser „kübelchenweise“ hinausgetragen haben, um damit auch noch das Gemüse und die Blumen im Garten zu wässern. Im Gegensatz zu uns, da wurde am Ende einfach der Stöpsel gezogen.<br /><br />Gewaschen wurde bei den „Fräuleins“ nur etwa einmal im Monat, damals noch im mit Holz befeuerten Waschhafen. Trotzdem hing bei ihnen nach einem Monat nicht mehr Wäsche zum Trocknen hinter dem Haus, als bei uns jede Woche. Vielleicht etwas mehr als ein Dutzend Kleidungsstücke, ein bisschen Haushaltswäsche und sonst noch das eine oder andere. Doch an Unterwäsche an ihrer „Wöschhänki“, kann ich mich nicht erinnern. Die hätte uns Buben schon noch interessiert. Aber diese kindliche Neugier wurde von den drei Schwestern nicht befriedigt.<br />Dafür erinnere ich mich noch gut an ihre Bettwäsche. Denn die weissen Barchent-Ober- und Unterleintücher wurden jeweils im Frühling und im Herbst von ihnen sorgfältig zum Bleichen in der Sonne ausgelegt, ein herrlicher Kontrast auf der sattgrünen Wiese.<br /><br />So wussten wir vieles von ihnen, weil wir sie genau beobachtet haben. Doch ich bin überzeugt, dass sie es mit uns genau so machten. Wir waren sicher ein Teil ihres Lebensinhaltes, sorgten vermutlich für viel Gesprächsstoff und leider zunehmend auch für Ärger.</span><br />
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<a href="http://2.bp.blogspot.com/-_0OLTOOqUmI/VUPCXkEj8QI/AAAAAAAABRs/vc4wGHyUzJU/s1600/malina-345937_1280.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="241" src="http://2.bp.blogspot.com/-_0OLTOOqUmI/VUPCXkEj8QI/AAAAAAAABRs/vc4wGHyUzJU/s1600/malina-345937_1280.jpg" width="320" /></a></div>
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<span style="font-size: xx-small;"> © Bild von: <a href="http://pixabay.com/de/users/Utoplec-220836/">Utoplec</a> / Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de">CC0</a> / by: <a href="http://pixabay.com/">pixabay</a> </span></div>
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<span style="font-size: small;"><br />Wann der nachbarschaftliche Frieden kippte, kann ich im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen. Ich glaube, dass es keinen triftigen Anlass dafür gab. Es hat sich einfach mit der Zeit hochgeschaukelt. Irgendwann kamen die Bälle immer später zurück. Mit der Zeit holten wir sie dann selber durch das Gartentor. Als es verschlossen wurde, kletterten wir über den Zaun. Das bescherte uns dann ein heftiges Geklopfe am Fenster. Später kamen dann noch Schimpfwörter dazu. Deswegen holten wir uns die Spielbälle einfach nach dem Eindunkeln. Daraufhin verschwanden sie bereits vor dem Eindunkeln aus ihrem Garten und blieben dafür tagelang verschwunden. Mit der Zeit, sahen wir unsere verschossenen Bälle oder anderen Spielsachen dann zusätzlich tagelang ausgestellt hinter dem Fliegengitter auf ihrer Fensterbank im zweiten Stock. Ich erinnere mich noch gut, dass mein blauer <a href="http://www.srf.ch/gesundheit/lifestyle/hula-hoop-der-reif-fuer-das-kreuz">Hula-Hoop-Reifen </a>mindestens drei Wochen lang an einem ihrer Fensterladen angehängt war. Das war schon sehr bitter, den beliebten Ring tagtäglich unerreichbar ansehen zu müssen. Irgendwann hatte Vater dann genug und er hat dem üblen Spiel der „Hexen“ mit einem energischen Besuch bei den „Fräuleins“ ein Ende gesetzt. <br /><br />Aber von da an, war es mit dem Nachbarschaftsfrieden ganz vorbei. Wir drei Buben haben die drei Schwestern mit allen Mitteln geärgert und umgekehrt genau so. Die Frauen wurden zu alten Hexen, wir Kinder zu unerzogenen, rotzfrechen "Gofa" (bösen Kinder). Unsere kleinen Unarten wurden zu untolerierbaren Ungezogenheiten, ihre fehlende Toleranz zu Kriegserklärungen. Ein Pingpong-Spiel der Feindseligkeiten. Kinderkram und doch nichts, worauf man heute noch stolz sein könnte. <br /><br />Kürzten wir auf dem Schulweg die Ecke ihrer Baulandreserve ab, provozierte das wieder ein heftiges Geklopfe ans Küchen- oder Schlafzimmerfenster und machten wir noch eine „Zusatzschleife“ erzeugte es dazu noch wüstes Geschimpfe. Immer wieder probierten wir es aus und jedes Mal funktionierte es. Denn sie sahen uns immer! Die müssen den ganzen Tag hinter dem Vorhang gesessen haben, oder zumindest eine der dreien. Vielleicht nach einem festen „Sitzplan”… Ich muss bei dem Gedanken heute noch Schmunzeln, obschon es für die drei Schwestern sicher nicht lustig war, uns auszuhalten. Dieser unschönen Sache wurde dann mit einigen dicken Holzposten und einem dazwischen gespannten Draht ein Ende gemacht. Scheinbar! Denn wie es Kinder so haben, schlenderten wir auf dem Heimweg dem Zaun entlang und liessen den Draht durch die geballte Faust schleifen. Das hatte die gleiche Wirkung, wie vorher, als wir den Weg abkürzten – die Fensterscheiben mussten wieder daran glauben.<br /><br />Ich muss gestehen, wir drei Brüder haben die drei Schwestern im Nachbarhaus mit gemeinsamem Dach, zunehmend absichtlich geärgert. Waren unsere Eltern abends mal abwesend, was nicht oft vorkam, so haben wir das natürlich ausgenutzt und spät am Abend ziemlich viel Lärm in unserem Haus gemacht, Türen geschlagen und die Rolling Stones aufgedreht, was das Radio hergab. Klar wussten wir längst, dass die drei Frauen mit den Hühnern zu Bett gingen und die Fensterläden zuzogen, wenn wir im Sommer abends draussen noch gespielt haben. Aber was kümmerte das uns? So dauerte es jeweils nicht lange, bis es an der gemeinsamen Wand energisch klopfte – wir haben dann nicht weniger heftig zurück geklopft. <br />Die Reklamationen, am nächsten Morgen bei unserer Mutter, blieb natürlich nicht aus. Anfänglich wurden wir von ihr ermahnt, mit der Zeit hingegen, hat uns Mami nur noch gebeten, es nicht zu übertreiben. <br /><br />Dramatisch wurde die Lage, als wir von den herrlichen Schwarzen Johannisbeeren der Nachbarinnen naschten. Die Büsche wuchsen zwar in ihrem Garten, aber die Zweige streckten sich, dick behangen mit den feinen süssen Früchten, durch den Zaun weit in unseren. Dem Vater waren diese Zweige sowieso ein Dorn im Auge und so erlaubte er uns, von den Beeren zu naschen. „Schliesslich hängen sie auf unserem Grund und Boden“, meinte er lakonisch dazu. Unser Vater war in solchen Sachen immer ganz genau und konsequent. Zwar hatten wir Johannisbeeren auch in unserem Garten, aber vor allem die Roten und die aus dem Nachbargarten waren doch einfach viel süsser… <br />Nachdem wir das erste Mal davon genascht hatten, waren die Zweige auf unserer Seite am nächsten Tag mit einer seltsamen, weissgrauen Schicht dick „überzuckert”. Das kam uns schon etwas komisch vor und Mami wurde zu Rate gezogen. Zum Glück, denn unsere lieben Nachbarinnen hatten die Zweige dick mit <a href="http://www.maag-garden.ch/de/produkte/pirox-gegen-schaedlinge.html">Pirox</a>, einem hochgiftigen Pflanzenschutzmittel gegen Schädlinge, eingestäubt. Mutters Rebschere machte der hochgiftigen Abwehrmassnahme gegen den vermeintlichen Mundraub der Nachbarskinder ein radikales Ende. Die Büsche waren damit zugleich auch wieder auf die nachbarliche Grenze zurückgeschnitten. <br /><br />Mit der Zeit liess unser Interesse an den drei alten Frauen aber immer mehr nach. Jüngere weibliche Geschöpfe wurden interessanter. Später wurde auch das Verhältnis unserer Mutter mit den Frauen eher besser, aber gepflegte Nachbarschaft wurde nie daraus. </span><br />
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<a href="http://1.bp.blogspot.com/-OQy08XQUq_Y/VUPeHhKd6BI/AAAAAAAABR8/HpHViQnUYCI/s1600/HulaHoop.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" height="240" src="http://1.bp.blogspot.com/-OQy08XQUq_Y/VUPeHhKd6BI/AAAAAAAABR8/HpHViQnUYCI/s1600/HulaHoop.jpg" width="320" /></a></div>
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<b><span style="font-size: xx-small;">Hula-Hoop-Reifen</span></b></div>
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<span style="font-size: xx-small;"> © Copyright Bild-Autor: <a href="https://en.wikibooks.org/wiki/User:Ljame015">Ljame015</a> / Lizenz: <a href="http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/ch/">CC BY-SA 3.0</a> / aus <a href="http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Hula_hoops#/media/File:HulaHoop.jpg">Wikimedia Commons </a></span><br />
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<span style="font-size: small;"><br /></span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com2tag:blogger.com,1999:blog-29047395.post-82660246534516742572015-04-23T16:52:00.001+02:002016-04-24T13:28:43.106+02:00Wie heisst das Gegenteil von Einsamkeit?<span style="font-size: small;"><br /></span>
<span style="font-size: small;"></span><br />
<span style="font-size: small;"><br /><b><br />Was ist das Gegenteil von Einsamkeit?</b><br /><br />„Das Gegenteil von Einsamkeit” („The Opposite of Loneliness”) ist ein Text, den die junge Yale-Absolventin Marina Keegan kurz vor ihrem Tod im Mai 2012 geschrieben hatte. Während der Autofahrt auf dem Weg zur Geburtstagsfeier ihres Vaters schlief ihr Freund am Steuer ein. Der Wagen fuhr gegen eine Leitplanke und überschlug sich. Marina Keegan starb sofort, mit 22, ihr Freund überlebte, leichtverletzt. Eine Schriftstellerin «mit Haut und Haar» zu werden, das war Marina Keegans grosses Ziel. Als sie starb, hatte sie eine Praktikumsstelle in der Literaturredaktion des „New Yorker“ auf sicher. Ihre Eltern veröffentlichten dann 2014 postum ein <a href="http://www.fischerverlage.de/buch/das_gegenteil_von_einsamkeit/9783100022769">Buch</a>, dem dieser Text den Namen gab: „Das Gegenteil von Einsamkeit“. Es ist eine Sammlung ihrer Erzählungen, in denen sie oft idealistisch die Gedanken einer jungen Frau zu ihren alltäglichen Beobachtungen und ihren Zweifeln in einer manchmal doch irrationalen Welt beschreibt. Der Band stand monatelang auf der Bestsellerliste der „New York Times“ und ist jetzt auch <a href="http://www.fischerverlage.de/buch/das_gegenteil_von_einsamkeit/9783100022769">in Deutsch erhältlich</a>.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br /> </span><br />
<span style="font-size: small;">Der Titel des Buches brachte mich zur Frage:</span><br />
<b><span style="font-size: small;">Wie heisst das Gegenteil von Einsamkeit</span></b><span style="font-size: small;"> -</span><br />
<span style="font-size: small;">und was ist das überhaupt?</span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Klar – Zweisamkeit – werden jetzt viele denken. Aber genügt das gegen Einsamkeit? Der Duden definiert die Zweisamkeit mit «zweisames Leben oder Handeln». Aber wer kennt es nicht, dieses schwer zu fassende, undefinierbare Gefühl der Einsamkeit trotz Partnerschaft und vielen Arbeitskollegen. Wer fühlt sich nicht ab und zu gefühlsmässig „alleine gelassen”, trotz glücklicher Zweisamkeit. Sind wir nicht gerade in den schwersten Lebensphasen im Innersten ganz oft alleine, trotz Anteilname und Zuspruch von aussen. Sind es nicht gerade die schwierigsten Probleme, die wir einfach mit uns ganz alleine ausmachen müssen.</span><br />
<span style="font-size: small;"><br />Nein, Zweisamkeit alleine genügt nicht gegen Einsamkeit. Denn das Gegenteil von Einsamkeit ist nicht <i>ˈnurˈ</i> Liebe, <i>ˈnurˈ</i> Partnerschaft oder Familie, es sind auch nicht <i>ˈnurˈ</i> Arbeitskollegen, Freunde oder irgendeine eine andere Form von Gesellschaft. Jubel, Trubel und Betriebsamkeit sind zwar hilfreich, doch auch das genügt nicht, gegen das gelegentlich Aufkommen von innerer Einsamkeit.<br /><br />Es ist also von allem etwas und doch nichts Konkretes.</span><br />
<span style="font-size: small;"><b>Das Gegenteil von Einsamkeit ist also eine Mischung aus Gemeinschaft und Geborgenheit, Wohlwollen, Respekt, Anerkennung und Wertschätzung.</b><br /> </span><br />
<span style="font-size: small;">Darum – es gibt kein Wort für das Gegenteil von Einsamkeit!</span><br />
<span style="font-size: small;">Trotzdem glaube ich, wir wüssten eigentlich alle, was damit gemeint ist.</span><br />
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Weiter geht es mit der <b>Einsamkeit</b> <a href="http://herroter.blogspot.ch/2015/05/einsamkeit.html"><span style="color: blue;">hier </span></a><br />
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<span style="font-size: xx-small;">;)</span>Herr Oterhttp://www.blogger.com/profile/14147121561575688195noreply@blogger.com7