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Sonntag, 7. Dezember 2014

Händ Schwarzi au Weihnachta? / Haben Schwarze auch Weihnachten?






Händ Schwarzi au Weihnachta?
E wieteri Mundart-Geschicht für mini Lesunga bim Adventskafi im Altersheim.

(Eine Schweizer-Hochdeutsche Übersetzung findet man wieder anschliessend)


„In dr Wiehnachtszyt trifft eim so Züg einfach no mehr als susch.“
D’Lilly Friburger höcklat, wie meistens noch em Znacht, no chli uf em weicha Kanappe im „Linda-Stübli“. Gedankeverlora luagt sie ins grossa Fenster vom Altersheim. Aber de glizerndi Schnee und die langa Schatta sind verschwunda usem Heimgarta und händ enere tüffa Finsternis Platz gmacht. Drum spieglet sich jetzt de gemüetlich igrichteti Ufenthaltsrum im Fenster zum Garta.
Links vom Lilly Friburger lismet s’Vreni Schönbächler im warme Licht vo dr alte Stehlampa gard de zweiti Fersa, vomena Paar Socka, wo sie uf Wiehnachte em Sohn wot schenka. Und uf der andera Sita vom Lilly blättert d’Rosa-Maria Meyer-Gautschi imena Klatschhefftli die Schöna und Richa regelmässig vo rechts noch links. D’Servelat-Prominenz interessiert sie debi weniger, nur d’Artikel über d’Königshüser, do druf isch d’Rosa-Maria ganz wild.

„Wer häsch troffa“, frogt de Fritz Mückler, wo in sim Rollstuehl grad e chli ignickt isch.
„Häsch s’Hörgrät wieder nit igschalta, Fritz?“ frogt s’Vreni und schüttlet de Chopf.
„Denk scho!“, chunts unwirsch zrugg.
Mit emena unverständlicha Gmurmel stosst de Fritz a ghöcklati Plätzlidecki vo de Chneu. Immer wieder deckendsna mit dem Lumpa zue, obschon er susch scho immer z’heiss hät do inne – er wo doch sis läbelang im Wald gschaffet hät.

„Was hät die denn so troffa, Lilly?“ frogt jetzt d’Rosa-Maria.
„Jo weisch, mini Tochter….“
„Ow, isch si öppa chrank?“
„Nei, nei, aber sie hät mer bim Bsuech hüt Nomittag verzellt, dass me jetzt wieder a sona Familie inetua hät.“
„Was füra Familia?“
D’Rosa-Maria leiht jetzt z’Heftli uf d'Zita und luegt d’Lilly im Spiegelbild vom dunkla Fenster a.
„Jo weisch, so a Flüchlingsfamilie.“
„Jä, so söttigi wo mit somena Boot cho sind?“
„Jo, genau, weisch do uf das, uf das Lampione, oder wie das genau heisst.“
„Lampedusa“, präzisiert z’Vreni Schönbächler, wo no jeda Morga d’Zitig durablettert.

„Jo genau döt, und jetzt hät me sie in das alte Hus im Sunnagrund intua.“
„Döt wo dini Tochter wohnt?“ frogt de Fritz.
„Nei nit döt oba, Fritz, unda im Sunnegrund!“, erklärt d’Rosa-Maria ziemlich lut.
„Was in die Hütte?“ Z’Vreni hört uf mit lisma.
„Jo, stoht denn die no? Die isch jo scho zum Abriessa gsi, wo ich no im Städli gwohnt han. Ha ghört, dass ma jetzt ringsum alles Alti abriessa würdi.“
„Das eba nit! Mini Monika seit, dass die warten, bis de Pries ufagoht und jetzt tüend’s eba d’Flüchtling inna, will d’Stadt die muass näh.“
„Das isch aber au nit schön. Döt inna cha doch miemert me wohna, mit dena Fenster, jetzt im Winter.“
Z’Vreni schüttlet de Kopf.

„Und de sinds no Schwarzi, hät Monika gseit – ich denka, die früret doch no meh, do in dera Kälti.“
Z’Lilly riebt sich unbewusst d’Händ, es tschudarat si grad bim dra denka.
„Die chönd a chli vo üsra Wärmi do inna ha, isch jo do sowieso immer viel z’heiss.“
„Hör jetz emol uf, Fritz!“, tönt’s jetzt grad im Chor.

„Vo wo chömat den dia?“ frogt d’Rosa-Maria de noch emena Zitli.
„Ou, das hani vergessa z’froga“, entschuldigt sich d’Lilly.
"Das sind doch Somalier, wenn’s vo Lampedusa chömed“, weiss z’Vreni us de Zitig.
„Wo isch denn das scho wieder?“
„Somalia, isch z’Afrika.“
„Jo denn frührends ganz sicher, in dera zügiga Hütta dunda im Sunnegrund. Die hät jo im Winter kei Sonna.“
„Eba, und de händs no drei chlini Chind.“
„Au Schwarzi?“
„Aso Hans!“, tönts grad dreifach.

Alli vier Bewohner hangend jetzt ihrna Gedanka no.
„Die arma Chind ….“
„Und das grad jetz, in dera Zit.“
„Jo, die Chind händ nit grad a schöni Wiehnachta – sicher keis Gschänkli und nüt“
„Hmm, händ die überhaupt Weihnacht?“ frogt de Fritz. "Was glauben die Schwarze eigentlich?“
„Aso, Hans! Jetzt hör aber uf! Schenka hät doch nüt mit em Glauba zutue. Ich schenka doch nit wäg de Chila. Ich schenka wills mer Freud macht – und will sie frührend, egal wella Glauba, dass die händ.“

„Jo, denn chönt’s jo mini Decki do ha, damit isch sie endlich furt, ich bruch die sowieso nit“, seit de Fritz noch emena Zitly und zeigt uf dia bunti Plätzlidecki.
„Und dia Socka do, chönt i au no abgä! Min Sohn rümpft sowieso immer a chli d’Nase drüber“, meint ds Vreni. „Zudem chönte mer no chli Händscha, meh Socka oder en Schal lisma.“

Au d’Lilly hät jetzt a Idee: „I han doch no dia Angora-Unterwösch, wo mer ds Monika letzscht Wiehnachta gschänkt hät. Die hani no nie aka, sie isch immer no ungöffnet im Karton verpackt. Ich brucha die do dinna doch nit“

„Und ich han a Fläscha mit Holundersirup, wo mer min Sohn letzschti Wucha brocht het. Das sig guet gega a Erkältig. Debi hani das Züg doch soo nit gärn.“ D’Rosa-Maria schuderets bim blossa Gedanka dra.
„Und ich gib a Sack mit Wiehnachtsguatsli dezua!“ seit jetzt Frau Grueber, wo unbemerkt dezua cho isch und mitglost hät.
„Super!“, jublet ds Lilly. „Jetzt hämmer scho 5 Gschänkli zäma. Mier froget noch chli bi de anderena Bewohner, vielleicht händ die au no öppis, wo sie chönd verschenka.“
„Jo, genau und de froget mer alli üsi Verwandta und ds Personal und……“
„Halt, halt Fritz, jetzt wemmers nitgrad übertrieba“, stoppt s’Vreni sin Ifer. „Aber wie chunt das Züg zum Hus im Sunnagrund?“
„Hmmm“, d’Lilly überleit. „Ich weiss wie! Mir froegt d’Kuchi für es leer Gmüeschistli und de Fredi vom Nordtrackt söll sin Fiat us de Garage nä, für öppis hüetet er doch schliessli de alti Charra.“
„Genau und de bringemer d’Gschänk am Heiliga Obat noch em Znacht im Sunnegrund verbie. Es isch jo sowieso wieder nüt los, do im Heim.“
„Das isch denn eba richtigi Wiehnachta – für d’Flüchtlinge, aber au für üs.“

® Copyright by Herr Oter (Dezember 2014)




Kerzenschein 
Autor: gerald / Lizenz: Gemeinfrei (PD) / via pixabay




Haben Schwarze auch Weihnachten?
Eine weitere Geschichte für meine Lesungen beim Adventskaffee im Altersheim
„In der Weihnachtszeit treffen einen solche Sachen einfach noch mehr als sonst.“
Lilly Friburger sitzt, wie üblich nach dem Abendessen, noch etwas auf dem weichen Sofa im „Linden-Stübchen“. Gedankenverloren schaut sie ins grosse Fenster des Altersheims. Aber der glitzernde Schnee und die langen Schatten sind aus dem Heimgarten verschwunden und haben einer tiefen Finsternis Platz gemacht. Darum spiegelt sich jetzt der gemütlich eingerichtete Aufenthaltsraum im Fenster zum Garten.

Links von Lilly Friburger strickt Vreni Schönbächler im warmen Licht der alten Stehlampe soeben die zweite Ferse eines Sockenpaares, das sie an Weihnachten ihrem Sohn schenken wird. Und auf der anderen Seite von Lilly blättert Rosa-Maria Meyer-Gautschi in einem  Klatschheft die Schönen und Reichen regelmässig von rechts nach links. Die „Weisswurst-Prominenz“ interessiert sie dabei weniger, nur die Artikel über die Königshäuser, darauf ist Rosa-Maria ganz wild.

„Wen hast du getroffen?“, fragt Fritz Mückler – er war in seinem Rollstuhl gerade kurz eingenickt.
„Hast du dein Hörgerät wieder nicht eingeschaltet, Fritz?“, fragt Vreni und schüttelt den Kopf.
„Habe ich!“, kommt es unwirsch zurück.
Mit einem unverständlichen Gemurmel stösst Fritz die gehäkelte Flickendecke von den Knien. Immer wieder deckt man ihn mit diesem „Lumpen“ zu, obschon er hier drinnen, sonst schon immer viel zu heisst hat – er, der sein Leben lang im Wald gearbeitet hat.

„Was hat dich denn so getroffen, Lilly?“, fragt nun Rosa-Maria.
„Weisst du, meine Tochter....“
„Oh, ist sie etwa krank?“
„Nein, nein, aber sie hat mir bei ihrem Besuch heute Nachmittag erzählt, dass man nun wieder so eine Familie hineingetan hat.“
„Was für eine Familie?“
Rosa-Maria legt nun die Zeitschrift auf die Seite und sieht Lilly im Spiegelbild des dunklen Fensters an.
„Ja weisst du, so eine Flüchtlingsfamilie.“
„Ja, solche die mit dem Boot gekommen sind?“

„Ja, genau – weisst du auf dieses..., auf dieses Lampione, oder wie das genau heisst.“
„Lampedusa“, präzisiert Vreni Schönbächler, die noch jeden Morgen die Zeitung durchblättert.
„Jo genau dort; und nun hat man sie in dem alte Haus im Sonnengrund untergebracht.“
„Dort, wo deine Tochter wohnt?“ fragt Fritz.
„Nein, nicht dort oben, unten im Sonnengrund!“ erklärt Rosa-Maria ziemlich laut.
„Was, in dieser Hütte?“ Vreni hört auf mit stricken.
„Ja, steht denn die noch? Die war schon für einen Abriss vorgesehen, als ich noch im Städtchen gewohnt habe. Ich hörte, dass man nun ringsum alles Alte abreissen würde.“
„Dieses eben nicht! Meine Monika sagt, die würden warten, bis der Preis steigt. Nun kommen Flüchtlinge hinein, weil die Stadt die nehmen muss.“
„Das ist aber auch nicht schön. In dem Haus kann ja niemand mehr wohnen – mit diesen Fenstern – jetzt im Winter.“
Vreni schüttelt den Kopf.

„Dann sind es erst noch Schwarze, sagte Monika. Ich denke, die frieren doch noch mehr, hier in dieser Kälte.“
Lilly reibt sich unbewusst die Hände, es fröstelt sie beim blossen Gedanken.
„Die können etwas von unserer Wärme hier drinnen haben – es ist ja hier sowieso immer viel zu heiss.“
„Hör nun mal auf, Fritz!“ tönt es nun gerade im Chor.

„Von wo kommen die denn?“, fragt Rosa-Maria nach kurzer Zeit.
„Ach, das habe ich vergessen zu fragen“, entschuldigt sich Lilly.
„Das sind doch Somalier – wenn sie von Lampedusa kommen“, weiss Vreni aus der Zeitung.
„Wo ist denn das schon wieder?“
„Somalia, ist in Afrika.“
„Ja, dann frieren sie bestimmt noch mehr in dieser zugigen Hütte, unten am Sonnengrund. Die hat ja im Winter keine Sonne.“
„Eben, und dann haben sie noch drei kleine Kinder.“
„Auch Schwarze?“
„Also, Hans!“, tönt es jetzt gerade dreifach.

Alle vier Bewohner hängen nun ihren Gedanken nach.
„Die armen Kinder...“
„Und das gerade in dieser Zeit.“
„Ja, diese Kinder haben nicht gerade schöne Weihnachten – sicher keine Geschenke und nichts.“
„Hmm, haben die überhaupt Weihnachten?“ fragt Fritz, „was glauben diese Schwarzen eigentlich?“
„Also, Hans! Jetzt hör aber auf! Schenken hat doch nichts mit dem Glauben zu tun. Ich schenke doch nicht wegen der Kirche. Ich schenke, weil es mir Freude macht – und weil sie frieren, egal welchen Glauben sie haben.“

„Dann können sie ja meine Decke hier haben, damit ist sie endlich fort, ich brauche sie ja sowieso nicht“, sagt Franz nach einer kurzen Zeit und zeigt auf seine bunte Flickendecke.
„Und diese Socken hier, könnte ich auch abgeben. Denn mein Sohn rümpft sowieso immer ein bisschen die Nase darüber“, meint Vreni. „Zudem könnten wir noch Handschuhe, weitere Socken oder einen Schal stricken.“

Auch Lilly hat jetzt eine Idee: „Ich habe doch noch diese Angora-Unterwäsche, welche mir Monika letzte Weihnachten geschenkt hat. Ich habe sie noch nie getragen, sie ist immer noch ungeöffnet im Karton verpackt. Ich brauche die hier drinnen doch nicht.“

„Und ich habe noch eine ganz Flasche mit Holunder-Sirup, den mir mein Sohn letzte Woche gebracht hat. Er sei gut gegen Erkältungen, dabei habe ich den überhaupt nicht gerne.“ Rosa-Maria schudderts beim blossen Gedanken daran.
„Und ich gebe einen Sack mit Weihnachtsgebäck dazu“, sagt jetzt Frau Gruber, die unbemerkt dazugekommen ist und mitgehört hat.

„Super!“, jubelt Lilly. „Jetzt haben wir bereits fünf Geschenke zusammen. Wir fragen doch noch ein wenig bei den anderen Bewohnern, vielleicht haben sie auch noch Sachen, sie sie verschenken können.“
„Ja, genau, und dann fragen wir noch alle unsere Verwandten und das Personal und ….“
„Halt, halt Fritz, jetzt wollen wir es doch nicht gleich übertreiben“, stoppt Vreni seinen Eifer. „Aber wie kommt das alles zum Haus im Sonnengrund?“

„Hmmm“, Lilly überlegt. „Ich weiss wie! Wir fragen in der Küche für eine leere Gemüsekiste und Friedli vom „Nordtrakt“ soll seinen Fiat aus der Garage nehmen. Für etwas hütet er ja schliesslich diese alte Karre..“
„Genau, und dann bringen wir die Geschenke am Heiligen Abend nach dem Abendessen im Sonnengrund vorbei. Es ist ja hier im Heim sowieso wieder nichts los.“
„Das ist dann eben richtige Weihnachten – für die Flüchtlinge, aber auch für uns.“

© Copyright by Herr Oter (Dezember 2014)




:)

2 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Schööön :-)
T.O.&O.

Herr Oter hat gesagt…

Herzlicha Dank :)
Liebs Grüessli
Re