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Samstag, 14. März 2015

Bevor man das nächste T-Shirt kauft…





Ein kritischer Blick:
Bevor man das nächste T-Shirt kauft…


Wir tragen sie im Sommer, im Winter, beim Sport oder zum Schlafen. Das Baumwolle-T-Shirt hat einen hohen Tragekomfort, ist modisch, anschmiegsam und günstig. Darum ist es sehr beliebt und man hat meistens gleich mehrere davon – in allen Farben, in verschiedenen Designs und oft mit coolen Aufdrucken. Das T-Shirt aus Baumwolle ist das Kleidungsstück schlechthin.

Baumwolle ist darum weltweit die wichtigste, natürliche Textilfaser. Man verwendet sie seit 8'000 Jahren und bereits 3’000 v. Chr. begann in Indien, Pakistan und China der kommerzielle Anbau. Sechsundzwanzig Millionen Tonnen Baumwolle werden heute weltweit jährlich produziert. Indien ist mit vier Millionen Tonnen das drittgrösste Anbauland, nach China und Amerika. In Indien leben vier Millionen Bauern davon und weitere 60 Millionen Menschen arbeiten in der Textilindustrie.

Baumwolle braucht viel Wärme und sehr viel Wasser, mag aber keine Niederschläge. Darum wird Baumwolle in tropischen Trockengebieten angebaut und künstlich bewässert. Dreiviertel der weltweiten Produktion stammt daher von künstlich bewässerten Flächen. Im weltweiten Durchschnitt werden rund 11'000 l Wasser für die Produktion von 1 kg Baumwolle benötigt. Doch der grösste Teil, der bei uns getragenen Baumwolle, kommt aus Indien und dort verbraucht man für 1 kg Rohwolle sogar mehr als 23'000 l Wasser – das 23-fache dessen, das für die Produktion eines Kilos Weizen aufgewendet werden muss. Für ein einziges T-Shirt muss der Baumwollstrauch also im Minimum etwa 2'000 Liter Wasser aufnehmen und für die Verarbeitung kommen dann nochmals 700 – 1'000 Liter dazu. So werden für die Baumwollproduktion etwa sechs Prozent des weltweiten Süsswasserverbrauchs aufgewendet, das heisst, dass jährlich etwa 256 Kubikkilometer Wasser benötigt werden. Diese Menge würde ausreichen, um jeden Erdbewohner mit 120 Liter Frischwasser pro Tag versorgen zu können.
In den Baumwollprodukten, die in Deutschland pro Jahr gekauft werden, stecken rund 6,4 Milliarden Kubikmeter Wasser. Das sei mehr als die doppelte Menge Wasser, die private Haushalte im gleichen Zeitraum zum Waschen, Kochen, Duschen und Baden verbrauchten, rechnete das Statistische Bundesamt aus.

Baumwolle ist höchst anfällig für Schädlinge. Darum werden im Schnitt die Ackerflächen pro Saison 25 bis 30 Mal flächendeckend mit Pestiziden aller Art besprüht. Etwa 25 % aller weltweit im Ackerbau eingesetzten Insektizide werden für die Baumwollproduktion aufgewendet, obschon die Ackerfläche für Baumwolle nur 1/40, also bloss 2.5 % der Weltackerfläche bedeckt. Für jedes Baumwolle-T-Shirt sind das umgerechnet rund 150 gr. Gifte, die nur schon auf dem Acker landen.
Über die Hälfte der indischen Bauern sind Analphabeten. Da sie sehr schlecht ausgebildet sind, vergiften sie sich oft selbst: Unsorgfältiges Ausbringen, falsche Mengen oder die Inhaltsstoffe der Pestizide verursachen Unfälle und gesundheitliche Schäden: Augen- und Atembeschwerden, Krebs, Unfruchtbarkeit usw. Nach Schätzungen der WHO sterben in den Baumwollanbaugebieten weltweit jährlich 20’000 Menschen und drei Millionen erkranken durch den Einsatz der Pestizide.

Feldarbeiterinnen erhalten für ihre knochenharte, monotone Arbeit zwei Rupien, also knapp vier Rappen pro Kilo Ernte. Wenn die Baumwolle gut ist, können bei strenger Arbeit täglich bis zu 50 Kilogramm geerntet werden, das gibt zwei Franken/Euro pro Tag. So können ca. 40 Fr./€ pro Monat erarbeitet werden; das genügt dürftig zum Überleben einer Person.
Übrigens: Um die harte Arbeit und ihre schwierige Lebenssituation erträglicher zu machen, begannen die fernab ihrer Heimat Afrika auf den Baumwollplantagen schuftenden Sklaven einfache Songs zu singen, die von Liebe, Sehnsucht und Leid erzählten. Damit erschufen sie den ‘Blues‘, eine heute nicht mehr wegzudenkende Musikgattung.

Für die Verarbeitung und Veredelung der Baumwolle ist nochmals ein hoher Einsatz von Chemikalien und Wasser notwendig. Oft sind 25 % des „100-Prozent“-Baumwolle-T-Shirts Farbstoffe, Weichmacher und andere Chemikalien. Für ein Kilogramm Baumwollstoff werden neben den vielen Chemikalien auch nochmals einige hundert Liter Wasser verbraucht. Durch fehlende Kenntnis, Vorschriften und Kontrollen in den Billiglohnländern und nicht zuletzt unter dem unsäglichen Preisdruck, ist die Stoffherstellung vielfach gesundheitsschädigend und lebensgefährlich. Die Arbeiter kommen mit giftigen Substanzen wie Quecksilber, Cadmium, Chrom, Blei und Kupfer, die zum Aufbereiten und Färben der Fasern verwendet werden, in direkten Kontakt. Die Chemikalien gelangen zudem in die Luft und in das Abwasser. Die Menschen in den Ballungsgebieten der Textilindustrie leiden unter verseuchtem Trinkwasser, schmutzigen Flüssen und Seen, schlechter Luft und belasteten Nahrungsmitteln. Über die Meeresströmung verteilt sich das Gift zudem über die ganze Welt. Auch durch unsere Reinigung der Baumwollprodukte landen noch darin enthaltene Chemikalien und Giftstoffe bei uns in den Kläranlagen und Verbrennungsfiltern oder sie lagern sich irgendwo ab. Aber es verbleiben trotzdem zwischen zwei und zehn Prozent der Textilhilfsmittel (Chemikalien) und Farbstoffe auch nach mehrmaligem Tragen und Waschen in den Textilien, darum sind viel getragene und „verwaschene“ T-Shirts zunehmend auch weniger schädlich für uns.

In Kambodscha, Bangladesch, China oder Indien werden für Tageslöhne von ein bis zwei Franken/Euro, Kleider für den europäischen Markt genäht. In Bangladesch hat die Regierung zwar endlich den monatlichen Mindestlohn für ungelernte ArbeiterInnen auf 930 Taka (ca. 14 Fr./€) und für gelernte ArbeiterInnen auf 2.100 Taka - ca. 35 Fr./€ festgesetzt. Doch dieser liegt nach wie vor weit unter der Armutsgrenze. Nur durch massive Überstunden erreichen die Arbeiterinnen diesen durchschnittlichen Tageslohn von 2 Fr./€. So kommen die Arbeiterinnen schnell mal auf über 100-Stunden pro Woche. Laut Gesetz gilt zwar maximal die 60-Stunden-Woche bei einem freien Tag pro Woche – aber zwölf Stunden Arbeitstage sind die Norm, 16 Stunden keine Ausnahme und das oft an allen sieben Wochentagen. NäherInnen leben und bleiben arm; denn vielfach deckt auch dieser schwer erarbeitete Tageslohn weniger als 50 % der Haushaltsausgaben.
Die Arbeit wird zu 80 Prozent von Frauen, meist im Alter zwischen 18 und 24 Jahren, gemacht. Üblicherweise fangen sie als Mädchen im Alter von 14 bis 15 Jahren in den Fabriken als „Helferinnen“ mit noch bedeutend schlechterer Bezahlung an. Mit 16 sind sie dann einfache Näherinnen auf der untersten Hierarchiestufe. Die Beschäftigten bekommen meistens keine Arbeitsverträge; Mutterschutz sowie Sozial- oder Vorsorgeleistungen fehlen gänzlich. Eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall besteht ebenfalls nicht.

Häufig sind in Europa die dortigen, räumlichen Arbeits-Bedingungen nicht einmal mehr für Legehennen akzeptabel. Sauberes Trinkwasser, Lüftung, richtige Beleuchtung, sowie Aufenthalts- oder Essräume fehlen des Öfteren. Hygiene und Sicherheit sind des Öfteren in haarsträubendem Zustand und manchmal bezahlen die zum Teil minderjährigen Arbeiterinnen unser billig gekauftes T-Shirt sogar mit ihrem Leben, wie der Einsturz der Textilfabrik „Rana Plaza”  mit mehr als 1000 Toten zeigte.

Redeverbote, Schikanen, Beschimpfungen oder Schläge und offene sexuelle Gewalt von den Vorgesetzten (meistens männlich) sind an der Tagesordnung. Pausen und Toilettenbesuche werden eingeschränkt, Zuspätkommen wird in einigen Fabriken sogar mit „am Pranger stehen” bestraft. Wer murrt, fliegt!

Auch nebst der Arbeit leben die Arbeiterinnen in desolaten Zuständen auf engstem Raum, teilen Toiletten, Küchen und häufig sogar auch das Bett. Überteuerte Mieten werden für übelste Wohnverhältnisse verlangt. Korruption, Ausbeutung und sexuelle Übergriffe wohin man sieht.


Fazit:
In einem billigen, schnell gekauft und bald weggeworfenen Baumwolle-T-Shirt steckt ein grosser Aufwand an Wasser, Chemie und harter Arbeit unter extrem inhumanen und menschenverachtenden Arbeits- und Lebensbedingungen.
Eine blosse Preiserhöhung von ca. 10 % bei uns, könnten wenigstens existenzsichernde Löhne und faire Arbeitsbedingungen ermöglichen.




Ich meine darum:


Bevor man das nächste T-Shirt kauft… 
oder eines unbedacht entsorgt…,
sollte man sich vorher neben einem kritischen Blick,
vielleicht auch ein paar Gedanken machen…
©® Copyright by Herr Oter



 © Bild von:Vijayanarasimha / Lizenz: CC0 / by: pixabay 




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