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Dienstag, 11. Dezember 2012

Totabeinli







Seit langem hatte ich sie nicht mehr zwischen den Zähnen –
die knochenharten, herrlich feinen, hausgemachten

Totabeinli

Sie sind eine typische Bünderspezialität, wie die Engadiner Nusstorte oder der Bündner Röteli.
Für mich jedoch repräsentieren sie meine ganz persönliche, heile Welt der Kindheit und der Wohlfühleffekt dieser "Guatali" hat sich tief in meinem Unterbewusstsein eingebrannt und allein schon der Gedanke daran, lässt mir das Wasser im Mund zusammenfliessen.

Doch das Haselnussgebäck, das heute als fabrikmässige Variante davon im Grossverteiler mit dem Namen „Nussstengeli“ verkauft wird, hat natürlich nur wenig mit den ausserordentlich feinen, selbstgemachten Totabeinli vom Annali zu tun.
S'Anneli, das war die Frau meines Götti aus Schiers im Prättigau und dort, in den Walser-Siedlungen an den Hängen hoch über dem Talgrund, ist das zweifingerdicke und fingerlange Nussgebäck auch beheimatet. Es gilt als uraltes Vorratsgebäck der freien Walser, also meiner Urahnen.

Annali's Totabeinli schmeckten köstlich und sie waren knochenhart.
Darum musste man sie zuerst etwas „süggala“, das heisst, ein wenig auf der Zunge zergehen lassen und erst dann, wenn sie durch das Saugen das wunderbare Aroma voll preisgaben, konnte man sie richtig geniessen.
Wem die Zähne fehlten oder wem sie zu hart waren, der "tunkte" sie einfach ins Kaffee.
Denn dazu wurden sie ursprünglich gereicht – zum Kaffee nach dem Leidessen (Leichenschmaus/Abdankung).
Daher und weil sie so hart waren/sind, kommt auch ihr etwas makaberer Name:
Totabeinli = Toten(ge)beinchen

Weil sie in Blechdosen sehr lange aufbewahrt werden können, eigneten sie sich damals sehr gut als Süssgebäck zu Kaffee und Röteli nach einem Leidmahl. Denn in den kurzen, hektischen zwei Tagen vor einer Beerdigung, fand man kaum die Zeit um dieses „himmlische“ Gebäck zu backen. So hielt man es für den Fall der Fälle immer auf Vorrat bereit und weil die "Guatzli" so gut schmeckten, konnte man zwischen den Todesfällen nicht immer widerstehen und so wurden sie mit der Zeit zum Gebäck für alle Fest und Feiertage.

Die Totabeinli durften darum beim Annali und natürlich auch bei den alten Walsern besonders auch an Weihnachten nicht fehlen. Weil, gerade dann waren sie zu Urzeiten besonders fein. Denn wenn man „bi de Walsern“ im Advent „gmetzget het“ (schlachtete), fügte man  dem Totabeinliteig nämlich noch feingehackte "Gräubi" (Gröuä/ Gräubä / Grieben, also Rückstände die beim Auslassen des Schweinefettes entstehen) bei.
Das gab dem Gebäck einen ganz besonders festlichen, eben weihnachtlichen Geschmack und kräftigte in der strengen, kalten Winterszeit erst noch zusätzlich.



Für alle die nun Totabeinli probieren möchten, hier das
Rezept:

200 gr Haselnüsse im 230 Grad heissen Ofen ca. vier bis fünf Minuten, bis die Schalen aufspringen, rösten. Aber Achtung, die Haselnüsse dürfen bloss leicht gelblich und auf keinen Fall braun oder etwas verbrannt sein, sonst schmecken sie bitter und zerstören das Gebäck. 
Die heissen Nüsse zwischen einem Küchentuch reiben, bis alle Nüsse mehr oder weniger geschält sind. Die abgekühlten Nüsse danach sorgfältig von den Schalen entfernen und ganz grob, ein wenig hacken.

100 Gramm Butter mit 200 Gramm Zucker schaumig rühren.
Erst wenn diese Masse eine cremig-weisse Struktur hat, kommen nach und nach zwei Eier dazu. Wieder gut vermengen und dann etwas Zitronengelb und je eine Messerspitze Zimt- und Nelkenpulver, ein halbes 1/2 „Päckli“ Backpulver und eine Prise Salz dazugeben und wieder alles gut mischen.
Die grob gehackten und vollständig erkalteten Nüsse sowie 100 Gramm fein geraspelte Baumnüsse ebenfalls darunter mischen.
Zum Schluss  noch 250 Gramm Mehl in die Masse sieben und zu einem gleichmässigen Teig vermengen.
Den zu einer Kugel geformten Teig in Folie gewickelt für mindestens eine Stunde gekühlt ruhen lassen.

Danach den Teig in drei oder vier Stücke teilen und je ein solches Teil auf wenig Mehl oder auf dem bebutterten Backblech auf etwa einen Zentimeter Dicke auswallen.
Nochmals 30 Minuten kühl stellen und dann mit Eigelb bepinseln.
Der Backofen ist inzwischen auf 180 Grad vorheizt und somit wird der Teig für zwölf Minuten in der Backofen-Mitte gebacken. Dann wird er heiss in Streifen von etwa zwei Finger Breite und einem Finger Länge geschnitten und für einige Minuten (10 bis 12) im Backofen fertig gebacken, bis die Oberflächen goldbraun sind. 
Auskühlen lassen.

Die erkalteten Totabeinli werden gut verschlossen in einer Blechdose aufbewahrt.
Haltbarkeit: mehrere Monate oder bis zum nächsten Leidessen. ;))
Doch wegen des Suchtpotenzials dieses Bündner Gebäckes wird die Dose kaum lange gefüllt sein.

"En Guata"!

Bilder zu Totabeinli findet man hier




:)








1 Kommentar :

Anonym hat gesagt…

Mmmmh fein!!! Scho ewig kaini meh gha!!! Nimma denn au wennd machsch :-)
T.O.&O.